zurück
WÜRZBURG
Seit 4495 Tagen regiert Angela Merkel das Land
Seit 4495 Tagen regiert Angela Merkel das Land       -  Am Mittwoch (14. März) soll Angela Merkel zum vierten Mal Kanzlerin werden. Das Archivbild zeigt sie 2009 mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der zur Wiederwahl gratuliert.
Foto: dpa | Am Mittwoch (14. März) soll Angela Merkel zum vierten Mal Kanzlerin werden. Das Archivbild zeigt sie 2009 mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der zur Wiederwahl gratuliert.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 17.03.2018 02:30 Uhr

Im Jahr 2005, als Angela Merkel zum ersten Mal Kanzlerin wurde, war vieles anders als heute. Zum Wort des Jahres wurde damals „Bundeskanzlerin“ gekürt. 2017 ging dieser Titel an „Jamaika-Aus“. Matthias Platzeck wurde 2005 mit 99,4 Prozent zum neuen Vorsitzenden der SPD gewählt. Heute ist er Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums.

Felix Magath trainierte damals den FC Bayern München. Heute wartet er nach seinem Engagement bei Club Luneng in China auf die nächste Anstellung. Und Thomas Gottschalk moderierte damals mit „Wetten dass..?" die Top-Unterhaltungssendung im deutschen Fernsehen. Heute ist er weitgehend vom Bildschirm verschwunden.

Merkel wird zum vierten Mal Bundeskanzlerin

„Bundeskanzlerin" wird in Deutschland gewiss nicht mehr Wort des Jahres, denn Teile der jüngeren Generation dürften sich schon gar nicht mehr daran erinnern, dass Deutschland auch mal einen Mann als Bundeskanzler hatte.

Wenn Angela Merkel (CDU) am Mittwoch (14.3.) vom Bundestag zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt wird, sind 4495 Tage seit ihrer ersten Wahl in dieses Amt am 22. November 2005 vergangen.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann aus Hammelburg fragt sich, was in den zwölf Jahren aus der als „Klima-Kanzlerin“ angetretenen Angela Merkel geworden ist. „Alle ökologischen Themen sind bei Merkel irgendwann auf der Strecke geblieben“, bedauert Rottmann. Für die neue Amtszeit wünscht sich die Grünen-Abgeordnete, dass Merkel „ihre Europapolitik besser erklärt“. Richtig reagiert hat die Kanzlerin, so Rottmann, in der Flüchtlingsfrage im Sommer 2015. „Sie hat unter großem Druck eine Notsituation auf dem Balkan bewältigt. Es ist kurzsichtig, dass sie dafür heute noch angegriffen wird“, sagt Rottmann.

Klaus Ernst: „Seit zwölf Jahren steigt die Armut in Deutschland.“

Auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst aus Schweinfurt lobt Angela Merkels menschlichen Zug zu Anfang der Flüchtlingskrise bei dem Ansinnen, Menschen, die ihr Land verlassen mussten, zu helfen. Aber: „Ihre größten Fehler hat sie in der Sozialpolitik gemacht“, ist sich Ernst sicher. „Seit zwölf Jahren steigt die Armut in Deutschland, genau wie der Niedriglohnsektor. Gerade in sozialen Berufen wie den Pflegeberufen bezahlen wir viel zu wenig Lohn und auch die Renten sind in Deutschland viel zu niedrig.“ Angepackt werden muss, so der Linken-Politiker, dass man sich wieder um „die Abgehängten in der Gesellschaft kümmert, sonst stärkt man den rechten Rand“.

4495 Tage Amtszeit: Das sind auch zwei Päpste, vier Bundespräsidenten, fünf Vize-Kanzler (Olaf Scholz wird der sechste) und 19 Fußball-Trainer beim Bundesliga-Dino Hamburger SV, der in all dieser Zeit natürlich in der höchsten deutschen Spielklasse antrat.

