Zum 40. Mal lädt die Stadt Röttingen im südlichen Landkreis Würzburg heuer zu den Frankenfestspielen auf Burg Brattenstein. In die Theatersaison gestartet wurde am Donnerstagabend mit der Uraufführung der musikalischen Komödie "Das Spukschloss im Spessart".
1820 wird eine berüchtigte Räuberbande geschnappt und zur Strafe in einem alten Wirtshaus im Spessart eingemauert. 140 Jahre später muss dieses einer Autobahn weichen. Die Geister der Räuber werden durch den Abriss befreit und ziehen nun als Gespenster in das nahe gelegene Schloss der Gräfin Charlotte (Antonia Donata Schwingel) ein, die kurz vor dem finanziellen Ruin steht.
Um ihre Missetaten wiedergutzumachen, versprechen die Geister etwas Gutes zu tun. Die Notlage der Gräfin kommt ihnen da gerade recht. Allerdings ist gut gemeint nicht immer gut gemacht - und so stolpern sie von einem Schlamassel in den nächsten.
Die wirtschaftliche Lage des Schlosses ist desolat. Die Gräfin und deren Tante Yvonne (Angela H. Fischer) sind verzweifelt - und auf dem Grundstück spioniert bereits der Sohn eines Hotelbesitzers (Manuel Jadue) herum, der das Schloss in ein Luxusressort verwandeln möchte. Wie desolat die Lage tatsächlich zu sein scheint, bemerken die Zuschauerinnen und Zuschauer spätestens, als Tante Yvonne ihren Mann Ernst-Theodor (Alexander Voigt) auffordert, doch unbedingt eine Schlossführung zu machen: "Du musst das heute machen! Vor dem Eingangstor stehen mindestens zwölf Mark fünfzig!"
Schließlich schlägt Oberregierungsrat von Teckel (Alexander Voigt) vor, einen ausländischen Staatsgast im Schloss unterzubringen. Als Prinz Kalaka (Alessandro Gebhart) mit einer Menge Schmuck im Gepäck erscheint, wittern die Geister ihre Chance, der Gräfin zu helfen, und klauen diesen kurzerhand. Fälschlicherweise wird jedoch die Gräfin verdächtigt und die Geister müssen sich einiges einfallen lassen, um sie aus dieser misslichen Lage zu befreien.
Wenn man die letzten 140 Jahre verschlafen hat...
Doch das ist gar nicht so einfach, wenn man unsichtbar ist und noch dazu die letzten 140 Jahre verschlafen hat. Irritiert von all der neuen Technik, kämpfen sie sich durch den Alltag der 1960er: "In dem Schrank ist Winter", bemerkt einer der Geister (Chris von Mohring), als er in der Küche auf der Suche nach etwas Essbarem ist, und der einzige weibliche Geist (Frederike Faust) gibt sich größte Mühe, den Musiker aus dem Radio hervorzulocken: "Jetzt komm` doch endlich da raus!"
Mit einem alten Rundfunk-Röhrenempfänger an der Wand, einer Bettflasche aus Blech und Möbeln aus vergangenen Jahrzehnten wird eine Kulisse auf die Bühne gezaubert, die die Zuschauenden genauso in die 60er Jahre versetzt wie viele musikalische Einlagen.
Mit viel Liebe zum Detail entstand im Innenhof von Burg Brattenstein eine Schlosskulisse, die sich auch immer wieder in andere Örtlichkeiten verwandelt. So nimmt das Ensemble das Publikum unter anderem mit an die Riviera, in ein Gefängnis und auf die Straße zu einer rasanten Verfolgungsjagd mit Autos.
Die Theaterversion des Stücks beruht auf dem gleichnamigen Film von 1960. Regisseur und Autor Lars Wernecke konzipierte eine Bühnenfassung, die den Charakter der 60er-Jahre erhält und dennoch nicht aus der Zeit gefallen wirkt. Mit viel Wortwitz, Anspielungen und Spitzen macht er aus dem Klassiker eine kurzweilige Inszenierung, die das Publikum über zweieinhalb Stunden bestens unterhält.
Zu sehen ist "Das Spukschloss im Spessart" noch am 23. und 24. Juni sowie am 9., 16., 20. Juli und 5., 6., 19. und 20. August. Karten: frankenfestspiele-roettingen.de