Drei Mal ist die Polizei in Aub (Lkr. Würzburg) in die Flüchtlingsunterkunft gekommen, um den Afghanen Abdulhai Atai abzuschieben. Drei Mal war er nicht da. Er hatte gehofft, der Petitionsausschuss des Landtages werde dafür sorgen, dass er nicht fortgeschafft wird aus Deutschland. Am Mittwoch, 8. Februar, hat der Ausschuss gegen ihn entschieden, mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern, gegen SPD und Grüne. Die Polizei wird jetzt öfter kommen.
Atai ist im November 2012 als Asylsuchender ins Land gekommen. Die Taliban hätten ihn verfolgt und gefoltert, erklärte er dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Das glaubte ihm nicht, ebenso wenig das Verwaltungsgericht. Seit August 2016 ist rechtskräftig, dass Deutschland ihm kein Asyl gewährt. Atai hatte keinen Pass. Die Aufforderung, sich einen zu besorgen, ignorierte er.
Viel in den jungen Mann investiert
Der Firma Metz war er willkommen. Die Würzburger Stahl- und Metallbauer haben Nöte, geeignete Auszubildende zu finden. Das Unternehmen ließ Atai ein Praktikum machen, er beeindruckte mit seinem handwerklichen Geschick und bekam einen Ausbildungsvertrag. Weil die Wirtschaft über einen Mangel an Facharbeitern klagt, hat der Bund die „Drei plus Zwei“-Regelung installiert. Flüchtlinge dürfen ohne Asyl fünf Jahre bleiben, für eine dreijährige Lehre und zwei Berufsjahre. Atai, so schien es, war sicher. Dann brach er die Lehre ab. Metz beschäftigte ihn als Hilfsarbeiter weiter und bereitete ihn auf eine Schweißerprüfung vor. Aber seit vergangenem Oktober ist Atai „vollziehbar ausreisepflichtig“.
Um Atais Abschiebung zu verhindern, hat die Firma Metz die Petition an den Landtag gestellt. Im Petitionsausschuss berichtete Prokurist Thomas Baunach, Atai sei ein wertvoller Mitarbeiter gewesen und hätte für den Betrieb noch wertvoller werden können. Das Unternehmen habe viel in ihn investiert. Der Erlangener CSU-Abgeordnete Walter Nussel ging nicht darauf ein. Für ihn wiegt schwer, dass Atai nicht mitgewirkt hat bei der Passbeschaffung. Und wenn Atai wirklich gewollt hätte, hätte er die Ausbildung „bei uns auch durchführen können. Bei uns gibt es genug Deutschkurse“.
Georg Rosenthal, SPD-MdL aus Würzburg, ist zwar kein Mitglied im Ausschuss, durfte aber vortragen: Man müsse Atais Lebensumstände bedenken, die täglichen langen Fahrten zwischen Aub und Würzburg, das Leben im Mehrbettzimmer, die Hürden durch die Fachsprache. Aber aus welchen Gründen Atai die Ausbildung abgebrochen hat, spielt laut Katharina Lang vom Innenministerium keine Rolle. Entscheidend sei, dass er „die Leistung nicht gebracht hat“. Atai, heute 30 Jahre alt, sei als alleinstehender junger Mann, der keiner qualifizierten Arbeit nachgehe, einer derjenigen, die „geeignet erscheinen“ für eine Abschiebung nach Afghanistan.
Aufgeben will die Firma nicht
Einem Bericht des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) zufolge sind Bewohner aus 31 der 34 Provinzen Afghanistans auf der Flucht, die Lage sei dramatisch. Die Evangelische Landeskirche fordert, die Abschiebung in das Land zu stoppen. Fünf Bundesländer schieben derzeit nicht nach Afghanistan ab. Bayern ist nicht darunter. Der Freistaat sei, klagte der Grünen-MdL Martin Stümpfig im Ausschuss, „so streng und so unmenschlich wie kein anderes Bundesland“.
Mit SPD-Abgeordneten forderte er, die Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen. Nussel hielt dagegen, dafür sei der Bund zuständig, der mache die Gesetze, daran müsse sich Bayern halten.
Die SPD räumte zwar ein, keinen juristisch einwandfreien Weg zu kennen, um Atai im Land zu behalten. Alexandra Hiersemann, die stellvertretende Ausschussvorsitzende, gab sich überzeugt, dass es einen geben müsse. Ihr Gedanke: Atai paukt das Fachdeutsch bis September und tritt dann eine neue Lehre an. Metz-Prokurist Baunach erklärte, das Unternehmen wäre dabei.
Nach einstündiger Debatte hatten CSU und Freie Wähler gegen Metz und Atai entschieden. Baunach war enttäuscht. Aufgeben werde das Unternehmen aber nicht. Baunach will eine Münchner Anwaltskanzlei einschalten, die einen Weg suchen soll. Die Adresse hat er von der SPD-Fraktion bekommen.