Hans Georg Michelbach: Lob für Merkels Management der Weltwirtschaftskrise

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans Georg Michelbach ist auch Landesvorsitzender der Mittelstands-Union. Die zwölfjährige Amtszeit der Bundeskanzlerin beurteilt Michelbach sehr positiv: „Zu den wichtigen Leistungen der vergangenen Amtsjahre von Bundeskanzlerin Merkel gehören zweifelllos die rasche Bewältigung der Auswirkungen der Weltwirtschaft- und Finanzkrise, die Rahmenbedingungen für ein stabiles Wirtschaftswachstum, der höchste Beschäftigungsstand und die niedrigste Arbeitslosigkeit in Deutschland seit der Einheit, die Überwindung der Neuverschuldung sowie die deutliche Unterschreitung der Defizitquote des Euro-Stabilitätspaktes bei den öffentlichen Kassen.“

Radu Ferendino, Pressesprecher der IGHK-Würzburg Schweinfurt, möchte nicht die gesamte Amtszeit Merkels kommentieren, aber er hat den Koalitionsvertrag unter die Lupe genommen. „Positiv sind die geplanten Investitionen in eine bessere Bildung und Digitalisierung, auch in die lange vernachlässigten Berufsschulen. Ein großer Schwachpunkt ist der Verzicht auf Steuerentlastungen für hier tätige Unternehmen – und das zu einem Zeitpunkt, an dem wichtige Standortkonkurrenten die Steuern senken. Wir hätten uns im Sinne der deutschen Wirtschaft insgesamt mutigere Entscheidungen gewünscht."

„Angela Merkel hat in den vielen Krisen während ihrer langen Amtszeit die Ruhe auch in unruhigen Zeiten bewahrt“, sagt Edda Weise, evangelisch-lutherische Dekanin für das Dekanat Würzburg. Dass Merkel aus einem Pfarrhaus stamme, merke man, weil sie immer wieder versucht habe, ihrer christlichen Verantwortung gerecht zu werden, gerade auch in der Flüchtlingskrise. „Eine Aufgabe für die Zukunft wird sein, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu gewährleisten und soziale Gerechtigkeit zu gestalten. Das ist eine große Herausforderung.“

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel aus Gemünden am Main will nicht in die Vergangenheit, sondern nach vorne schauen. „Es wird Zeit, dass wir wichtige Themen anpacken, wie die Parität in der Krankenkasse, also dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber wieder gleiche Anteile zur Krankenversicherung bezahlen“, sagt Rützel. Außerdem stehe das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit auf der Agenda sowie die Grundrente.

Mit Material von dpa

So wird die Kanzlerin gewählt

Laut Grundgesetz ist es die Aufgabe der gewählten Abgeordneten, die Kanzlerin oder den Kanzler zu wählen. Abgestimmt wird dabei ohne Debatte und geheim in Wahlkabinen.

Der Bundespräsident schlägt dem Parlament einen Kandidaten vor. Rechtlich darf er zwar frei entscheiden, bislang hat er aber meist den Kandidaten der bei der Wahl stärksten Partei vorgeschlagen – in diesem Fall zum vierten Mal Angela Merkel. Bisher folgte der Bundestag immer dem Vorschlag des Bundespräsidenten. Erzielt Merkel bei der Abstimmung am Mittwoch erneut die sogenannte Kanzlermehrheit, also die absolute Mehrheit an Stimmen der Abgeordneten, dann muss Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sie zur Kanzlerin ernennen. Union und SPD haben zusammen 44 Stimmen mehr als für die Kanzlermehrheit nötig sind. Insgesamt sitzen 709 Abgeordnete im Parlament, die Kanzlermehrheit liegt bei 355 Stimmen. Die Union verfügt über 246 Sitze, die SPD über 153.

