zurück
Würzburg
Revision eingelegt: Urteil zu Angriff mit Hammer ist nicht rechtskräftig
Weil ein Arbeiter seine Kollegen provozierte, kam es zu einem blutigen Streit. Das Gericht hielt ihn für schuldunfähig. Nun legte die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel ein.
Während eines Streits mit einem Kollegen griff ein 21-Jährige zu einem Hammer und schlug zu. Dafür musste er sich vor dem Landgericht Würzburg verantworten.
Foto: Daniel Peter | Während eines Streits mit einem Kollegen griff ein 21-Jährige zu einem Hammer und schlug zu. Dafür musste er sich vor dem Landgericht Würzburg verantworten.
Jonas Keck
 |  aktualisiert: 15.02.2024 18:27 Uhr

Mehrmals schlug ein 21-Jähriger mit einem Hammer auf den Kopf eines Kollegen ein. Dafür musste sich der Arbeiter vor dem Landgericht Würzburg verantworten. Die Richter hielten den Beschuldigten nicht für schuldfähig, entschieden sich aber gegen eine Unterbringung in der Psychiatrie. Der junge Mann wurde daraufhin in die Freiheit entlassen. Der Oberstaatsanwalt legte nun Revision ein. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig und muss nun vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe geprüft werden.

Die Tat ereignete sich im vergangenen August am Fließband eines Würzburger Entsorgungsunternehmens. Während eines Streits mit einem Kollegen griff der 21-jährige Beschuldigte zu einem Hammer. Er gestand, drei oder vier Mal mit dem Werkzeug auf den Kopf eines 35-Jährigen eingeschlagen zu haben. Einem rechtsmedizinischen Gutachter zufolge erlitt der Geschädigte drei Platzwunden am Kopf, die nicht lebensbedrohlich waren. Im Prozess wurde deutlich, dass der 21-Jährige zum Tatzeitpunkt massiv überarbeitet war. Zwei Arbeitsplätze, die Renovierung des gekauften Hauses und der Kredit hätten ihn belastet.

Psychologischer Gutachter: "Unreife Persönlichkeit"

Ein psychologischer Gutachter stellte eine paranoide Schizophrenie bei ihm fest. Bei dem Angeklagten handle es sich demnach um eine "unreife Persönlichkeit", die nicht über die Fähig­keit verfüge, das Un­recht der Tat zu erkennen. Außerdem gehe vom Beschuldigten eine "erhöhte Gefährlichkeit" aus.

"Menschen, die psychisch krank sind, gehören zu unserer Gesellschaft dazu", sagte der vorsitzende Richter bei der Urteilsbegründung Mitte Mai. Es falle nicht leicht, Menschen in die Freiheit zu entlassen, von denen statistisch gesehen ein erhöhtes Risiko ausgehe. Die Unterbringung in der Psychiatrie sei "eine der schärfsten Sanktionen" des deutschen Rechts. Voraussetzung für die unbefristete Unterbringung in der Psychiatrie sei eine dauerhafte psychische Störung. Doch an der Dauerhaftigkeit der Krankheit hatte das Gericht seine Zweifel. Und im Zweifel sei zugunsten des Beschuldigten zu entscheiden.

"Es ist nicht unsere Aufgabe, allgemeine Gefahrenabwehr auf Verdachtsbasis zu betreiben", lautete die Begründung des Gerichts. Ob der Bundesgerichtshof das genauso sieht, wird sich vermutlich in einigen Monaten zeigen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Jonas Keck
Angeklagte
Bundesgerichtshof
Gefahrenabwehr
Landgericht Würzburg
Lebensgefahr
Oberstaatsanwälte
Psychiatrie
Psychische Erkrankungen
Rechtsmedizin
Schizophrenie
Staatsanwaltschaft
Streitereien
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Walger14591609
    Ist für den Geschädigten womöglich schwer zu verkraften, aber ich vermute auch stark, dass das durchaus angemessen ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • MedDeeg@web.de
    Eine sehr fundierte und für Würzburg erstaunlich rechtsstaatliche richterliche Begründung.

    Dass die Staatsanwaltschaft hier wieder einmal sinnfrei Revision einlegt, überrascht nicht. Mit welchem Ziel?

    Die Voraussetzungen für § 63 StGB sind längst umfassend durch das Bundesverfassungsgericht geklärt, der BGH muss hier also gar nicht viel "entscheiden".

    Und es wäre auch nicht das erste Mal, dass die Generalbundesanwaltschaft der Staatsanwaltschaft Würzburg den dringenden Rat gibt, die unsinnige Revision zurückzunehmen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • saf.wuerzburg@t-online.de
    Sie tun gerade so, als wären Sie beim Prozess dabei gewesen ...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten