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CREGLINGEN
97. Pferdemarkt: Das große Schaulaufen
Die stolzen Vierbeiner stehen beim Creglinger Pferdemarkt natürlich im Mittelpunkt, auch wenn ihre Zahl von Jahr zu Jahr geringer wird.
Foto: Gerhard Meißner | Die stolzen Vierbeiner stehen beim Creglinger Pferdemarkt natürlich im Mittelpunkt, auch wenn ihre Zahl von Jahr zu Jahr geringer wird.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:33 Uhr

Es herrscht Ausnahmezustand in dem sonst eher ruhigen Städtchen – wie seit rund 100 Jahren an jedem zweiten Mittwoch im Februar. Es ist Pferdemarkt, zum 97. Mal. Und wenngleich die Zahl der Vierbeiner von Jahr zu Jahr kleiner wird, die Besucher zieht der Markt nach wie vor in Massen an. An die 10 000 waren es in diesem Jahr.

Die Pferde – „Gail“, wie die Creglinger sagen – stehen nach wie vor im Mittelpunkt. Früh um 8 Uhr schon beginnt ihr Schaulaufen. In einem mit Baumrinde gepolsterten Oval an der Tauber werden sie den Juroren vorgeführt und mit Preisen bedacht. Es gibt fast nur erste Preise sagt Wertungsrichterin Birgit Scholz, Tierärztin aus Rothenburg. Schließlich geht es heute nicht mehr um die Leistungsfähigkeit der Tiere, sondern um ihre Schönheit und ihr Auftreten.

Ge- und verkauft wird nicht mehr

Früher, da war die Bewertung noch ein wichtiger Maßstab für den späteren Handel. Doch ge- und verkauft werden Pferde in Creglingen schon lange nicht mehr. Man kennt sich unter den Pferdehaltern, der Markt ist ein beliebter Treffpunkt, auch um zu fachsimpeln. Trotzdem werden es immer weniger Pferde, die zu sehen sind. 105 waren es heuer, und zwei Esel.

„Die Leute haben keine Zeit mehr“, mutmaßt ein Pferdehalter. Als Pferde noch bevorzugt von Landwirten gehalten wurden, war der Markt für sie eine willkommene Abwechslung, bevor im Frühjahr die Feldarbeit wieder begann.

Einer, der sich noch gut an diese Zeit erinnern kann, ist Georg Huber. 85 Lenze zählt der Markthändler aus Fürth inzwischen. Seit 70 Jahren kommt er als „billiger Jakob“ nach Creglingen, anfangs mit seinem Vater, später stieg er selbst in das Geschäft ein.

Zwischen Hosenträgern und Putzstein findet sich an seinem Stand so manche Rarität, die es woanders nur noch schwer zu kaufen gibt. „In Creglingen verkauft man nicht viel“, sagt er erfahrene Händler. Der Markt profitiert davon, dass es um diese Jahreszeit noch wenig Konkurrenz gibt.

Der Stand mit den Kittelschürzen fehlt

Trotzdem sind einige Marketender dem Pferdemarkt heuer ferngeblieben. Auch der Stand mit den Kittelschürzen, die es seit Jahrzehnten dort zu kaufen gab, fehlt. Dafür ist der Trikotagen-Händler wieder da und bietet seine warmen langen Unterhosen feil. Derer hat es heuer nicht bedurft. Anders als im vergangenen Jahr, als Regen und eisige Luft die Besucher fernhielt, sind die Temperaturen diesmal angenehm. Am Nachmittag lässt sich sogar die Sonne blicken.

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Auf etwa 10 000 schätzt die Polizei die Besucherzahl heuer. Lange vor dem Ortsschild schon beginnt die Schlange parkender Autos. Viele machen auf dem Weg in die Stadt einen Abstecher bei den ortsansässigen Firmen, die zum Pferdemarkt ihre Leistungen präsentieren. Feuerwehrleute haben alle Hände voll zu tun, um das Parkchaos wenigstens einigermaßen in Grenzen zu halten.

Der Pferdemarkt ist ein Traum für die Kinder

Jutta Betzing vom Ponyhof im Creglinger Ortsteil Erdbach hat diese Sorge nicht. Ihre sechs jungen Begleiterinnen sind auf dem Rücken der Ponys zum Markt geritten. „Es ist ein Traum für die Kinder, beim Pferdemarkt dabei zu sein“, sagt Jutta Betzing. Bei der Prämierung wurden sie allesamt mit einem ersten Preis belohnt.

Nebenan zeigt Hufschmied Dominik Rübling aus Sechselbach unter den Augen des kundigen Publikums sein Können. Willig lässt die Holsteiner Stute Easy die Pediküre über sich ergehen. Das Eisen wird zum Richten abgenommen, der Huf ausgeschnitten und gekürzt. Als Rübling mit dem glühenden Hufeisen Maß nimmt, steigen beißender, gelber Rauch und der Gestank von verbranntem Horn auf. Easy scheint das nicht zu stören, sie zuckt nicht einmal. Alle sechs bis acht Wochen beugt sie sich der Prozedur.

Fotoserie

Der Hufschmied wird gerade noch rechtzeitig fertig, bevor Easy für den Festzug zurecht gemacht werden muss. Der Zug ist der Höhepunkt des Pferdemarkts. Jeder Halter möchte sich dort von seiner besten Seite zeigen. Die Tiere sind sauber gestriegelt. Kutschpferde tragen bunte Kappen. An mancher Mähne sind Zöpfchen geflochten.

Die ersten Kutschen sind den Ehrengästen vorbehalten. Bürgermeister Uwe Hehn sitzt dort mit seinen Amtskollegen aus den Nachbarorten.

Auch Landrat Reinhard Frank ist dabei und wirft Bonbons in die Menge, die sich dicht am Straßenrand drängt. Trotzdem fällt auf, dass heuer deutlich weniger Pferde am Zug teilnehmen. Einige Pferdehalter seien nach der Prämierung wieder nach Hause gefahren, erzählt ein Passant. Schade.

Dafür wird es umso lebhafter als nach dem Zug der Pferde der Zug der Kinder folgt. Es hat Tradition, dass sich an den Festzug ein Faschingszug anschließt. Schulen, Kindergärten und Vereine aus den vielen Creglinger Ortsteilen nehmen daran teil, jede Gruppe mit einem eigenen Thema. Das diesjährige Motto könnte kaum treffender gewählt sein: „Creichl – das Zugpferd im Taubertal“.

Auch die Kleinsten kommen beim Pferdemarkt groß raus.
Foto: Gerhard Meißner | Auch die Kleinsten kommen beim Pferdemarkt groß raus.
Für den großen Festzug muss auch die Frisur sitzen.
Foto: Gerhard Meißner | Für den großen Festzug muss auch die Frisur sitzen.
Sandra Leber mit ihrer 1000 Kilogramm schweren Stute Tiffany.
Foto: Gerhard Meißner | Sandra Leber mit ihrer 1000 Kilogramm schweren Stute Tiffany.
Seit 70 Jahren ist Georg Huber als „billiger Jakob“ beim Creglinger Pferdemarkt mit von der Partie.
Foto: Gerhard Meißner | Seit 70 Jahren ist Georg Huber als „billiger Jakob“ beim Creglinger Pferdemarkt mit von der Partie.
 
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