Um Biodiversität in der Landwirtschaft ging es bei der land- und forstwirtschaftlichen Informationsfahrt durch den Landkreis Würzburg. Mit an Bord des Busses waren Landrat Eberhard Nuß, Kreistagsmitglied Matthias Henneberger (ÖDP), Heiko Lukas vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), Mitarbeiter des Landratsamtes, der Regierung, des AELF sowie Mitglieder des Bayerischen Bauernverbandes (BBV).
"Haben wir Deutsche in der Vergangenheit alles richtig gemacht?", fragte Landrat Eberhard Nuß zu Beginn der rund neunstündigen Fahrt quer durch den Landkreis. Er bezweifle das, wenn man den gigantischen Straßenverkehr anschaue oder wisse, dass Handy und Co. inzwischen 62 Prozent des gesamten Stroms verbrauchen.
Auf freiwilliger Basis ist schon viel geschehen
Aber die Fehler könne man nicht einem einzigen Berufsstand in die Schuhe schieben. Und: "Ich bin sicher, dass in der Landwirtschaft auf freiwilliger Basis schon viel geschehen ist und noch mehr geschehen kann", meinte er. Naturschutz sei eine Sache des Herzens.
Das bestätigte Landwirt Tobias Sauer aus Bergtheim: "Artenschutz liegt uns jungen Landwirten sehr am Herzen." Dabei stehe aber immer wieder die übertriebene Bürokratie im Weg. Deshalb habe er sich entschieden, freiwillig und ohne finanzielle Entschädigung an den Vorgewenden (die Randbereiche, d. Red.) seiner Karotten-Felder die Saatgutmischung "Bienenschmaus" anzusäen. "Das bietet den Insekten von Juni bis Oktober Blütenvielfalt und Nahrung", erläuterte er.
Auch beim Wiesenweihen-Schutz und beim Artenhilfsprogramm Feldhamster ist Tobias Sauer von der ersten Stunde an mit von der Partie. Beim Erhalt der Wiesenweihe habe die Region eine unglaubliche Erfolgsgeschichte zu verzeichnen, betonte Heiko Lukas: "Das ist eine gemeinsame Leistung zwischen Landwirten, Vogelschützern und ganz viel Kommunikation."
Auch Landwirt Roland Sauer, der seit 2001 zusätzlich beim Landschaftspflegeverband Würzburg arbeitet, kümmert sich erfolgreich um den Feldhamster. Er hat dafür mehrjährige Blühstreifen angelegt, die im ersten Jahr üppig blühen, in den Folgejahren aber nicht mehr so sehr. Doch genau dann seien diese Streifen ökologisch besonders wertvoll. Weil viele Insekten mehrere Jahre für ihre Entwicklung brauchen, erklärte Niels Kölbl vom Landschaftspflegeverband.
Gerade in den dürren, hohlen Stängeln ziehe beispielsweise die Holzbiene ihre Nachkommen groß. "Jetzt im fünften Standjahr ist diese Fläche besonders wertvoll, um so mehr graue Stängel, um so wertvoller ist die Fläche", meinte Kölbl. Im ersten Jahr sei die Fläche für die Honigbiene gut, in den Folgejahren für die seltenen bedrohten Insektenarten.
Hamstern geht es im Norden besser als im Süden
"Wir haben im vergangenen Jahr im Landkreis Würzburg 50 Kilometer Getreidestreifen stehen lassen und haben dort nach Hamstern gesucht", erläuterte Sauer. Leider sei die Hamsterpopulation im südlichen Landkreis "sehr, sehr schwach". Dafür sei die Bilanz im Norden äußerst positiv. Allein auf einem vier Hektar großen Feld von Tobias Sauer habe er letztes Jahr 25 Hamsterbaue gezählt.
In Rieden geht es dem Feldhamster besonders gut. Auf einer 2,5 Hektar großen Ausgleichsfläche, die Landwirt Michael Sauer als Drei-Streifen-Modell im letzten Jahr angesät hat. Eine Kombination aus Blüh-, Getreide- und Luzernestreifen. Die erste Fläche dieser Art weltweit und damit ein absolutes Pilotprojekt, sagte Heiko Lukas.
"Wir haben es hier mit einem Superbiotop für den Hamster zu tun, sowas hat es noch nie gegeben", meinte er. Ein Bauer lasse niemals ein Getreide stehen und ernte es nicht. In Rieden schon. Das wiederum kommt dem Hamster zugute, der sich hier offensichtlich besonders wohl fühlt. Denn er habe kurze Wege von einer Fläche zur anderen und Nahrungsangebot ohne Ende.
So könnten sich die Hamster sehr stark vermehren und sich weiter ausbreiten. "Ideal wäre, wenn es die Tiere nicht so weit bis zur nächsten derartigen Fläche hätten", so Lukas. Das könne man erreichen, wenn man fünf bis zehn Prozent solcher Flächen in der Flur hätte, das wäre die richtige Vernetzung nicht nur für den Feldhamster, sondern für viele andere Wildtiere auch. Drei Jahre bleiben die Streifen, wie sie sind, dann werden sie getauscht, erklärte Michael Sauer.
Und was mag der Hamster besonders? Eindeutig: Die Blühstreifen, hier mit Veitshöchheimer Bienenweide angesät, denn Kräuter liebt er, sagen die Experten. Aber auch den Getreidestreifen, wobei dieser auch für Rebhühner, Fasane, Hasen, Rehe und viele andere Tiere attraktiv sei.
Dazu braucht’s aber mehr. Vor allem einen Austausch des Personals an der Spitze. Denn einen Söder nimmt das, niemand ernsthaft ab.