Im Zeitraffer laufen die Bilder über den Baufortschritt neben dem aufgebauten Buffett über die Leinwand. Schnee, Eis, Kälte, Wind, Hagel, Regen, Sonne: Die Arbeiter der SKZ-Modellfabrik waren im vergangenen Jahr vielen Wetterextremen ausgesetzt. Doch sie haben standgehalten, sodass man an diesem Mittag am Rande des Lengfelder Gewerbegebiets Ost Richtfest feiern kann.
Thomas Hochrein, Geschäftsführer beim Kunststoff-Zentrum (SKZ), bemühte sich bei seiner Ansprache vor den rund 100 Gästen, auch wirklich niemanden zu vergessen, der in irgendeiner Form am Bau beteiligt ist. Dabei gibt der promovierte Naturwissenschaftler auch die eine oder andere Anekdote zum Besten – etwa die vom vermuteten Feldhamster, der das Projekt verzögert hat, aber dank der Ausgleichsflächen nicht stoppen konnte. Oder die des Richtbaumes, den sein Geschäftsführer-Pendant Robert Schmitt im Garten seines Schwiegervaters erstehen konnte.
Die Grundsteinlegung der Modellfabrik hat vor 13 Monaten stattgefunden. "Nun ist ungefähr die Hälfte geschafft", unterstreicht Bauherr Hochrein. "Ich hoffe, dass die zweite Hälfte genauso gut verläuft." Architekt Steffen Rothenhöfer erinnert sich kurz darauf: "Damals standen wir noch vor einer gigantischen Baugrube bei über 30 Grad im Schatten." Er führt beeindruckende Zahlen an: Rund 1000 Tonnen Stahleisen seien gebunden und in Zement zu einem viergeschossigen Gebäude gegossen worden. Knapp 4000 Quadratmeter Fassadengerüst sind gestellt worden.
4600 Quadratmeter Nutzfläche
Auch die Flächen im Inneren der SKZ-Modellfabrik können sich sehen lassen: Es wird circa 4600 Quadratmeter Nutzfläche geben – unter anderem für Forschungsarbeiten, Büros, Tagungen, Catering und den Nachwuchs. Denn auch eine Kindertagungsstätte mit 15 Plätzen ist Bestandteil des Gebäudes. Der Technikbereich und die Labore umfassen eine Fläche von rund 1500 Quadratmetern. In der SKZ-Modellfabrik werden über 110 Arbeitsplätze eingerichtet. Sie wird an das WVV-Fernwärmenetz angeschlossen, das bis an den Friedrich-Bergius-Ring verlängert wird. Das Müllheizkraftwerk, das die Abwärme produziert, liegt nicht allzu weit entfernt.
Die Kosten für den Bau der SKZ-Modellfabrik belaufen sich auf rund 25,5 Millionen Euro, wobei der SKZ-Eigenanteil 10,1 Millionen Euro und damit knapp 40 Prozent beträgt. Das bayerische Wirtschafsministerium fördert das Leuchtturmprojekt mit circa 14,8 Millionen Euro, die Regierung von Unterfranken gibt gemeinsam mit der Stadt Würzburg rund 600 000 Euro für die Kita, die auch von einer Spende der lokalen Sparkassenstiftung profitiert. Im Herbst 2022 wird der Bau nach den derzeitigen Planungen seiner Bestimmung übergeben.
Flexibel und offen gestaltet
Die Modellfabrik soll künftig die reale Fertigungswelt der Unternehmen aus der Kunststoffbranche mit Laborideen verbinden und so innovative Impulse für die Serienproduktion in der Wirtschaft liefern. Das SKZ, das heuer sein 60-jähriges Jubiläum feiert, will Neues erproben und es anschließend in konkrete Anwendungen für die Industrie umsetzen. Es wird zu einem großen Teil von Unternehmen getragen. In deren Alltag bleibt allen voran im Mittelstand nur wenig Raum für Experimente.
"In der Modellfabrik sind nahezu alle diskontinuierlichen Verarbeitungsverfahren der Kunststofftechnik vertreten, allen voran die additiven Fertigungsverfahren, das Spritzgießen und verschiedene Fügetechniken", heißt es in einer aktuellen SKZ-Mitteilung. Da die Querschnittstechnologien immer mehr an Bedeutung gewinnen, würden auch Messen und Prüfen 4.0 einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Das Gebäudekonzept ist flexibel und offen gestaltet, die Bürowelten sind direkt an die Labore angedockt.
Baufortschritt kann mit einer Webcam verfolgt werden
Die ersten konkreten Ideen für eine solche Modellfabrik hatte SKZ-Institutsdirektor Prof. Martin Bastian bereits vor über zehn Jahren. Es folgte ein regelrechter Fördermarathon, der auch immer wieder neue Hürden mit sich brachte. Hinzu kam der steigende Baupreisindex – und der Feldhamster. Er sorgte dafür, dass nicht nur ein Ausgleich für die Flächenversiegelung als solches geschaffen werden musste, sondern auch eine Kompensation artenschutzrechtlicher Natur. Landwirt und Stadtrat Wolfgang Roth (CSU) schildert auf dem Richtfest noch einmal das Hin und Her. Denn die eigentlich als Lebensraum für das Nagetier vorgesehene SKZ-Fläche in der Nähe hat sich im Zuge der Corona-Pandemie zu einem beliebten Mountainbike-Parcours für Jugendliche entwickelt. Also stellte Roth ein anderes Areal zur Verfügung. Der Bau konnte weitergehen. "Mit der Modellfabrik enthält der Standort Würzburg eine neue Dimension", meint Roth. Der Fortschritt kann mit einer Webcam täglich verfolgt werden. Der Link lautet: www.skz.de/modellfabrik