Ihr "Geschäftsmodell" mit ungewöhnlichen Liebesdiensten hat eine Sex-Arbeiterin aus dem Landkreis Würzburg auf die Anklagebank im Amtsgericht geführt. Als sogenannte Finanz-Domina soll sie im Internet ihren Kunden, die in der Sado-Maso-Welt Kontakt suchten, geheime Vorlieben entlockt und sie dann mit Drohungen absichtlich gequält haben. Für ihr Schweigen, ließ sie die Männer zahlen.
Finanz-Domina, kurz Fin-Dom, nennt sich der junge Zweig in der Branche. Sex-Arbeiterinnen wie die Angeklagte nennen ihre Kunden rüde "Cash-Sklaven" oder "Bezahlschwein" und geben sich ihnen gegenüber als dominierende "Geldherrin".
Grenzen überschritten und strafbar gemacht?
Das dreiköpfige Gericht in Würzburg steht seit diesem Montag nun vor der schwierige Frage, wo die Grenze zwischen ungewöhnlicher Lusterfüllung und strafbarer Handlung zu ziehen ist: Hat eine überzogene Geldgier die Domina auf die Anklagebank gebracht? Oder hat sie beim Rollenspiel unbemerkt eine Grenze überschritten, als ihren Kunden die Geldzahlungen zu viel wurden, sie aber nicht von ihren Forderungen abrückte und die "virtuelle Leine" nicht los lies?
Sieben Fälle von Erpressung listet die Anklage gegen die Frau aus dem Landkreis Würzburg auf: Sie soll dabei Kontakt mit Kunden aufgenommen haben, die Erniedrigung suchten. Manche schickten ihr daraufhin peinliche Bilder und äußerten intime Wünsche.
Laut Anklage mal 25 Euro verlangt, mal 11 000 Euro erpresst
Die Domina nutzte Vertrauen und Wissen - und forderte offenbar Geld für ein Auto, das Bezahlen eines Urlaubs oder Amazon-Gutscheine. Bei einem Kunden waren es laut Anklage nur 25 Euro, bei einem anderen mehr als 11 000 Euro. Einem Mann aus München soll die Finanz-Domina die Adresse entlockt haben. Von einer Freundin ließ sie sein Haus fotografieren und schickte ihm die Aufnahme – mit der Drohung, verfängliche Bilder auch seiner 14-jährigen Tochter zu zeigen.
Richter Thomas Behl macht zu Beginn der Verhandlung deutlich, dass er das Handeln der Angeklagten für strafbar hält. Der Aufwand, wegen einer 25-Euro-Erpressung viele Zeugen vorzuladen, wäre – gerade unter Corona-Bedingungen - indes hoch. In der Hoffnung auf eine zeitsparende Verständigung hat der Amtsrichter zunächst keine Zeugen geladen.
Staatsanwalt lässt sich nicht auf Verständigung ein
Doch der Staatsanwalt lässt sich nicht überzeugen. Für ein Geständnis in zwei relevanten Fällen will er die fünf geringfügigen Fälle nicht einstellen und eine Bewährungsstrafe zu akzeptieren, wie sie dem Verteidiger vorschwebt. Der wiederum verweist darauf, dass einige der Kunden weiter ihrer Leidenschaft nachgehen – bei anderen Sex-Arbeiterinnen. In Internet-Chats würden die angeblich von seiner Mandantin erpressten Männer ihr versichern: "Du kannst nichts dafür, das ist meine Vorliebe" oder "Ich bin selbst schuld, dass mein Geld weg ist".
Der Richter rollt da gequält die Augen: "Dem Gericht lag an einer Verständigung, die erlaubt hätte, die Taten milde zu behandeln", sagt Behl. "Aber wer Milde nicht will, kriegt auch keine."
Jetzt werden zahlreiche Zeugen gehört werden müssen, was die Wahrheitsfindung bis weit ins kommenden Jahr dehnt. Der Domina droht indes noch ein zweiter Prozess im Zuge ihrer Geschäfte - wegen Tierquälerei.