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Würzburg
Würzburg: Wie der Feldhamster jugendliche Mountainbiker ausbremste
Erst war das Mountainbiken auf einer Fläche am Friedrich-Bergius-Ring erlaubt, dann war es verboten, jetzt wird es "geduldet". Wie die Stadt Würzburg eine Lösung finden will.
Würzburg: Wie der Feldhamster jugendliche Mountainbiker ausbremste
Foto: Symbolbild Kerkez/Getty
Ernst Lauterbach
 |  aktualisiert: 09.02.2024 10:39 Uhr

Kinder brauchen Bewegung, Kinder brauchen Platz, um sich auszutoben. Und auch bei Kindern und Jugendlichen ist das Mountainbiken beliebt. Gut, wenn man einen Acker in der Nähe hat. Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil Lengfeld hatten sich eine solche Mountainbike-Strecke auf einem ungenutzten Grundstück des Süddeutschen Kunststoffzentrum (SKZ) am Friedrich-Bergius-Ring im Gewerbegebiet Ost gesucht.

Rechtzeitig zum Osterfest macht die Stadt den Lengfelder Kindern ein Geschenk

Sie tummelten sich dort mit Erlaubnis des Eigentümers und nutzen aufgeschüttete Hügel, um ihre Fertigkeiten am Fahrradlenker zu erproben und zu verbessern. Allerdings drohten noch bis Mitte dieser Woche dunkle Wolken am Horizont aufzuziehen. Doch rechtzeitig zum Osterfest macht die Stadt den Lengfelder Kindern ein Geschenk.

Schilder verbieten seit kurzem offiziell die Benutzung eines SKZ-eigenen Grundstück am Friedrich-Bergius-Ring. Thomas Hochrein, Geschäftsführer des SKZ, hatte sie aufstellen lassen müssen, weil die Stadt die Nutzung des Geländes als Mountainbike-Strecke für Jugendliche untersagt hatte. Als Übergangslösung duldet man jetzt im Rathaus die Nutzung bis Ende April.
Foto: Daniel Peter | Schilder verbieten seit kurzem offiziell die Benutzung eines SKZ-eigenen Grundstück am Friedrich-Bergius-Ring. Thomas Hochrein, Geschäftsführer des SKZ, hatte sie aufstellen lassen müssen, weil die Stadt die Nutzung ...

Was war geschehen? Thomas Hochrein, Geschäftsführer des SKZ, wollte Anfang des Jahres das "wilde" Mountainbiken in geregelte Bahnen überführen. Er wandte sich an die Stadt Würzburg, um das Gelände auch aus Haftungsgründen offiziell als Mountainbike-Areal unter der Trägerschaft des Jugendreferates ausweisen zu lassen.  Beim Jugendreferat war man erfreut, beim Fachbereich Umweltschutz/Klimaschutz der Stadt hingegen nicht. Denn das Areal ist als Lebensraum des in Würzburg wohlbekannten Feldhamsters ausgewiesen.

In einem Brief informierte der SKZ-Geschäftsführer die Anwohner

Zusammengefasst: Wenn das Mountainbiken dort offiziell erlaubt würde, müssten Ausgleichflächen gefunden werden. Um die aber müsse sich das SKZ selbst und gegebenenfalls auf eigene Kosten bemühen, denn bei der Stadt sehe man keine Möglichkeiten, hieß es. Weil das Umweltreferat Hochrein dann auch mitteilte, dass eine Nutzung des Terrains als Mountainbike-Strecke "gegen artenschutzrechtliche Zugriffsverbote" verstoße, zog dieser die Reißleine.

In einem Brief, der Mitte März an Haushalte in Lengfeld verteilt wurde, informierte der SKZ-Geschäftsführer die Anwohner, dass bald Verbotsschilder die weitere Nutzung des Geländes untersagen würden. Denn mit diesem Wissen sei es dem SKZ ab sofort unmöglich, das Mountainbiken dort weiter zu dulden, bedauert Hochrein.

