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Würzburg
So soll Würzburg eine "Smart City" werden
Chatbots, Laserscanner und digitale Mülltonnen: Was wie Science-Fiction klingt, soll Würzburg zur smarten Stadt machen. Das Rathaus hat Pläne. Günstig sind sie nicht.
Die Stadt hat sich mit dem Wirtschaftsbeirat, Wissenschaftlern und Unternehmen Gedanken gemacht, wie Würzburg innovativer und digitaler vernetzt werden kann.
Foto: Silvia Gralla, Montage: Heike Grigull | Die Stadt hat sich mit dem Wirtschaftsbeirat, Wissenschaftlern und Unternehmen Gedanken gemacht, wie Würzburg innovativer und digitaler vernetzt werden kann.
Lucas Kesselhut
Lucas Kesselhut
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:01 Uhr

"Ich freue mich, dass wir mit diesem Konzept den wichtigen Schritt gehen und uns strategisch mit dem Thema 'smart city' oder besser gesagt 'smart wue' auseinandersetzen", schreibt Oberbürgermeister Christian Schuchardt im Vorwort eines ursprünglich mehr als 80-seitigen Dokuments. Wie bereits berichtet, arbeitet die Stadt mit dem Wirtschaftsbeirat, Wissenschaftlern und Unternehmen schon seit über zwei Jahren an diesem Konzept. Das Ziel sei es, digitale Angebote zu schaffen, um die Verwaltung einfacher und das Angebot für Bürger attraktiver zu gestalten. Zur offiziellen Vorstellung der Planungen im Februar konnten alle Beteiligten die Ideen nur anreißen. Im Detail sind sie kürzlich im Stadtrat vorgestellt worden. 

Was ist eine "smarte" Stadt?

Die Herkunft des Begriffs „Smart City“ gehe zurück auf die rasante Entwicklung neuer Informations- und Kommunikations-Technologien, erklärt das Deutsches Institut für Urbanistik (difu). Eine genau Definition gebe es jedoch nicht. Wörtlich übersetzt bedeutet „smart“ so viel wie intelligent, clever oder auch geschickt. Eine Stadt ist laut Institut smart, wenn verschiedene Bereiche der Stadtentwicklung (Infrastruktur, Gebäude, Mobilität, Dienstleistungen oder Sicherheit) mit Hilfe moderner Technologien und Dienstleistungen vernetzt sind.

Was erhofft sich die Stadt davon?

Alle Maßnahmen haben laut Initiatoren des Würzburger Projekts den Anspruch, die Lebensqualität zu steigern. Das kann eine Verbesserung der Verkehrssituation sein oder eine Vereinfachung der Verwaltungsabläufe für Bürger.

Welche Projekte existieren schon?

Bürger müssen bei (einfach zu klärenden) Fragen schon jetzt nicht mehr unbedingt mit einem Mitarbeiter des Rathauses sprechen. Über die Website des Rathauses können sie einen sogenannten Chatbot (textbasiertes Dialogsystem) erreichen. Er beantwortet derzeit (simple) Fragen zum Tourismus oder zum Bürgerbüro, beispielsweise zu den Öffnungszeiten des Rathauses. Zu den existierenden Angeboten zählen beispielsweise auch die Kita-App, digitale Angebote der Stadtbücherei und das Car-Sharing. Diese Angebote sollen weiterentwickelt werden.

Welche Projekte sind beispielsweise in Arbeit?

Bis 2022 sollen alle Verwaltungsleistungen digital ablaufen, dafür hat die Stadt bereits 2008 eine elektronische Dokumentenablage mit der Einrichtung des Bürgerbüros eingeführt. Das "papierarme Büro" soll im Zuge des "Smart City"-Programmes noch stärker vorangetrieben werden. In Arbeit ist außerdem eine Website, die es Bürgern ermöglichen soll, sich bei Bürgerbeteiligungen einfacher zu vernetzen– beispielsweise durch Umfragen, interaktive Karten oder Diskussionsforen. Über eine sogenannte "Wünsch dir was-App"sollen Würzburger nicht nur Vorschläge über Projekte machen, sie können laut Stadt über ein Bewertungsverfahren auch abstimmen, welche Projekte sie gut finden und unterstützen wollen.

Ausgebaut werden sollen Laserscanner in der Stadt, die die Passantenfrequenz messen. Solch ein Gerät sei bereits an einem Bekleidungsgeschäft in der Innenstadt angebracht, weitere sollen folgen. Diese messen 24 Stunden pro Tag und sieben Tage die Woche. Die gesammelten Daten werden auf einer externen Website veröffentlicht – einsehbar sind sie allerdings nur mit einer Registrierung. Ein ausführlicher Artikel darüber folgt kommende Woche.

