Wie vom Blitz getroffen fühlen sich derzeit viele Apotheker in Deutschland, manche bangen um ihre Existenz. Grund: Das Rechenzentrum AvP in Düsseldorf ist überraschend pleite. Angegliederte Apotheker bekommen für die Medikamente, die sie auf Rezept ausgeben, kein Geld mehr. Die Summen, um die es geht, sind enorm.
Getroffen hat es unter anderem Andrea Schneider, die in Ochsenfurt (Lkr. Würzburg) und im benachbarten Marktbreit (Lkr. Kitzingen) zwei Apotheken mit zusammen 25 Beschäftigten führt. Schneider wartet seit der AvP-Pleite Mitte September nach eigenen Worten auf 80 000 Euro.
Ob sie das Geld jemals bekommt, weiß die Apothekerin nicht. Denn es ist generell unklar, was mit den Rezepten, die bei AvP nun auf Halde liegen, passiert. Für Schneider eine Katastrophe: "Wir leben von den Rezepten." Gut 80 Prozent ihres Geschäfts mache sie damit. "Ich schlafe seit zwei Wochen sehr schlecht."
Empört ist auch Beatrice Guttenberger, die ebenfalls in Ochsenfurt eine Apotheke hat. Zwar arbeite sie nicht mit AvP zusammen, doch das Abrechnungssystem sei grundsätzlich ein Nachteil für die Apotheker, so Guttenberger im Fachportal "Apotheke adhoc". Dort zeigt sie sich von der Politik derart enttäuscht, dass sie den Austritt aus der CSU ankündigt.
Die Folgen der AvP-Pleite und besonders Guttenbergers Protest haben in Fachkreisen Wellen geworfen. In einem Video-Chat von "Apotheke adhoc" machten am Donnerstag reihenweise Apotheker aus Deutschland ihrem Unmut Luft, manche sprechen wie Andrea Schneider von Existenzangst.
Das kann Bernward Unger aus Dettelbach (Lkr. Kitzingen) gut verstehen. Der unterfränkische Bezirksvorsitzende im bayerischen Apothekerverband geht davon aus, dass es um fünf- oder gar sechsstellige Beträge geht, auf denen die an der AvP hängenden Apotheken momentan sitzenbleiben. Für diese Misere "können all die Kollegen ja nichts", sagt Unger. Wenn der Umsatz eines ganzen Monats plötzlich fehle, "dann ist das so schnell nicht zu beheben".
"Das ist wie bei einer Firma, bei der alle Kunden gleichzeitig nicht mehr bezahlen", beschreibt Apothekerin Andrea Schneider ihre Lage. Sie überlebe im Moment nur dadurch, indem sie auf Rücklagen und privates Geld zurückgreife.
Wer AvP ist und wie es weitergeht
AvP ist eines von 18 Apotheker-Rechenzentren in Deutschland. Der Marktanteil in Bayern liege bei zehn bis zwölf Prozent, erläutert Sprecher Thomas Metz vom Apothekerverband in München. Er gehe davon aus, dass von den 3047 Apotheken im Freistaat etwa 300 von der AvP-Pleite betroffen sind. Wie viele es in Unterfranken sind, könne er nicht beziffern.
Wie es mit AvP weitergeht? Geschäftsleiter Ralf Bauer lässt es in einer Mitteilung auf der Firmen-Website offen. Das klassische Geschäft mit den Apotheken sei in Folge der Insolvenz eingestellt worden, das Geschäft mit den Krankenhäusern gehe aber weiter.
Was der Apothekerverband meint
Auch Thomas Metz sieht die AvP-Insolvenz als existenzbedrohend für manche Apotheke an. Der Apothekerverband könne aber nichts dagegen ausrichten: "Letztendlich sind auch wir nur Zuschauer." Man habe sich zur Aufgabe gemacht, die angeschlossenen Apotheken regelmäßig und schnell über den Stand der Dinge rund um AvP zu informieren, so der Sprecher.
Die Schieflage des Dienstleisters in Düsseldorf wirft auch ein Licht auf die Abrechnungsmodalitäten in der Branche. Apothekerin Andrea Schneider zum Beispiel schickte nach eigener Darstellung bislang ihre Rezepte zwei Mal im Monat "in hoch-versicherten Paketen" zu AvP. Etwa zwei Wochen später bekam sie über AvP das Geld von den Krankenkassen. Für diese Dienstleistung zahle sie 0,17 Prozent des Rezepte-Volumens als Gebühr an das Rechenzentrum, so Schneider.
Beispielrechnung: Wie viel der Apotheker am Rezept verdient
Was sie an einem Rezept verdient, macht die Ochsenfurter Apothekerin an einem konstruierten Beispiel deutlich. Kostet ein Medikament 50 Euro, müsse sie samt Aufschlag für den Großhandel 52,28 Euro bezahlen. Verkaufen könne sie es für 62,41 Euro, macht also einen Erlös von rund 10 Euro. Rechne man dann Fixkosten wie Miete und Personal mit ein, bleibe unterm Strich nicht mehr viel übrig.
Schneider betont, dass jene 50 Euro noch ein verhältnismäßig niedriger Preis sei. Manches Medikament koste mehrere tausend Euro. Teure Waren also - und viel Geld, das sie vorstrecken müsse, weil sie nicht direkt mit den Kunden abrechnen kann, sondern über Dienstleister wie AvP.
Was die Pleite für Apothekenkunden bedeutet
Patienten indes müssen wegen der AvP-Pleite indes wohl keine Angst um ihre Medikamente haben. Apotheker könnten die Ausgabe rezeptpflichtiger Medikamente nicht einfach verweigern, nur weil sie derzeit kein Geld bekommen, erläutert Schneider. Der per Gesetz vorgesehene Kontrahierungszwang schreibt vor, dass Apotheker solche Medikamente grundsätzlich herausgegeben müssen.
Sagen wir 10 Minuten. Selbstständige, wie auch Handwerker eine Stunde. Der Tag ist eh noch lang genug für die Hauptarbeit(en). Es geht nichts über eine gute und eigene Finanzbuchhaltung. Aus den Fehlern anderer lernen bevor es ganz zu spät ist.