"Da muss die Stadt schon schauen, dass es eine andere Lösung gibt"

SPD-Stadtrat Udo Feldinger bekam Kenntnis von dem Vorgang. "Das Gelände kann man nicht einfach zumachen, da muss die Stadt schon schauen, dass es eine andere Lösung gibt", sagte er auf Anfrage dieser Redaktion. Er stellte einen Antrag, die Stadt möge in Lengfeld eine Freizeitfläche als Ersatz einrichten. Zudem verwies Feldinger auf  einen ähnlichen Antrag des ehemaligen SPD-Stadtratsmitgliedes Heinrich Jüstel vom Herbst 2019. Dieser sollte damals laut einstimmigem Beschluss im Planungs-Umwelt und Mobilitätsausschuss des Stadtrates weiter verfolgt werden.

"Dann hat's doch was gebracht, das freut mich."
Udo Feldinger, SPD-Stadtrat

Dann kam ausnahmsweise einmal nicht das dicke, sondern das vorläufig gute Ende: Nach einer Anfrage dieser Redaktion im Rathaus ließ Umweltbürgermeister Martin Heilig die Pressestelle mitteilen, dass man sich mit dem SKZ daraufhin verständigt habe, "dass wir uns bis Ende April für eine Lösungsfindung Zeit geben und die Fläche bis dahin – wie bisher – genutzt werden kann". 

Den Antrag will Udo Feldinger aber weiter bestehen lassen

Er bedauere Irritationen, die es gegeben habe, so Heilig. Die Lage am Rand eines Feldhamsterlebensraums mache ein sehr sorgfältiges Vorgehen erforderlich. Nachdem sich nun gezeigt habe, dass alle bisher diskutierten Optionen nicht umsetzbar seien, gelte es nun eine Ausgleichsfläche zu finden, welche gepachtet werden könne.

"Die Gespräche dazu laufen und ich bin sehr optimistisch, dass wir hier eine Lösung finden können", so Heilig weiter. Ob von der Stadt mittelfristig im Umfeld zusätzliche oder alternative Freizeitflächen geschaffen werden könnten, gelte es gemeinsam mit dem Stadtrat und der Stadtgesellschaft zu erörtern, so der Bürgermeister.

"Dann hat's doch was gebracht, das freut mich",  sagt Udo Feldinger gegenüber der Redaktion. Den Antrag will er aber weiter bestehen lassen. "Die alternative Fläche ist ja noch nicht gefunden, das muss dann diskutiert werden."

Thomas Hochrein sieht es hingegen mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Denn im April handele es sich nur eine "Duldung" mit viel Augenzudrücken seitens Stadt, weshalb die Schilder auch stehen bleiben müssten. Er hofft aber, dass ab Mai dann ein finales und "auch für uns sicheres Konstrukt" existieren könnte. 

