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Würzburg
Scheitern abgewendet: Würzburger Babymord-Prozess geht weiter
Das Würzburger Gericht hat wider Erwarten schnell eine Gutachterin gefunden im Verfahren um den gewaltsamen Tod eines Säuglings. Im Zeugenstand an diesem Dienstag: die Mutter.
Am Landgericht Würzburg kann der Prozess um den Tod eines Babys aus dem Landkreis Main-Spessart weitergehen: Eine Sachverständige ist bereit, den Angeklagten während des laufenden Verfahrens zu begutachten.
Foto: Daniel Karmann, dpa | Am Landgericht Würzburg kann der Prozess um den Tod eines Babys aus dem Landkreis Main-Spessart weitergehen: Eine Sachverständige ist bereit, den Angeklagten während des laufenden Verfahrens zu begutachten.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:05 Uhr

Aufatmen am Landgericht Würzburg: Der Prozess um den mutmaßlichen Mord an einem acht Monate alten Baby  im Landkreis Main-Spessart kann fortgesetzt werden. Den pessimistischen Prognosen zum Trotz fand das Gericht unter hohem Zeitdruck eine Sachverständige, die bereit ist, ein Gutachten über den Angeklagten auch während des laufenden Prozesses anzufertigen. Denn sein Drogenkonsum wirft die Frage auf, ob er - wenn sich seine Schuld herausstellt - für die mutmaßliche Tat verantwortlich gemacht werden kann.  

Prozess geht weiter

Der Prozess geht nun an diesem Dienstag weiter. Die Anklage lautet auf Mord sowie vorausgegangene Gewalt gegen Mutter und Kind, häufig im Drogenrausch: Den 23-Jährigen soll das Schreien des acht Monate alten Säuglings aus dem Nebenzimmer beim Fernsehen gestört haben. Deshalb soll er dem Baby seiner Freundin erst mit Gewalt auf die Bauchdecke gedrückt und ihm Rippen gebrochen haben. Und dann, so die Anklage, soll er das Baby mit einer Decke erstickt haben. Der 23-Jährige bestreitet das.

Er sagt, er sei an jenem Tag im Dezember 2019 völlig entspannt gewesen, als er mittags mit einem Freund - von Drogen benebelt - stundenlang fernsehen schaute. Nachdem das Schreien des Babys verstummt war, sei er aus dem Nebenzimmer zurückgekommen und habe seelenruhig mehr als eine Stunde weiter vor dem Fernseher gesessen. Erst die Mutter bemerkte dann, dass das Kind blau angelaufen war und nicht mehr atmete. Der Notarzt konnte dem Kind nicht mehr helfen.

Angeklagter wollte nicht "Ersatzvater" sein

Das Gericht hat mehr als ein Dutzend Zeugen geladen, die über das Verhältnis des Mannes zu dem Kind seiner Freundin berichten sollen. Der Angeklagte lehnte es, eigenen Aussagen zufolge, offenbar ab, sich als "Ersatzvater" um das Baby zu kümmern. Zeugen sagten, dass ihn das Kind genervt habe. Er selbst gab an, er habe sich an jenem Tag fürsorglich um das Kind gekümmert.

Er mache sich aber Vorwürfe, ob er ungewollt den Tod des Säuglings verursacht habe, als er ihn fest in eine Decke einwickelte, sagte sein Verteidiger Hanjo Schrepfer. Das Gericht ließ erhebliche Zweifel an seiner Aussage erkennen. Ungeklärt ist, wie viel Zeit der Angeklagte im Nebenzimmer bei dem Säugling verbrachte, um ihn zu beruhigen - und ob die ausreichte, das Kind zu ersticken. Rechtsmedizinern zu Folge, brauche es dafür nicht Sekunden, sondern Minuten.

Mutter soll vor Gericht aussagen

Mit Spannung wird an diesem Prozesstag nun vor allem die Aussage der jungen Mutter erwartet. Sie sollte an den ersten Verhandlungstagen bereits aussagen, scheute davor aber zurück. Zunächst hatte sie darum gebeten, per Video von außerhalb vernommen zu werden, um nicht in den Gerichtssaal zu müssen. Als dies abgelehnt wurde, informierte sie das Gericht kurz vor ihrem Erscheinen über den Verdacht einer Corona-Infizierung.

Zunächst sollen aber ein Polizist und ein halbes Dutzend Bekannte des Angeklagten aussagen.

 
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  • Albatros
    "Denn sein Drogenkonsum wirft die Frage auf, ob er - wenn sich seine Schuld herausstellt - für die mutmaßliche Tat verantwortlich gemacht werden kann". Dies darf künftig nicht mehr die Fragestellung sein, denn das Opfer kann nicht für die Sucht des Täters zur Rechenschaft gezogen werden. Unsere Gesetzesgebung ist reformbefürftig, wir müssen hin zur Schuldzuweisung und nicht zur Schuldabwehr. Straftaten unter Alkohol- und Drogeneinfluss müssen strafverschärfend wirken und nicht die Täter zu Opfern stilisieren. Die gängige Rechtsprechung ist die Kapitulation vor den Opfern, welche durch die Urteile obendrein noch verhöhnt werden. Auch sollten künftig nicht Gutachter die heimlichen Richter in deutschen Gerichtssälen sein, zu oft haben sich die Gutachten als falsch oder fehlerhaft erwiesen und dadurch falsche Urteile erwirkt.
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