Es ist eine spannende Geschichte, die einen großen Skandal in der Wissenschaft erzählt. Und sie kommt direkt aus der Region Würzburg, aus Eibelstadt. Momentan ist eine große Auswahl der insgesamt 184 Lügensteine, die im Fokus der Affäre stehen, in der Ausstellung "Fakt-Fake: Wahrheiten und Weltdeutungen zwischen Magie und Lügensteinen" in der Zentralbibliothek am Würzburger Hubland zu sehen. An verschiedenen Stationen bekommen Besucherinnen und Besucher anschaulich erzählt, wie es zu dem Skandal kam und warum die genauen Hintergründe noch heute Kopfzerbrechen bereiten.
Im Jahr 1726 veröffentlichte der Würzburger Arzt und Professor Johann Bartholomäus Adam Beringer sein Werk „Lithographia Wirceburgensis“, in dem er die damals bekannten Theorien der Fossilienkunde skizzierte. Wie in der Begleitbroschüre zu "Fakt-Fake" erläutert wird, fügte Beringer seiner Publikation Kupferstichtafeln von Figurensteinen bei, die ihm zufolge 1725 bei Eibelstadt gefunden und ihm überbracht worden waren. Darauf abgebildet waren Insekten, Frösche, Pflanzen, Vögel, Sonnen und sogar hebräische und arabische Schriftzeichen.
Trotz des Skandals: Reputation Beringers erlitt keinen Schaden
Doch der von Beringer als aufsehenerregend bezeichnete Fund entwickelte sich zu einem wissenschaftlichen Skandal weit über Würzburg hinaus: Denn die angepriesenen Fossilien entpuppten sich als Fälschungen. Sie wurden fortan auch als „Würzburger Lügensteine“ bezeichnet. Trotzdem erlitt wohl Beringers Ansehen als Akademiker dadurch keinen Schaden und seine Position als Professor an der Universität Würzburg wurde nicht nachhaltig beeinträchtigt - das veranschaulicht zumindest die Ausstellung.
Trotz zahlreicher Nachforschungen zum Thema bleiben bis heute viele Fragen: Wer steckte hinter den Fälschungen? War es nur ein Dummer-Jungen-Streich oder eine gezielte Intrige, um der wissenschaftlichen Reputation Professor Beringers zu schaden? In Studien werden die zeitgenössischen Quellen genutzt, um eine Chronologie der Ereignisse zu bekommen.
Verhörprotokolle aus dem Jahr 1726
Eine der bedeutendsten Quellen sind die Verhörprotokolle aus dem Jahr 1726. Wie Präsentationen in der Ausstellung belegen, soll zumindest einer der damals beschuldigten Eibelstadter Jungen, Christian Zänger, Steine angefertigt haben und dabei wohl von einem Würzburg Professor, Jean Ignace Roderique, angestiftet worden sein. Dieser soll auch selbst Steine hergestellt und Beringer untergeschoben haben. Nicht ganz klar ist das Ausmaß seiner Mittäterschaft, die sich Aufzeichnungen zufolge eher auf den Zeitraum kurz vor der Publikation der „Lithographia Wirceburgensis“ bezogen haben soll.
Als weitere herausstechende Figur wird Johann Georg von Eckart, langjähriger Sekretär des bedeutenden Philosophen, Juristen und Historikers Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 bis 1716), gesehen. Auch er stand im Fokus, in Absprache mit Professor Roderique, Steine in Auftrag gegeben zu haben. Vermutet wird, dass der Kern der Auseinandersetzung auch als Streit um die Deutungshoheit der Versteinerungstheorie zu verstehen ist, in deren Verlauf unterschiedliche Weltbilder unversöhnlich aufeinanderprallten.
Wie wurde der Streit beigelegt?
Wie genau der Streit beigelegt wurde, bleibt offen, erfahren die Besucher der Ausstellung gegen Ende. Zwar ist das Verhör durch das Domkapitel belegt, eine vom Fürstbischof angeordnete Untersuchungskommission hat es aber offenbar nie gegeben. Ob jemand ein Machtwort sprach und damit die Diskussion über die Lügensteine beendete, bleibt also offen - so das Fazit.
Zur Wahrheitsfindung hat der Skandal dennoch beigetragen. Denn andere Forscher bekamen zunehmend Zweifel an der von Beringer angestoßenen Theoriediskussion über fossile Funde. So war die Suche nach der "wahren" Entstehung von Fossilien angestoßen und konnte durch weitere wissenschaftliche Erkenntnisse beantwortet werden.