Was plant die Stadt für die Zukunft?

Eine gemeinsame App für Mobilität – inklusive ÖPNV, Car-Sharing, Leihrädern und Parkplatzangebot – soll die Bedienung aller mobilen Angebote in der Stadt vereinfachen. Denkbar ist laut Stadt neben der Fahrplanauskunft auch der Online-Ticketkauf, sowie die Buchung und Bezahlung der diversen "Sharing"-Angebote. Die Projektverantwortlichen erhoffen sich durch die App bessere Schnittstellen zwischen den verschiedenen Verkehrsangeboten. Außerdem möchte die Stadt einen neuen Info-Kanal über den Nachrichtendienst "Whatsapp" einrichten, der Neuigkeiten aus der Stadt direkt auf das Mobiltelefon schickt. Langfristig seien auch smarte Mülltonnen angedacht. Sie sollen automatisch den Füllstand melden und könnten dadurch zielgerichtet geleert werden.

Die Stadt möchte eine gemeinsame App für alle Mobilitätsformen schaffen. Auch das ist Teil des 'Smart City'-Konzepts.
Foto: Yannis Rupp, Archiv | Die Stadt möchte eine gemeinsame App für alle Mobilitätsformen schaffen. Auch das ist Teil des "Smart City"-Konzepts.

Wie soll das alles umgesetzt werden?

Das Projekt wird in drei Phasen unterteilt. In den ersten beiden Phasen geht es der Stadt darum, Aktivitäten mit im Wesentlichen bereits vorhandenem Personal und Finanzmitteln weiterzuentwickeln. In Phase zwei werden dann auch externe Fachleute eingesetzt. In der dritten Phase wird ein offiziell zuständiges Team für die Koordination im Rathaus eingerichtet.

Was kostet das "Smart City"-Programm?

Die Kosten inklusive Personal bewegen sich von rund 110 000 Euro für das aktuelle Jahr bis auf rund 964 000 Euro im Jahr 2022. Der große Unterschied ergibt sich vor allem durch die Personalkosten der letzten Phasen des Projektes. Dafür werden extra Stellen eingerichtet. Dabei sind einige Kosten jedoch noch nicht aufgeführt. Diese seien im Moment nicht abschätzbar, geschweige denn kalkulierbar. "Nichts ist in diesem Prozess in Stein gemeißelt", heißt es im Konzeptpapier. Man müsse davon ausgehen, dass dieser Prozess kein konkretes, zeitlich definiertes Ende haben werde.

Wie ist der aktuelle Stand des Programms?

Das Konzept ist erst kürzlich im Stadtrat vorgestellt worden. Dieser stimmte einstimmig dafür. Nun muss das Konzeptpapier laut Klaus Walther, Fachbereichsleiter Wirtschaft, Wissenschaft und Standortmarketing bei der Stadt Würzburg in einem nächsten Schritt noch präziser ausgearbeitet werden. Das Ziel sei es, mögliche Fördergelder des Bundes und des Freistaates für die Umsetzung zu bekommen. Die Zeit dafür dränge, das Konzept muss laut Walther schon Mitte Mai eingereicht werden.

 

Das sagen Stadtratsmitglieder zum Konzept
Grundsätzlich loben verschiedene Stadträte das Konzept. Kritische Stimmen gibt es aber auch. Eine Auswahl aus dem Hauptausschuss:
Alexander Kolbow (SPD) kritisierte, dass die Verantwortlichen des Projekts den Nachrichtendienst "Whatsapp" nutzen wollen. Dieser ist wegen Datenpannen immer wieder in den Schlagzeilen gewesen. "Es wäre schön, wenn man die Würzburg App so aufbauen könnte, dass man soziale Medien nicht bespielen müsste". 
Raimund Binder (ÖDP) habe das Konzept einem IT-Fachmann vorgelegt und fragt sich, warum man erst in der dritten und damit letzten Phase des Programms die Bürgerbeteiligung starten lassen wolle. Das sei zu spät.
Wolfgang Baumann (ZfW) kritisierte dies ebenfalls im Hauptausschuss. Zudem könne er nicht erkennen, inwieweit zum Beispiel die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) einbezogen ist, wenn es doch um die Digitalisierung des Nahverkehrs gehe.
Für Kritik sorgten auch die Pläne für digitale Mülltonnen. Hans Werner Loew (SPD) gab zu bedenken: "Ob man damit in den Fördergeldwettbewerb gehen sollte?" 
Joachim Spatz (FDP) plädierte dafür, den digitalen Wandel ernst zu nehmen, auch wenn dafür schnelle Geldmittel nötig seien. "Wir haben schon ein paar Euro sinnloser ausgegeben".
Das Dokument umfasst fast 80 Seiten, der Artikel beschreibt nur Auszüge.
 
