- Was ist das für ein Stück? "seven lives - none left oder: zu viel von allem" ist zeitgenössische Tanz- und Performancekunst des Künstlerkollektivs "anderer tanz" unter der Leitung des Theatermachers Thomas K. Kopp. Schauplatz ist die Theaterhalle am Dom im Unter- und Zwischengeschoss des Museums am Dom.
- Worum geht's? Das Stück zeigt, wie die Industrienationen von Rastlosigkeit und unstillbarem Hunger nach Konsum angetrieben werden. Diese Gesellschaften handeln, als ob sie sieben Leben hätten. Doch was geschieht, wenn nur noch die Gegenwart als letzte Gelegenheit zur Veränderung bleibt?
- Lohnt der Besuch? Ja. Abgesehen von der gelungenen Tanzperformance beeindruckt die imposante, wellenartige Installation des Künstlers Klaus Zaschka. Sie zeigt das Dilemma der Industriestaaten und zwingt den Betrachter, über die drängenden Fragen unserer Zeit nachzudenken.
"Wir gehen mit unseren Lebensgrundlagen so sorglos um wie Katzen, die sprichwörtlich sieben Leben haben. Doch die Frage ist, in welchem Leben befinden wir uns?", fragt Thomas Kopp im ersten Teil der Vorstellung im Künstler-Café im Zwischengeschoss, bevor das Publikum den eigentlichen Theaterraum betritt. Der Theatermacher und sein kollektiv anderer tanz geben darauf jedoch keine Antwort, sondern wollen Wege aufzeigen, wie eine Zukunft möglich wird, wenn wir die Gegenwart als letzte Chance zur Veränderung begreifen.
Ein philosophisch tiefgründiges und ergreifendes Stück
Anders als sonst üblich, beginnt "seven lives - none left oder: zu viel von allem" nicht mit einer formalen Einführung. Vielmehr bringen Kopp und Theaterassistentin Maria Saemann das Publikum thematisch und räumlich vorab näher an das Stück heran. Inspiration fand das kollektiv anderer tanz unter anderem beim Künstler Alfredo Jaar, der bekannt ist für seine vorwiegend politischen Themen.
Kopp stellt die Frage, wie wir in der Gegenwart handeln müssen, um eine Zukunft zu gestalten, in der die Menschheit nachhaltig überleben kann. Schon beim Betreten der speziell für diese Performance umgestalteten Theaterhalle wird klar, dass es hier um viel mehr geht als nur Unterhaltung. Ein Berg aus Kleidung und Alltagsgegenständen türmt sich entlang einer Säule zu einer Welle auf - eindrucksvolles Symbol für unseren verschwenderischen Lebensstil.
Im zweiten Teil der Vorstellung werfen die Tänzerinnen Sophie Charlotte Becker, Lilly Isabel Bendl, Sonja Golubkowa und Yana Madryani die Frage auf, ob und wie inmitten einer düsteren Endzeitstimmung ein optimistischer Blick in die Zukunft möglich ist. Ihre Stimmen sind leise, fast apathisch. Dieser Kontrast zur Dringlichkeit der Umweltprobleme zieht sich durch die gesamte Performance.
Die Darstellung thematisiert den Kontrast zwischen Hoffnungslosigkeit und der Sehnsucht nach Antworten
Das Stück bewegt sich zwischen bildender und darstellender Kunst, mit tänzerischen und performativen Elementen. Der Tanz wechselt zwischen kraftvollen, elektronisch rhythmisierten Passagen und anmutigen, fast kaleidoskopischen Bewegungen. Insbesondere die Fuß- und Beinarbeit, mal rasend, mal grazil, scheint vorher genannte Handlungsvorschläge wie "reduce" (reduziere und verzichte) darzustellen.
Geschickt bewegt sich die Performance zwischen verschiedenen Stimmungen und Tempi, was Tiefe und Vielschichtigkeit erzeugt, ganz ohne der Gefahr einer gewissen Beliebigkeit zu erliegen.
Das Stück drückt nicht nur Hoffnungslosigkeit und das Bedürfnis nach Zerstreuung aus, wie sie viele moderne Individuen bewegen, sondern auch die Sehnsucht nach Antworten. "seven lives - none left oder: zu viel von allem" spricht das Publikum sowohl ästhetisch als auch intellektuell an und verbindet überzeugend gesellschaftliches Anliegen und künstlerischen Ausdruck.
Bis Februar 2024 sind 20 Vorstellungen geplant. Möglicherweise kommen wegen der hohen Nachfrage weitere hinzu. Karten unter theaterhalle.com und an der Abendkasse.