Die Rimparer Synagoge, ein einmaliges Zeugnis jüdischen Lebens in Franken, soll abgerissen und in dem Museumsdorf Fladungen wiederaufgebaut werden. So zumindest, wenn es nach dem Rimparer Marktgemeinderat geht, der sich vor kurzem einstimmig in einem Beschluss dafür ausgesprochen hat. Die Entscheidung kam überraschend. Ein Kreis von Bürgern, der sich seit längerem für eine Sanierung und Erhaltung des Synagoge einsetzt, wurde dabei übergangen. "Ich war schockiert, als ich das gehört habe", berichtet Sprecherin Hannelore Mintzel, die sich zum Zeitpunkt der Sitzung auf einer Studienreise befunden hat.
- Lesen Sie auch: Kommentar: Ein Erinnerungsort würde verschwinden
Noch ist nicht entschieden, dass es auch wirklich so weit kommt: Noch im März wollen Experten aus Fladungen gemeinsam mit Vertretern der Behörden die Synagoge besichtigen. Während die Gemeinde sich außer Stande sieht, die im Millionenbereich liegenden Kosten – bei einer möglichen Förderung von maximal nur 60 Prozent, wie Bürgermeister Burkard Losert erklärte– aufzubringen, fordern die Bürger seit längerem die Sanierung und den Erhalt der 1792 errichteten Synagoge. "Wir sollten uns unserer Vergangenheit stellen und sie nicht auf billige Art und Weise entsorgen", erklärt Mintzel, die frühere Rektorin der heutigen Mittelschule.
Im Jahr 2008 fand sich ein Kreis zusammen, der 160 Unterschriften sammelte und sich für den Ankauf eines angrenzenden Grundstücks einsetzte. Dies scheiterte jedoch 2010 an der damals prekären und auch heute knapp bemessenen Finanzlage der Gemeinde. Dabei ist der große kulturgeschichtliche Stellenwert der Rimparer Synagoge unumstritten: Schon von der Straße aus sind einige Besonderheiten zu entdecken: Am Giebel befindet sich ein Chuppastein, den es bei einer Hochzeitsfeier mit einem Glas zu treffen galt, rechts daneben ist das Dach des in Franken einmaligen achteckigen Treppenturms zu erkennen, der bei der Erweiterung von 1852 als Zugang zur Frauenempore errichtet wurde. Ins Augenmerk einer größeren Öffentlichkeit rückte die Synagoge 1996, als die bekannte US-amerikanische Bankier-Familie Lehman auf Spurensuche nach ihren familiären Wurzeln Rimpar besuchte.
Synagoge nur über Scheune zu betreten
Schwierigkeiten bereitet der Zugang in die Synagoge, die zum Teil bis an die Grundstücksgrenze von Häusern eingebaut ist. Dem war jedoch nicht immer so: Zwar war es 1792 eine Auflage, dass die Synagoge von der Straße abgerückt errichtet werden musste, sie war jedoch noch mindestens bis 1938 über einen Zugang von der Marktstraße aus zu erreichen. Erst in den letzten Jahrzehnten entstanden Neubauten, die zum Teil bis an die Grundstücksgrenzen errichtet wurden. Heute ist sie nur noch über eine Scheune des Eigentümers zu betreten. In den hinteren Teil seines Grundstücks gelangt er nur noch über eine Leiter.
All dies hat dem Gebäude nicht gutgetan. Zwar hat der Eigentümer den Turm neu gedeckt, der eigentliche Gebetsraum ist jedoch nicht mehr zu betreten. Die Decke, die nur noch von einem Hautbalken gehalten wird, droht einzustürzen. Offen liegende Holzstreben wirken marode. Seit Jahren ungenutzt, haben sich Dreck und Spinnweben angesammelt.
Offensichtlich konnte die Gemeinde Rimpar kürzlich ein augenscheinlich leer stehendes Gebäude an der Marktstraße erwerben. Umso mehr sind die Unterstützer der Synagoge irritiert, dass nun auch noch die Synagoge verschwinden soll: "Ein Zugang, wofür wir so lange gekämpft haben, ist damit doch zum Greifen nahe", stellt Mintzel fest. Nun ließe sich etwa der seit längerem angedachte Förderverein gründen. Wie solle sie ihren aus Deutschland vertriebenen, jüdischen Briefpartner erklären, dass nun die Synagoge, im denen manche noch selber gebetet haben, verschwindet? Vielen Gemeinden in der Gegend sei es gelungen, ihre jüdischen Gebetshäuser zu sanieren, zuletzt in Arnstein: "Warum soll das ausgerechnet bei uns nicht möglich sein?", fragt sie.
Spätestens Ende der 70iger Jahre hätte die Gemeinde aktiv werden müssen. Gemeinde und Bürgermeister schlafen dazu seit über 40 Jahren. Es wird Zeit, dass Bürger und Gemeinde aufwachen, und dieses einmalige Denkmal erhalten. Eine Restaurierung ist eine Investition in die Zukunft, vor allem für künftige Generationen.
Der einstimmige Beschluss des Gemeinderats zum Abbau und Umzug der Synagoge ins Freilichtmuseum ist ein Skandal und zeugt von fehlendem historischen Bewusstsein und historischer Verantwortung.
Denn für alles, was politisch gewollt ist, ist immer Geld vorhanden!
Im Hessen-Park bei Oberursel gibt es bereits 2 Synagogen, ja Hessen ist da in allem weiter als das sonst so hochgelobte Bayern...
