Ausgerechnet ein Polizist soll in Helmstadt (Lkr. Würzburg) den fürsorglichen Helfer für einen Schwerkranken gemimt haben, um an dessen Vermögen zu kommen. Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat den Polizisten jetzt wegen Betruges angeklagt. Aber möglicherweise war das nicht das schlimmste Vergehen.
Verkaufte der Polizist ein angebliches Wundermittel gegen Krebs?
Denn der 40-Jährige soll seinem Vermieter für viel Geld auch ein angebliches Wundermittel gegen Krebs versprochen haben, nachdem der den Glauben an konventionelle Behandlungen verloren hatte. Bisher ist unklar: Wie gefährlich waren die besorgten Fläschchen mit roter Flüssigkeit für den Patienten, der im Frühjahr 2018 starb?
Möglicherweise war das nur ein weiterer Trick, um an das Geld des Kranken zu kommen. Der Angeklagte habe „bewusst wahrheitswidrig“ seinem Opfer vorgemacht, das Schmerzmittel sei für eine Chemotherapie gedacht, heißt es laut Boris Raufeisen, Sprecher der Staatsanwaltschaft, in der Anklageschrift. Die Anklage enthält keinen Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung, wie er bestätigte. Allerdings prüft das Amtsgericht noch die Zulassung der Anklage.
Ursprünglich war das Opfer froh gewesen, einen Vertrauten gefunden zu haben. Der Polizeibeamte, der in Tauberbischofsheim arbeitete, wohnte seit 20 Jahren bei dem Kranken in der Einliegerwohnung. Als beim Vermieter im Frühjahr 2017 ein Tumor im Hals festgestellt wurde, musste er zur Behandlung ins Krankenhaus. Der Mieter versprach, sich um die finanziellen Belange des Mannes zu kümmern, der durch die Erkrankung dazu immer weniger in der Lage war.
Der 40-Jährige sorgte dafür, dass der Kranke seine Medikamente nahm und der Pflegedienst funktionierte. Aber er soll dem Krebskranken – als die Schulmedizin keine Perspektive auf Besserung bot – Hoffnung auf eine „private Chemo" gemacht haben, die er zu besorgen versprach. Das bestätigt Hanjo Schrepfer, Anwalt des inzwischen gestorbenen Kranken, auf Anfrage.
Merkwürdige Geldtransfers: Insgesamt ging es um rund 80 000 Euro
Während der Pflege kam es zu einer Reihe merkwürdiger Geldtransfers vom Konto des Kranken in die Tasche seines Pflegers. Von Summen zwischen 3000 und 30.000 Euro ist in der Anklageschrift die Rede. Überdies ließ er sich wohl nicht nur ein Wohnrecht in seiner Einliegerwohnung garantieren, sondern auch ein Vorkaufsrecht auf das gesamte Haus in Helmstadt (Lkr. Würzburg). Zahlungen, die für die ausländische Ehefrau des Vermieters gedacht waren, sollen nur teilweise bei ihr gelandet sein.
„In Wahrheit ging es ihm darum, sich planmäßig dessen Vermögen unter den Nagel zu reißen, während es dem Opfer immer schlechter ging“, sagt ein Ermittler. „Am Ende ging es um mehr als 80.000 Euro,“ sagt Rechtsanwalt Schrepfer. Dann soll der Mieter vorgeschlagen haben, eine private Chemotherapie zu besorgen – für teures Geld. Reste einer roten Flüssigkeit mit dem Namen „Morphin Aristo“ wurden in der Wohnung des Angeklagten gefunden. „Ich will genau wissen, was das für ein Stoff war und wie er sich auf den zunehmend geschwächten Gesundheitszustand meines Mandanten ausgewirkt hat“, betont Schrepfer.
Der Geschädigte starb zwei Monate nach der Vernehmung
Polizisten wurden bei der Durchsuchung der Wohnung ihres Kollegen und bei seiner Bank fündig: In einem Schließfach schlummerten 42.000 Euro sowie ein Blanko-Scheck, der eine Überweisung an die Ehefrau des Vermieters vortäuschte. In der Wohnung fanden Kollegen des Polizisten Tausende von Euro, Reste jener roten Flüssigkeit und etwa 200 Gramm Rauschgift.
Der Polizist wurde vorübergehend festgenommen. Den Drogenmissbrauch gab er zu, die anderen Anklagepunkte bestritt er. Auch der todkranke Geschädigte wurde im Dezember 2017 von einem Ermittlungsrichter vernommen – zwei Monate später erlag er seinem Leiden.