"Das sind Sachen, die nimmt man mit – die möchte man aber nicht einsetzen," sagt Rettungsassistentin Jana Kirchhoff, die für die Johanniter arbeitet. Sie meint ein Tubus Notfall-Set zur Atemwegssicherung und den Defibrillator, der lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen durch starke Stromstöße bekämpft, um die normale Herzaktivität wieder herzustellen. Gemeinsam mit Kollegen von Maltesern und Bayerischem Rotem Kreuz versieht sie auf der Landesgartenschau (LGS) den Sanitätsdienst.
Auch wenn die Einsätze auf der LGS meist kleinere Hilfseinsätze sind: „Einen Herzinfarkt hatten wir hier auch schon“, bestätigt Notfallsanitäter Matthias Neuhöfer (Johanniter).
Der Sanitätsdienst auf der Gartenschau ist eine bunt gefächerte Aufgabe, die Verantwortungsbewusstsein abverlangt, Wissen und Können und vor allem Einfühlungsvermögen voraussetzt, die aber auch immer wieder schöne, lockere Stunden bringt. Ein Dienst in Dauerbereitschaft, seit Wochen und Monaten schon bei Hitzegraden. Die Rettungsdienste organisieren ihn gemeinsam; die Sanitäter versehen ihren Dienst abwechselnd.
Trotz der Temperaturen von oft über 30 Grad Celsius „haben wir viel weniger Patienten mit Kreislaufproblemen, als wir befürchtet hatten“, erläutert die junge Frau. Die meisten Menschen hätten sich auf die hohen Temperaturen eingestellt. Dass die Sanitäter dennoch gefordert sind, liegt in der Natur der Sache.
Rettungshubschrauber kam wegen Wespenstich in die Zunge
In der Natur im wahrsten Sinne finden sich hier natürlich auch Bienen und vor allem Wespen. Die Wespen spielen auch auf der LGS verrückt und stechen manchmal harmlos, manchmal lebensbedrohlich. Von einem Vorfall vom vergangenen Sonntag weiß auch ein Besucher, der seinen Namen nicht genannt haben will.
Er beobachtete, wie ein Rettungshubschrauber landete, der Notarzt ausstieg und den Patienten suchte. Nach ersten Informationen rannte der Arzt zurück in den Hubschrauber. Der hob ab, um 500 Meter weiter wieder auf der Wiese aufzusetzen. Der Arzt war somit schneller bei seinem Patienten, der von einer Wespe in die Zunge gestochen worden war, als wenn er nach dem ersten Aufsetzen des Helikopters gelaufen wäre, berichtet der Mann.
Jede Sekunde zählt
Wegen Erstickungsgefahr bei Schwellungen im Mund- und Rachenbereich zählt in solchen Fällen jede Sekunde vom Alarm in der Leitstelle über die Entscheidung, ob Rettungswagen oder Hubschrauber geschickt werden, bis hin zum Eintreffen des Notarztes und zur Versorgung des Patienten mit den notwendigen Behandlungsschritten und Medikamenten. Spielen sich auf der LGS Dramen wie diese ab, sind sie auf dem weitläufigen Gelände nicht zu übersehen und nicht zu überhören.
Deswegen haben die Sanitäter an ihrem Standort direkt neben der Blumenhalle auch einen Aufenthaltscontainer, in dem Patienten versorgt werden können. Er ist von außen nicht einsehbar. Ausgestattet ist er mit einer Liege, Klimaanlage, einer Trage oder Rollstuhl, Notfallrucksäcken und einem Lager für Material vom Blasenpflaster über Kühlkompressen bis zum Defibrillator, mit einem kleinen Schreibtisch und Sitzgelegenheiten. Selbst bei längerem, wenn auch harmlosen Nasenbluten ist mancher Patient dankbar, dem Publikum draußen zu entkommen.
Mit Fahrrädern schnell zum Patienten unterwegs
Vor Ort spielt sich ein solcher Einsatz meist so ab, dass die Sanitäter gerufen werden mit Hinweisen wie "Da ist jemand gestürzt!" oder "Da geht's jemand nicht so gut!" berichtet Einsatzsanitäterin Regina Schulze (Malteser). Der Alarm kommt zum Beispiel vom Gastronomen, von Mitarbeitern an den Eingängen, von der Security auf dem Gelände oder Leuten, die zur Sanitätsstation laufen. Dann schnappen sich die Sanitäter ihren Notfallrucksack, schwingen sich aufs Fahrrad und sind in kürzester Zeit beim Patienten.
In den Notfallrucksäcken haben sie Mittel zur Basisversorgung wie Verbände, Schienen, Kühlpacks, Blutdruck- und Blutzuckermessgeräte und die Notfall-Sets. Medikamente haben sie nicht dabei - die dürfen sie nicht verabreichen, außer eventuell eine Infusion mit Kochsalzlösung, sagt Kirchhoff. Für die Sanitäter geht es um eine erste Diagnose und die Alarmierung der Leitstelle, wenn nötig. Die Sanitäter halten den Patienten stabil, bis der Rettungswagen da ist. Kleinere Verletzungen oder Kreislaufprobleme versorgen sie ausschließlich selbst.
Orientierungspunkte auf der Landesgartenschau
Üblicherweise versehen die Sanitäter den Dienst vor Ort zu zweit und haben durch die Security in unmittelbarer Nachbarschaft wertvolle Hilfe, denn auch die ist über Funk verbunden und ruft im Zweifel den Rettungsdienst mit Notarzt. Am Wochenende sind fünf Sanitäter gleichzeitig auf der LGS, je nach Feiertag und Veranstaltung manchmal mehr. Immer sind sie für die LGS-Besucher ein Orientierungspunkt, gut sichtbar mitten im Gelände. Da werden auch viele Fragen beantwortet. Wo bekommt man Tabletten her, die ein Besucher zuhause vergessen hat? Wo ist die nächste Apotheke? Oder auch nur: Wo ist die nächste Toilette?
Zwischen fünf bis zehn Hifeleistungen und etwa zwei dringendere Einsätze verzeichnen die Sanitäter am Tag. Einige von ihnen versehen ihren Dienst ehrenamtlich und erhalten als Anerkennung einen kleinen Obolus. Für alle zählt zuerst der Dienst am Menschen. Aber natürlich auch die Abwechslung auf dem Gelände.