
Deutschlands Psychotherapeuten sind alarmiert: Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will nämlich das Recht auf freie Therapeutenwahl einschränken. Dies ist einem Zusatz zum „Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung“ zu entnehmen, das die Bundesregierung im September in den Bundestag eingebracht hat. Laut diesem Zusatz soll „eine gestufte und gesteuerte Versorgung für die psychotherapeutische Behandlung“ eingeführt werden . Psychotherapeuten interpretieren diesen Zusatz dahingehend, dass Patienten künftig ihren Behandler nicht mehr selbst wählen dürfen. Stattdessen würden „ausgesuchte Therapeuten“ mit „bislang unklaren Qualifikationen“ in Voruntersuchungen entscheiden, welchem Hilfs- oder Therapieangebot die Betroffenen zugeführt werden, warnt Vorstandsmitglied Ariadne Sartorius vom Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten.
Warum ein Begutachter aus Sicht der Therapeuten nachteilig wäre
„Wenn Spahn mit seinem Vorschlag durchkommt, würde eine Art Begutachter vorgeschaltet, der Patienten ob ihres Therapiebedarfs abcheckt“, sagt Benedikt Waldherr aus Landshut, der Bundesverbandsvorsitzende der Vertragstherapeuten. „Es läge dann in der Hand des Begutachters, zu entscheiden, ob der Patient eine Verhaltenstherapie braucht, eine Gesprächstherapie oder eine Selbsthilfegruppe“. Warum wäre der Begutachter für Patienten nachteilig? „Weil ein Vorentscheider ein zusätzliches Hindernis auf dem Weg eines Patienten zur Therapie wäre“, sagt Waldherr. Der Weg zur Therapie sei nämlich für viele Patienten ohnehin steinig genug.
Allein schon die Aufgabe, einen Erstkontakt herzustellen, fordere gerade psychotische und schwer depressive Patienten stark heraus. Müssten Patienten sich mehreren Therapeuten hintereinander öffnen und zuallererst einem, der nicht zum Helfen, sondern zum Begutachten da sei, dann wäre das kontraproduktiv. „Manche Behandlungsbedürftige würden sich dann wohl gar nicht melden“, vermutet Waldherr. Deshalb sieht er Spahns Gesetzesentwurf als verkappten Sparkurs - wie viele seiner Psychotherapeutenkollegen.

Auch Psychotherapeut Erich Limmer, der das Würzburger Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie leitet, befürchtet eine „Rationierung von Behandlungsleistungen“ als Folge des Spahn’schen Plans. Angesichts der Zunahme psychischer Erkrankungen und des steigenden Bedarfs an Therapeutensei eine Rationierung aber grundverkehrt. Zur Begründung verweist Limmer auf zahlreiche Untersuchungen auch durch Krankenkassen, die zweifelsfrei bewiesen, dass Psychotherapie Krankheitstage vermindere und die Arbeitsleistung steigere: „Wer an Psychotherapie spart, spart an der falschen Stelle“.
Limmer zufolge hätte das Gesetz, käme es denn, aber nicht nur für Patienten Negativ-Folgen, sondern auch für Therapeuten: „Wird uns ein Vorentscheider vorgesetzt, ist das für uns Psychotherapeuten ein Schlag ins Gesicht. Wir werden entwertet und in einer gewissen Weise entmündigt.“ Der Ärztliche Direktor der Heiligenfeld Kliniken, Dr. Jörg Ziegler, sieht Jens Spahns Vorstoß sogar als "Angriff auf die Psychotherapie".
Wie die Psychotherapeuten gegen das Gesetz vorgehen wollen
Durch eine Petition hoffen Deutschlands Therapeuten jetzt, den „in letzter Minute in den Kabinettsentwurf eingefügten Zusatz“ noch zu kippen. Unter dem sperrigen Titel „Petition gegen den im Kabinettsentwurf des TSVG vorgesehenen, diskriminierenden und das Recht auf freie Arztwahl missachtenden Eingriff in die Versorgung psychisch kranker Menschen“ steht die Petition online und kann noch bis zum 13. Dezember unterzeichnet werden. Beim TSVG handelt es sich um das „Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung“, das unter anderem einen schnelleren Zugang zu Facharztterminen ermöglichen soll.
Mittlerweile haben über 50 000 Bürger die Petition der Psychotherapeuten unterzeichnet. Die Überschreitung der 50 000er Grenze bedeutet, dass Petenten ihr Anliegen persönlich dem Petitionsausschuss vortragen können. Genau das wollen die Psychotherapeuten am 13. Dezember im Bundestag in Berlin tun.
2. Psychisch Kranken wird ein Hürdenlauf zugemutet, der sie unnötig belastet und gegenüber anderen Patientengruppen benachteiligt. Es entsteht ein neues Nadelöhr vor der eigentlichen Behandlung.
3. Mit der Reform der Psychotherapie-Richtlinie 2017 sind neue Strukturen eingeführt worden, deren Auswirkungen zunächst erfasst und evaluiert werden müssten, bevor über neue Eingriffe entschieden werden kann.
4. Der Entwurf zum § 92 diskriminiert darüber hinaus auch die psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten, die aufgrund ihrer Fachkunde und Zulassung alle über die Qualifikation zur Diagnostik, Indikationsstellung und Behandlungsplanung verfügen.
5. In einer Studie einer Krankenkasse wurde nachgewiesen, dass Psychotherapeuten korrekte Behandlungsindikationen stellen.
6. Mehrere unabhängige Versorgungsstudien belegen, dass in Deutschland mit gutem Erfolg und zur hohen Zufriedenheit der Patienten behandelt wird und die Behandelten zuvor nachweislich erheblich psychisch belastet waren.
7. Das geplante Vorgehen bindet unnötig die Ressourcen von Ärzten und Psychotherapeuten, die damit der eigentlichen psychotherapeutischen Behandlung entzogen werden.
Wird Zeit, dass er sich mal aus der Politik zurück zieht, wer hat davon ja eh keine Ahnung. Soll lieber Hallen-Halma spielen oder Cornflakes zählen...