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  • B. E.
    smarte Mülltonnen ... hmn, das zeigt letztlich, in welche Richtung es geht: smarte Mülltonne heißt schlicht auch, "Müllverhaltenskonstrolle" und natürlich dann individuelle Abrechnung (günstiger wirds aber eher nie). 98 % dessen, was uns an "smart" verkauft werden soll, dient in erster Linie nicht den Interessen des "Smart Users" sondern einer Horde institutioneller und kommerzieller Big Brothers.
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  • F. R.
    Vor allem muss dann das große Müllauto auch abseits & fern gelegene Mülltonnen einzeln anfahren und in WÜ dann auch noch irgendwo im Stau stehen. Statt in einem Aufwisch durch eine Straße nach der anderen zu fahren. Der CO2-Ausstoß würde sich verfielfachen!

    Da sieht man mal, in welche Irrtümer der heutige Mainstream führt, mit seiner kritiklosen Zukunftsgläubigkeit, wie einst in den 60er Jahren. Damals schlug man den Stuck von den Jugendstilhäusern - und heute hat man offensichtlich teilweise den Verstand verloren.
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  • U. D.
    "smart" das heißt für mich nicht immer mehr Apps, sondern auch reale Qualität. Wie zum Beispiel Gehsteige auf denen man laufen kann, ohne immerzu auf Unebenheiten und Löcher zu achten. ( Was auf Nebenstraßen oft der Fall ist.) Ein schönes Café wie ehemals das Café Wien, aber mit behindertengerechtem Eingang und gut zu erreichen. Vieleicht auch ein Tanzcafé?( ein Wunsch vieler, im gesetzteren Alter) Wo sich jung und alt treffen können? Ein Park& Raid -System. um Autos aus der Stadt zu halten. In Ljubiliana zB gibt es eine Art Golfplatzbuggys, die man im Innenstadtbereich kostenlos anfordern kann, damit Ältere einkaufen können und kein Auto brauchen. Wenn man darüber nachdenkt, findet man bestimmt viel mehr. Wlan im Stadtbus ist aufgrund der Kurzen Strecken witzlos. Also auch in praktischen Richtungen denken. Vieleicht auch einmal Städte mit autofreien Innenstädten anschauen. Auf sowas fährt auch die Jugend ab.
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  • J. N.
    Serverfehler

    404 - Datei oder Verzeichnis wurde nicht gefunden.
    Die gesuchte Ressource wurde möglicherweise entfernt oder umbenannt, oder sie steht vorübergehend nicht zur Verfügung.

    Da fehlt es noch mit den Basics.
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  • L. K.
    Vielen Dank für den Hinweis,
    wir haben den Link ersetzt. Er müsste nun funktionieren.
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  • L. F.
    Aktionismus pur; evtl. sollte man mal mit den Basics anfangen bevor man wieder in der Provinz das Tagträumen anfängt ...

    Traurig: "Denkbar ist laut Stadt neben der Fahrplanauskunft auch der Online-Ticketkauf"
    Willkommen im Jahr 2010, das kann sogar die Bundesbahn!
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  • F. R.
    Zitat: "Ausgebaut werden sollen Laserscanner in der Stadt, die die Passantenfrequenz messen [...] Diese messen 24 Stunden pro Tag und sieben Tage die Woche. Die gesammelten Daten werden auf einer externen Website veröffentlicht – einsehbar sind sie allerdings nur mit einer Registrierung."

    Das ist eine "Horror City". Wo bleibt da die Romantik und Lebensqualität der Bischofs-, Wein- und Universitätsstadt? Die heutigen Menschen verzehren sich im Aktionismus und missachten das größte Kulturerbe der Menschheit: die europäische Stadt. Bei 5G ist die Reichweite der Mobilfunkmasten nur noch halb weit, will heißen: es kommen noch viel mehr, auch auf die Dächer (historischer) Städte.

    Der bekannte Ausspruch wird derzeit wahr: die erste Generation (nach dem 2. Weltkrieg) baut's auf, die zweite erhält's, die dritte bringt's durch.

    Nebenbei schafft man die Voraussetzungen für Orwells Big Brother. Demokratien sind fragil, wie man derzeit sieht. Das alles sind Steilvorlagen für neue Diktatoren.
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  • L. K.
    Sehr geehrter Leser,
    über diesen Punkt des Konzepts werden wir kommende Woche ausführlich berichten- auch hinsichtlich des Datenschutzes.

    Lucas Kesselhut
    Redaktion Würzburg
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