 
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  • Margarete-wuestner@web.de
    MP Bad Kissingen 2.04: Petition gegen Bauprojekt in der Kantstrasse
    Wegen geplanten 4Wohnhäusern mit 27 Wohneinheiten wird ein Biotop am Waldrand "platt gemacht"
    Sollte mal nachgeschaut werden ob da Tiere die auf der Roten Liste stehen heimisch sind!!
    Bäume wurden bereits gefällt
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  • Bella68
    Hauptsache Feldhamster geschützt, die es dort gar nicht mehr ab. Jetzt gibt es dort auch keine Kinder mehr, gelungene Sache...
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  • Thomas.Hochrein
    Ich bin sehr froh, dass mit vereinten Kräften eine gute Lösung absehbar ist. Es geht hier nicht um das eine (Jugend, MTB) oder das andere (Hamster). Es gibt Lösungen, die allen Anforderungen gerecht wird - man muss sie nur suchen. Eine Ausgleichsfläche mit entsprechend hamstergerechter Vegetation ist für ihn wesentlich günstiger als eine grenzwertige Wiesenfläche am Rande des Industriegebietes mit angrenzender Bebauung. Die Fläche ist ohnehin als Grenzbereich bzgl. Hamstereignung zu sehen: Beim angrenzenden Grundstück wurde per Gutachten nur die Hälfte als hamstertauglich bewertet. Kein Hamsterbau war vorhanden. Dabei wurde auch festgestellt, dass in ein paar Jahren durch natürliche Vegetationsänderung vermutlich die Fläche für Hamster ungeeignet ist. Da ist er sicher froh, wenn er eine tollere und speziell für ihn ausgelegte Ausgleichsfläche bekommt. Vielen Dank an dieser Stelle auch an Stadtrat Roth und seine Kolleginnen und Kollegen, die sich im Hintergrund eifrig engagiert haben!
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  • Margarete-wuestner@web.de
    Kinder haben leider keine Lobby mehr!
    Überall am Rande der Grosstädte werden weiße 4eckige Wohnhäuser gebaut u nicht gerade wenige, schaut da der Fachbereich der Umwelt/Klimaschutz auch danach wieviel Bodenfläche versiegelt wird? Wieviele Bäume und Wiesenflächen weichen müssen? Kinder setzt euch vor den PC, da vertreibt ihr keine Feldhamster
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  • kej0018@aol.com
    Wenn ich die Kommerntare hier lese erscheint es mir, als wäre die Natur eher eine lästige Begleiterscheinung statt etwas Schützenswertes. Feldhamster sind bundesweit vom Aussterben bedroht, Mountainbiker nicht.

    Was ich damit sagen will: wenn es im entsprechenden Abschnitt Feldhamster gibt, dann sollte man darauf auch Rücksicht nehmen, egal ob Autoverkehr, wie in einem Kommentar angesprochen, oder sonstige Störenfriede. Mountainbiken kann man schließlich auch anderswo, aber auf die Idee kommen wohl die wenigsten. Das ist nichts weiter als gelebter Egoismus, leider eine immer stärker vertretene Zeiterscheinung.
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  • joerg_bauer@t-online.de
    Lieber deltatango,

    haben Sie Kinder? Bei aller Liebe, was hat das bitte mit Egoismus zu tun? Die Kinder sind unsere Zukunft, aber das verstehen ja nicht einmal unsere Politiker! Ist echt schon eine komische Ansicht!
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  • Doedi.wue
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • Doedi.wue
    Ihr Kommentar trifft den Nagel auf den Kopf und tut gut.Das rücksichtslose,egoistische Verhalten und zerstörende Wirken dieser Naturmissbraucher ist in jeder Grünanlage(z.B.Steinbachtal) Würzburgs zu erkennen.Dort wird Natur nicht ge-,sie wird mißbraucht.
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  • Vielen Lesern dürfte nicht klar sein, daß wir strenggenommen keine "Rote Liste der bedrohten Tierarten", sondern eine kürzere "grüne Liste der nicht-bedrohten Tierarten" bräuchten. Gleiches gilt auch für die Pflanzenwelt.

    So sehr ich das Bewegungsbedürfnis der Heranwachsenden nachvollziehen kann, so wenig kann und will ich der Sichtweise Herrn Wolfgang Roths an dieser Stelle folgen.

    "Mountainbiking" ist eine Trendsportart, die von zu vielen Personen auch selbst in geschützten Bereichen ohne Rücksicht auf Verluste betrieben wird, weil man ja "in der Natur" unterwegs sein will.
    Schön, daß es eine gewisse "Sehnsucht" zurück in die Natur gibt. Und dennoch: Wir müssen mit dem "Rest" an "Natur", den wir noch haben, anders umgehen.

