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Würzburg
Sind Klarinettisten eigentlich besondere Menschen? Eine Weltklasse-Musikerin verrät es – und zeigt es in Würzburg
Klarinettistin Sharon Kam gastiert beim 3. Sinfoniekonzert des Philharmonischen Orchesters in Würzburg. Was sie hierher verschlägt und wie sie so virtuos geworden ist, erzählt sie im Gespräch.
Sharon Kam ist normalerweise auf den großen Bühnen der Welt zu Gast. Demnächst ist sie auch in Würzburg zu hören.
Foto: Nancy Horowitz | Sharon Kam ist normalerweise auf den großen Bühnen der Welt zu Gast. Demnächst ist sie auch in Würzburg zu hören.
Sonja Will
 |  aktualisiert: 13.02.2024 02:58 Uhr

Wer aufmerksam die Ankündigung zum 3. Sinfoniekonzert des Philharmonischen Orchesters Würzburg am 15. und 16. Februar liest, wird über den Namen dieser großen Klarinettistin vermutlich stolpern: eine Hochkaräterin wie diese abseits der berühmten Konzertbühnen Europas, Asiens und der USA, stattdessen im Großen Saal der Hochschule für Musik Würzburg? Klarinettistin Sharon Kam verrät im Interview, weshalb sich "Biss" auszahlt und warum Hartnäckigkeit zum Erfolg führen kann.

Die Verantwortlichen im Mainfranken Theater scheinen enormes Verhandlungsgeschick mit Ihrem Management bewiesen zu haben. Oder wie ist es gelungen, dass eine Weltklasseklarinettistin wie Sie Halt in Würzburg machen kann?

Sharon Kam: Das Orchester hat sich sehr gewünscht, dass ich komme. Alle waren wahnsinnig flexibel und entgegenkommend. Das war so herzerwärmend und nett, und sie haben einfach immer nachgefragt und nicht nachgelassen. Ich dachte, das machen wir jetzt einfach, ich bin sowieso gerne in Würzburg und mag die Gegend und die Landschaft mit den Weinbergen. Davon haben wir in Niedersachsen nicht so viele (lacht).

Sie wohnen mit Ihrem Ehemann, dem Dirigenten Gregor Bühl, in Hannover und haben drei gemeinsame Kinder. Beide Eltern im klassischen Musikbusiness auf Weltniveau und gleichzeitig Familienleben: Wie hartnäckig mussten Sie selbst sein, um da Alltag und Karriere zu meistern?

Kam: Ich erinnere mich an eine Konzertprobe, da war meine Tochter noch sehr klein und hat unendlich gebrüllt, dann habe ich gestillt und sie hat noch mehr gebrüllt und für mich war das alles ok, wir haben eben mal unterbrochen. Aber mein Mitspieler war unendlich nervös und konnte nicht einmal das Instrument stimmen.

Rückblickend muss ich sagen, war das für mich einfach normal. Ich war einerseits im Alltag ganz oft da und konnte in den Zoo oder habe in der Schule Brote geschmiert und dann war ich aber auch wieder eine Woche weg. Ende der 90er hatte man da aber Bedenken, wenn die Mutter nicht zuhause war. Da könnte ja etwas passieren. Aber meiner Meinung nach können beide Eltern arbeiten, und Mütter müssen gelernt haben, etwas zu wollen. Ich halte es für sexistisch, nur Frauen danach zu fragen, wie sie es geschafft haben.

Sharon Kam ist nicht nur eine Star-Klarinettistin, sondern auch Familienfrau und Mutter dreier Kinder.
Foto: Nancy Horowitz | Sharon Kam ist nicht nur eine Star-Klarinettistin, sondern auch Familienfrau und Mutter dreier Kinder.
Klingt ganz so, als gäbe es kein Problem mit der Vereinbarkeit. Vielleicht ist man in künstlerischen Berufen auch einfach geübt in Flexibilität und im Finden kreativer Lösungen? Sie unterrichten auch an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Raten Sie ihren Studierenden heutzutage auch aus wirtschaftlicher Sicht guten Gewissens zu einer Musikkarriere?

Kam: Ich muss romantisch bleiben, unmöglich ist es nicht. Ich wurde damals aber noch für CDs bezahlt, habe wundervolle Booklets, Shootings und alles, was dazugehört, bekommen. Heute muss das alles selbst gemacht werden. Ich sage nicht, man hätte keine Chance, aber man muss auch bereit dazu sein, immer wieder den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Ich wusste, ich bin ein hartnäckiger Dickkopf. Damals war ich 20 Jahre alt und nicht dreifache Mutter. Für mich war die sichere Stelle in einem Orchester keine Option. Heute hätte ich da vielleicht anders entschieden.

Die Klarinette an sich ist ja schon ein Instrument, das nur mit dem richtigen Biss auf das Bambusblatt im Mundstück funktioniert. Welche Charaktereigenschaft besitzen die Klarinette und die, die sie spielen?

Kam: Die Frage ist, wer eins ist mit seinem Instrument. Ich vergleiche es mal mit einem Mädchenchor. Da muss ich nicht warten, bis der Mund aufgeht, da weiß man vorher schon, welche Stimme rauskommt. Ich glaube schon, dass wir unserer Stimme nachgehen. Wer Klarinette spielt, ist jetzt nicht der schlankste, hohe Sopran und etwas lustiger, gelassener. Es sind keine verbissenen Streber, aber Leute, die sehr hart arbeiten, weil man nicht einfach reinrutschen kann ins Klarinettenleben. Allein das Repertoire ist anspruchsvoll und das muss man wollen.

Mit Wolfgang Amadeus Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur KV 622 spielen Sie ein Werk, das Sie jetzt schon rund 30 Jahre begleitet. Sie scheinen davon fasziniert zu sein. Wie erklären Sie diese Begeisterung Ersthörenden?

Kam: Man muss einfach wissen, dass dieses Stück perfekt ist. In der Klassik gibt es das selten, dass jemand nicht nur einen Melodieeinfall hat, sondern unendlich viele Einfälle. Und in diesem Konzert sind es noch einmal mehr als normal. Man merkt eben, wie einzigartig Mozart in seiner Zeit war. Es ist einfach ein Spitzenstück der Klassik und jeder, der es nicht kennt, wird es danach erkennen.

Klarinettistin Sharon Kam und das Philharmonische Orchester Würzburg sind zu hören am 15. und 16.Februar um 20 Uhr im Großen Saal der Musikhochschule Würzburg, mit Werken von Farrenc, Mozart, Busoni und Schostakowitsch. Informationen zum Ticketkauf unter: www.mainfrankentheater.de

 
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