Am Donnerstag ist Antonia Linder, ehemalige langjährige Schauspielerin am Mainfranken Theater, nach langer Krankheit im Alter von 87 Jahren in Ingolstadt gestorben. "Die Toni", wie selbst ihr Sohn Bernhard sie nannte, war von 1985 bis 2000 (mit einem Zwischenspiel von 1989 bis 1991 in Münster) eine der "tragenden Säulen" des Theaters, wie es der Regisseur Georg Rootering formuliert. Rootering war von 1993 bis 1997 Oberspielleiter in Würzburg und hat auch danach immer wieder mit ihr gearbeitet.
Geboren 1935 in eine Theaterfamilie in Mannheim, aufgewachsen in Berlin, wurde Antonia Linder dort schon mit 17 an die Max-Reinhard-Schauspielschule aufgenommen. Mit 19 debütierte sie in ihrer Geburtsstadt als Gretchen, weitere Stationen waren Freiburg, Esslingen und Ingolstadt.
Nach dem Scheitern ihrer Ehe mit dem Regisseur Max Löhlein startete Antonia Linder 1972 als alleinerziehende Mutter ihre zweite Karriere – nun spielte sie nicht mehr die jungen Frauen, sondern die großen, tragenden Rollen. "Sie hatte diese großartige Kraft und auch das Vermögen, diese Figuren zu gestalten", sagt Rootering und meint damit Frauen wie die "Irre von Chaillot" von Giraudoux, die einer Bande von skrupellosen Spekulanten das Handwerk legt, Dürrenmatts "alte Dame" Claire Zachanassian oder die Hekabe des Euripides, die Rache an den Mördern ihrer Kinder nimmt.
Publikum wie Kollegen schätzten ihre Offenheit und ihren Humor
Textsicherheit, Zuverlässigkeit und aktive Mitarbeit bei der Gestaltung ihrer Rollen einerseits und nahezu unvergessliche Präsenz auf der Bühne waren ihre Markenzeichen. Regisseur Rootering: "Das war eine tolle Mischung. Sie war sehr klug, hat sich eingehend mit ihren Rollen befasst und eben auch die Dinge hinterfragt." Mit ihrem feinen Humor und ihrer großen Offenheit sei sie vom Ensemble wie vom Publikum gleichermaßen geschätzt worden: "Sie war eine große Kommunikatorin."
Ihr Sohn Bernhard Löhlein hat selbst zwar nicht die Theaterlaufbahn eingeschlagen, die Zeit an der Seite seiner Mutter aber sehr genossen: "Sie hat immer sehr darauf geachtet, dass es mir an nichts fehlte. Ich war in den Proben dabei und habe in den Premieren mitgefiebert." Auch Tonis Professionalität hat ihn beeindruckt: "Ich kann mich erinnern, dass sie jeden Tag eine Stunde lang Stimm- und Atemübungen machte."
Nach ihrem Abschied aus dem Festengagement übernahm Antonia Linder auf freier Basis Rollen, bis auch das zu beschwerlich wurde. Ihre letzten Jahre in Würzburg, bevor sie schließlich 2014 in die Nähe der Familie ihres Sohns nach Ingolstadt zog, engagierte sie sich bei den Karmeliten im Reuererkloster, wo sie gelegentlich Dienst als Mesnerin tat. "Sie war immer schon tiefgläubig gewesen, und das blühte im Alter noch einmal richtig auf", erzählt Sohn Bernhard.
Antonia Linder wird am Montag, 2. Januar, um 13 Uhr auf dem Ingolstädter Westfriedhof beerdigt.