    Herrn Roth bitte ich noch sich an seine eigene Kindheit zu erinnern wie vielfältig Flora und Fauna noch vor 50 ... 60 Jahren waren. Und wieviel davon heute (nachweisbar) noch übrig ist. Oder stimmt das etwa nicht, werte Mitlesende?
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  • zementgrau
    Kleiner Nachtrag : bevor die Erdwälle aufgeschüttet wurden, haben immer wieder Autos das Grundstück zwecks Abkürzung befahren. Das war offensichtlich für den Feldhamster kein Problem......
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  • zementgrau
    Es ist beim Spazierengehen immer wieder schön zu sehen, dass sich hier Jugendliche trotz Pandemie austoben können. Mann oh Mann, wo sollen sie denn sonst hin?? Sie stören niemanden, machen keinen Lärm, verschmutzen nicht die Umwelt mit Verbrennungsmotoren, was wollen wir denn noch? Auf den landwirtschaftlichen Bereichen um den Platz herum sind ja wohl auch nicht gerade Scharen von Feldhamstern. Hier ist es nun mal Zeit, an das Wohl der Jugendlichen zu denken.
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  • joerg_bauer@t-online.de
    Rundherum wird zum größten Teil konventionelle Landwirtschaft betrieben, es wird überall wo man hinschaut gebaut. Da schaffen sich die Kinder und Jugendliche (2-16 Jahre) ein Paradies, und das wird ihnen zum Schutz von "Feldhamstern" weggenommen. Momentan ist schon wirklich jeder durch die Pandemie eingeschränkt, und jetzt? Haben auch noch Tiere mehr Rechte als Menschen? Ich bin wirklich sehr Umweltbewusst und Tierlieb aber das geht meiner Meinung nach eindeutig zu weit. Liebe Verantwortlichen überlegt mal wirklich genau was ihr hier getan habt.
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  • Doedi.wue
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • isabellaihrig@web.de
    Ich habe erstmal aufs Datum der Meldung geguckt, hätte ja auch als Aprilscherz getaugt. Aber nein, wir sind ja in Deutschland, da muss auch amtlich abgestempelt sein, dass Fahrräder nur dort fahren dürfen, wo keine Feldhamster brüten (sind Säugetiere, ich weiß, aber ich finde den Satz so lustiger). Zumindest sind Heerscharen von Stadträten und Bürgermeistern jetzt damit beschäftigt und denken sich in der Zeit keinen anderen Unfug aus. Herr Roth, es ist schön, dass Sie eine tragfähige Lösung gefunden haben, schlimm ist, dass Sie die suchen mussten.
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  • waldtom1
    Das ist der Vorgeschmack auf eine "Ökodiktatur" auf die wir zugehen! Wenn auf der Fläche keine Feldhamster nachweisbar sind, kann man den Kindern doch ihre Mountainbahn lassen!
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  • w.roth@roth-lengfeld.de
    Auf dem Grundstück des SKZs gibt es seit vielen Jahren, mit Einstellung der ackerbaulichen Nutzung, keine Feldhamster mehr. Deshalb ist schon die Ausweisung als Hamsterfläche mehr als fraglich. Bereits im Dezember haben wir uns mit Sabine Reinfurt-Jäger um eine Alternativfläche bemüht. In der Folge wurden verschiedene Flächen vom Umweltbereich untersucht. Zusammen mit Charlotte Schloßareck haben wir mit dem SKZ, dem FB Jugend und Familie sowie dem FB Umwelt nun eine tragfähige Lösung gefunden. Diese sieht vor, dass an anderer Stelle der Hamsterschutz gewährleistet wird und die Jugendlichen die Fläche weiterhin zum Mountainbiken nutzen können. Für den Fall, dass das SKZ ein weiteres Mal erweitert, haben wir eine schöne Alternativfläche, die bereits im Besitz der Stadt Würzburg ist, ausfindig gemacht. Bezüglich der Ersatzfläche für den Hamster bin ich mit dem Eigentümer im atmosphärisch positiven Gespräch.
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