Tausende von Menschen, Gedränge in den Gassen und kilometerlange Schlangen parkender Fahrzeuge vor der Stadt. Der Creglinger Pferdemarkt hat auch in seiner 99. Auflage nichts von seiner Anziehungskraft verloren, wenngleich der Pferdehandel längst nicht mehr im Mittelpunkt steht und auch die Zahl der Rösser, die sich der Prämierung der Jury präsentieren, von Jahr zu Jahr kleiner wird.
Sie kommen aus den Hohenlohischen, aus dem Ochsenfurter Gau und aus dem nahen Mittelfranken. Einmal im Jahr, immer am zweiten Mittwoch im Februar, wird das sonst eher beschauliche Tauberstädtchen zum Hotspot im Grenzland zwischen Tauber und Main. Draußen im Gewerbegebiet haben die örtlichen Firmen ihre Türen geöffnet und hoffen auf interessierte Kunden. An ihren Marktständen in der Innenstadt werben die Verkäufer um die Aufmerksamkeit der Passanten. Glühbirnen für die letzten Energiespar-Verweigerer bietet der eine an, die beste Schuhcreme ein anderer. Den Gemüseschäler, der auch hobeln kann, gibt es in gleich vier Varianten - jede davon natürlich die ultimativ beste.
Bunte Kittelschürzen sind nach wie vor gefragt
Regine Weinschenk aus Fichtenau muss sich um Kundschaft nicht sorgen. Seit über 40 Jahren kommt sie nach Creglingen. Neben Socken und anderen Textilien wissen ihre Kunden vor allem die große Auswahl an bunten Kittelschürzen zu schätzen. Wo gibt es die sonst noch. Inzwischen hat Enkel Patrick Schenk das Geschäft übernommen, aber die Oma steht immer noch hinter dem Stand.
Gleich gegenüber röstet Giuseppe Rosato Maroni. Die Esskastanien verkaufen sich schleppend. Die Leute hier wissen nicht, wie schmackhaft und gesund sie sind, sagt der gebürtige Sizilianer und tut alles, sie eines besseren zu belehren. Die braunen Kastanien garen hundert Meter entfernt auch im Ofen von Herbert Kreidl aus Ergersheim. Irgendwo in der Nähe müsse ein Meer sein, sagt er, "es sind mehr See(h)leute als Kaufleute da." Am späten Vormittag bringt ihn das nicht aus der Ruhe. "Nach der Schlacht wird gezählt."
Auch das Fernsehen ist da
Obwohl es in der milden Wintersonne kaum bedarf, herrscht im alten Kommunalkino mollige Wärme. Während es sich im Untergeschoss bei Kaffee, Bier und einer kleinen Brotzeit gut aushalten lässt, klingt aus dem Kinosaal darüber Gegacker und Gekrähe. Der Geflügelzuchtverein nutzt den Pferdemarkt alljährlich, um seine Zuchterfolge einem großen Publikum zu zeigen. Dutzende Hühner, Tauben und diesmal sogar Wachteln buhlen um die Gunst der Besucher. Heuer ist sogar ein Team des Bayerischen Fernsehens da und dreht einen Beitrag für die Frankenschau. Vorsitzender Gerold Kellermann steht der BR-Reporterin Conny Kleinschroth Rede und Antwort, die sich gerade mit seinem Eulenbarthuhn anfreundet.
Auf dem Oval nahe der Tauber zeigen sich derweil die Hauptdarsteller des Tages von ihrer besten Seite. 107 Pferde und zwei Esel haben sich diesmal für die Prämierung angemeldet. Gehandelt werden Pferde in Creglingen schon lange nicht mehr. Aber man kennt sich unter Pferdefreunden und trifft sich regelmäßig auf den Märkten.
Die Zahl der Vierbeiner nimmt Jahr für Jahr ab. Um die Jahrtausendwende waren es noch regelmäßig weit über 200, die in Creglingen zu sehen waren. Vom kleinen Zwergpony bis zum wuchtigen Kaltblüter. Der Stadt als Veranstalter bereitet die Entwicklung Sorge. Im nächsten Jahr will man den 100. Pferdemarkt feiern. Ganz gegen die Tradition wird er dann auf zwei Tage am ersten Wochenende im Februar ausgedehnt.
Unweit in der Aula der Realschule lässt derweil Lothar Ewald seine Lego-Eisenbahnen kreisen. Der Wertheimer hat sich die Leidenschaft für die bunten Bauklötzchen aus Kindertagen bis ins Erwachsenenalter bewahrt. Über 100 Meter Schienen hat er aufgebaut, auf denen ein gutes Dutzend Züge kreisen. Vor allem die Jungs sind fasziniert davon, selbst an den Reglern drehen zu dürfen.
Reiter sind galaktisch gut verkleidet
Während der Geruch von Kaffee, Glühwein und gebratenen Würsten durch das Marktgedränge wabert. bereiten sich die Reiter und Kutschfahrer vor der Stadt auf den großen Umzug vor. Aus Gründen der Verkehrssicherheit hat man die Route heuer umgedreht. An der Rothenburger Straße stehen die Zuschauer dicht gedrängt, um die Parade der Pferde und Kutschen hautnah mitzuerleben. In der ersten Kutsche sitzt Bürgermeister Uwe Hehn und erwirbt sich mit Bonbons die Sympathie der Jüngsten am Straßenrand.
Einige der Reiterinnen und Reiter haben sich verkleidet, kommen als Burgfräulein, Cowboy oder Astronaut daher. Die Pferde ertragen den Trubel gelassen. Aufwendig geflochtene Mähnen und Schweife sieht man heutzutage allerdings seltener als früher. In Anschluss folgt der Zug der Schulen und Vereine aus den knapp 40 Creglinger Ortsteilen. Der Festzug ist zugleich der Faschingszug. Und der steht heuer unter dem Motto: "Creglingen - galaktisch gut!" Für die originellsten Wagen und Gruppen gibt es Preise. Bei den Schulen haben diesmal die 3a der Grundschule und die 5b und 9a der Realschule abgeräumt. Den schönsten Festwagen schickte das Kreativ-Team "Schwarzes Viertel" ins Rennen und bei den Fußgruppen konnte die Wassergymnastik der DLRG punkten.
Langsam zerstreuen sich die Massen, als der letzte Wagen vorüber ist. Viele genießen noch die Wintersonne auf dem Krämermarkt, andere trotten langsam zu ihren Autos. Wer heute kein Frühaufsteher war, hat nun einen längeren Spaziergang vor sich. Irgendwie ist der Creglinger Pferdemarkt zwar immer wieder derselbe, aber immer wieder schön.