Bin mal gespannt, wie lange es dauert, bis entschieden wird, was mit der Synagoge in Rimpar geschehen soll.
Sie muss im Ort bleiben. Das Schloß steht ja auch noch.
Sehr schön Ihr Kommentar. Ist eigentlich bekannt, dass nach 1945 mehr Synagogen zerstört worden sein sollen, als 1938?
Schauen Sie doch mal, was aus der Synagoge Niederwerrn wurde. Eine Bibliothek.
Wo ein Wille ist, ist doch auch ein Weg.
Aber neue Fußballplätze und sonst was zu bauen, dafür ist immer Geld da.
Ich wünsche dem Förderverein gutes Gelingen. Aber vorher abklopfen, in welcher Trägerschaft es mehr Förderung gibt.
Ich würde glatt was für die Restaurierung spenden.
Eine fachliche Aufarbeitung des Gebäudes und seiner Geschichte kann in Fladungen hervorragend geschehen - das beweisen auch die anderen Gebäude dort!
Dieses schöne Gebäude könnte in Fladungen sicherlich sehr gut zur Geltung kommen. Die Umstände in Rimpar sind aufgrund der Gebäude außenrum sehr prekär - und das seit mind. 1938!
Ich denke eine Umsetzung ist eine einmalige Chance - für Rimpar und für Fladungen - was den einheimischen "Freundeskreis" betrifft: wie groß und glaubwürdig ist die "Liebe" zur Synagoge wenn sich erst seit 2008 "intensiver" um eine Restauration bemüht wird? - Restaurationen historischer Gebäude sind bereits seit den 70ern an vielen Orten erfolgt - so groß kann die Verbundenheit also nicht sein.
Es kann nicht sein das die Marktgemeinde für alle "erhaltenswerten "Gebäude einspringen soll nur damit ein paar Zeitgenossen nach ihrem Ideen Recht getan werden kann.
Es wurden auch keine Nachbargebäude erworben, denn das hätte die Gemeinde Aus ihrem eh schon klammen Haushalt entnehmen müssen.
Die Sanierung hätte Millionen gekostet, die dann bei anderen wichtigen Objekten fehlt.
Es wäre vor Jahren schon möglich gewesen dieses Bauwerk, als es noch in einem besseren Zustand war abzubauen, und als alleinstehendes Denkmal in einem Freilandmuseum wieder aufzubauen.Das würde jedoch von den jetzt erbosten Bürgern verhindert.
Also erst richtig informieren und dann meckern.
Man muss nicht immer mit unendlich viel Geld der Allgemeinheit irgendwelchen uralten Dinge erhalten. Das Geld kann sicher sinnvoller genutzt werden. Wer 50% seiner Energie vergeudet um nach hinten zu blicken, der hat nur noch 50% übrig um die Zukunft zu gestalten!
Das die klamme Gemeinde die evt. einmalige Chance mit dem Museum in Fladungen ergreifen möchte kann ich gut verstehen. Die Kosten vor Ort sind hoch, ein mögliche nachfolgende kostendeckende Gebäudenutzung nur schwer vorstellbar - eine Synagoge wird in Rimpar aus traurigen Gründen wohl nicht mehr benötigt, eine "Umwidmung" wäre ein Frevel bzw. auch aus anderen Gründen kaum möglich - und ein Museum o.ä. wäre mit weiteren hohen Unterhaltskosten verbunden.
2. „Wer seine Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“ Nach hinten zu blicken, ist niemals vergeudete Zeit - denn ansonsten wäre jeder Geschichtsunterricht infrage zu stellen.
3. Ich stelle noch einmal die Frage: Wie würde man wohl entscheiden, wenn es hier um eine Kirche ginge?
Die Aussagen das "finanzielle Gründe nur vorgeschoben sind" und wenn "man will, dann kann man auch!" halte ich für völlig naiv - ich hoffe nach ihren Aussagen das sie hoffentlich keine Verantwortung für öffentliche Gelder tragen! - mir ihren Argumenten kann man in jeden Dorf alles fordern! Schwimmbäder, Theater, goldene Gehsteige usw. - und am Ende jammern die gleichen Personen das die Steuerbelastung zu hoch ist...
Es gibt Gemeinden die sich eine Restaurierung leisten könnten; Gemeinden die ein brauchbares Konzept aufzubieten haben etc. - Rimpar gehört wohl leider nicht dazu - oder es achtet einfach auf seine Finanzen - der nachfolgenden Generation vor Ort eine vierstellige Pro-Kopf-Verschuldung zu hinterlassen kann zukünftig der Todesstoß kleiner Gemeinden sein die miteinander um Einwohner konkurieren.
Ich bin auch keineswegs naiv, schließlich fordere ich keine „goldenen Bürgersteige“. Aber was ich nicht verstehe, ist, dass eine Gemeinde mit über 7000 Einwohnern und entsprechend hohem Einkommenssteueranteil angibt, sich eine Sicherung des Bestands nicht leisten zu können. Wie ja bereits im Artikel zu lesen ist, würde sich ja sogar ein Förderverein gründen, um eine Restaurierung zu schultern. Aber da man anscheinend nicht mal mit denjenigen reden will, offenbart sich dadurch doch schlicht das fehlende Interesse.
Identitätsstiftende Objekte zu erhalten, ist eine Investition in die Zukunft!