Wenn die Kanzlerwahl beim ersten Mal nicht klappt, folgen weitere Wahldurchgänge. Scheitern sämtliche Versuche, eine Mehrheit zu finden, kann das komplizierte Verfahren in eine Minderheitsregierung oder eine Neuwahl münden. Bisher wählten die Abgeordneten den Kanzler aber stets im ersten Wahlgang. (Quelle Kanzleramt)

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Claudia Kneifel
Abgeordnete
Armut
Bernd Rützel
Bundeskanzler der BRD
Bundeskanzleramt
Bundeskanzlerin Angela Merkel
CDU
Deutscher Bundestag
Edda Weise
FC Bayern München
Felix Magath
Flüchtlingskrisen
Frank-Walter Steinmeier
Kanzlermehrheit
Klaus Ernst
Matthias Platzeck
Olaf Scholz
SPD
Thomas Gottschalk
Weltwirtschaftskrise
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • M. G.
    Über diese Partei und Kanzlerin nachzudenken, lohnt sich nicht einmal ein Wort zu verlieren! Ich tue es auch nicht! Zum Glück fallen sie jetzt in so eine Art "Selbstzerstörung" und man muß eines Tages nicht mehr über sie reden oder nachdenken! Dann könnenn sie mit Ihren "Flugtaxi" hin wo der Pfeffer wächst!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Frau Merkel führt Deutschland ins Verderben. Wer dies verneint ist blind.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • T. B.
    @mausi2, das ist a` bisserl wenig, meinen Sie nicht. Für eine Wahlveranstaltung der AfD würde es vermutlich genügen, aber ich denke man sollte sich schon etwas differenzierter mit der Personalie Merkel auseinandersetzen. Frau Merkel hat gravierende Fehler gemacht, der Größte davon ist zweifellos die desaströse Flüchtlingspolitik. Deutschland ist statistisch betrachtet unter den 20 reichsten Ländern dieser Erde, was den ärmeren oder gar armen Menschen in diesem Land relativ gleichgültig sein dürfte. Frau Merkel hat in 12 Jahren ja nicht alles falsch gemacht, im Gegenteil, sie ist eine hervorragende Verhandlerin wenn es um wirtschaftliche Aspekte geht. Die Energiewende und Flüchtlingspolitik sind allerdings kräftig in die Hose gegangen und auch auch im Bereich der Digitalisierung befinden wir uns in der Steinzeit. Frau Merkel hätte längst für ihre Nachfolge sorgen müssen, sie ist ausgebrannt und hat nicht mehr den Rückhalt, den sie dringend braucht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • T. B.
    Frau Merkel ist ohne Zweifel eine Top-Managerin, weltweit, insbesondere in Europa sehr geschätzt und auch gefürchtet. Innenpolitisch hat sie sich schon immer sehr rar gemacht und ihr Markenzeichen ist es, die Probleme auszusitzen. In 2015 hat Frau Merkel einen katastrophalen Fehler begangen, sie hat zum großen Teil ohne Zustimmung der Regierung eine emotionale Entscheidung getroffen, welche zur Folge haben sollte, dass Deutschland gespalten ist wie noch nie. Nicht nur dass sie das Dublin- und Schengenabkommen gebrochen hat, sie hat über die Köpfe der Menschen in diesem Land eine nicht wieder gut zu machende Entscheidung getroffen. AfD, Pegida, Wügida u.v.a. und der daraus resultierende Rechtsruck in Deutschland ist das Verdienst von Frau Merkel. Das Wahlergebnis in 2017 war für die Regierung ein Desaster, aber der Wählerwille scheint ungehört, denn die gleiche Regierung, welche für das Desaster verantwortlich ist, hat das Ruder für die nächsten 4 Jahre in der Hand.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. H.
    Und was bitte war denn der sog. "Wählerwille" - RRG, der Traum der Alt-68er (hätte gottlob nicht gereicht), Jamaika (wegen Feigheit der FDP gescheitert) oder gar eine Minderheitsregierung (welche eigentlich?) ?
    Die meisten Wähler (Wahlverweigerer haben nun mal ihre Stimme vergeben) wollten sie ja doch wieder; wesentlich mehr jedenfalls, als den roten Messias......
    Das hätte der SPD so gepasst: Die Union in eine Minderheitsregierung reden und die dann -natürlich unter ihrer Führung, denn sien ist ja gefühlt immer nach eine Volkspartei - zusammen mit Grünen und Linken ins Leere laufen zu lassen......
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten