
Der Blaue Adler in der Mergentheimer Straße ist längst nicht mehr nur die Vereinsgaststätte des Eisenbahn- Turn-und-Sportvereins (ETSV). Unter den Fittichen von Otto Keinert ist das Lokal mit seinem 60er-Jahre-Flair in den vergangenen Jahren zu einem Szene- und Musiktreff in Würzburg geworden.
Nur zwölf Veranstaltungen im Jahr erlaubt
Doch das kleine Kulturzentrum zwischen Tanz-Club Rot-Gold und Zollhaus-Biergarten hat nicht nur Freunde. Eine Hand voll Nachbarn auf der gegenüberliegenden Straßenseite, etwa 170 Meter Luftlinie vom Blauen Adler entfernt, ist die Musik zu laut. Zwei Anzeigen hat Pächter Otto Keinert bereits am Hals, weil sich Anwohner nach Mitternacht in ihrer Ruhe gestört fühlten.

So wird die Vereinsgaststätte zu einem Fall fürs Ordnungsamt. "Wir haben den Blauen Adler seit Dezember 2015 im Blick", sagt Uwe Zimmermann, Chef des städtischen Ordnungsamtes. Damals berichtete Otto Keinert stolz davon, dass sein Blauer Adler derart gut läuft, dass er mittlerweile bis zu drei Konzerte in der Woche veranstalten kann. Ein Fehler. Denn "das Lokal mit seinem Veranstaltungssaal hat rechtlich den Charakter einer Schank- und Speisegaststätte und ist keine Vergnügungsstätte", betont Zimmermann. So seien im Blauen Adler maximal zwölf öffentliche Veranstaltungen möglich.
Ordnungsamt will kein Kleinod zerstören
Das Ordnungsamt schreitet aber nicht gleich ein. Erst als sich im November und Dezember 2016 Nachbarn beschweren, kommt es zu ersten Gesprächen zwischen der ETSV-Vorsitzenden Gisela Pfannes und Otto Keinert. Im Frühjahr 2017 gehen dann vier Meldungen bei der Polizei ein, im Mai musste die Musik bei einer Veranstaltung auf Anweisung der Beamten leiser gedreht werden. Seit Juni lassen sich die Nachbarn durch eine Anwältin, die selbst in der Nähe des Blauen Adlers wohnt, vertreten. Diese fordert laut Stadt, das Vereinslokal nicht nur baurechtlich zu überprüfen, sondern auch die verursachten Schallimmissionen zu untersuchen. Der Versuch, mit den Anwohnern ins Gespräch zu kommen, ist der Redaktion nicht gelungen.
"Wir sind nicht dazu da, ein Kleinod zu zerstören", sagt Uwe Zimmermann und versucht zu deeskalieren. Wieder werden Gespräche mit Pächter Keinert geführt. Dieses Mal wird er deutlich auf das Betriebskonzept hingewiesen, das eben nicht mehr als zwölf Sonderveranstaltungen im Jahr erlauben würde. Zwischen Juli 2017 und Februar 2018 ist dann erst einmal Ruhe. Im Blauen Adler gibt es zwar weiter Gigs, aber die Nachbarn beschweren sich nicht darüber. Im März 2018 setzt sich die Beschwerdereihe dann fort. Es sind immer die gleichen Anwohner, die sich melden, weiß Zimmermann. "Nicht mehr als eine Handvoll."
Zwei Anzeigen mit saftigem Bußgeld
In diesem Frühjahr eskaliert alles. Otto Keinert wird zwei Mal von der Anwältin angezeigt und bekommt ein saftiges Bußgeld. Dazu stellt das städtische Bauamt noch weitere Mängel fest. Es fehlt die Beschilderung für einen zweiten Fluchtweg und damit die Gäste im Notfall den Blauen Adler schnell verlassen können, muss ein Fenstergitter entfernt werden.

"Otto Keinert und der ETSV sind kooperativ", sagt Zimmermann. Und auch das Amt zeigt sich verständnisvoll. Damit der Pächter nicht in finanzielle Kalamitäten gerät, darf er in diesem Jahr noch 14 Konzerte, die bereits gebucht sind, abhalten. Dafür will Keinert seine Discoabende reduzieren. 2019 soll er dann darauf achten, dass es neben den privaten Feiern und Vereinsveranstaltungen nicht mehr als zwölf Sonderveranstaltungen im Blauen Adler geben wird. Und bei den Nachbarn dürfe es nachts nicht lauter sein als 40 Dezibel, zwischen 20 und 22 Uhr sind gerade mal 50 Dezibel erlaubt.
Eine laute Ecke
"Ich weiß gar nicht, wie ich das schaffen soll", sagt Keinert. "Die viel befahrene Mergentheimer Straße, die Straba, die Verbindungshäuser, die Sport-Uni - von überall her kommt der Lärm. Das sind schon weit mehr als 45 Dezibel." Und Otto Keinert bangt um seine Existenz. 2012 hat er den Blauen Adler übernommen, ihm wieder das Fliegen beigebracht. "Vier Jahre hat der Blaue Adler niemanden gestört - und jetzt verstößt er gegen die Vergnügungsstättenverordnung."
2019 wollte er die Veranstaltungen im Blauen Adler sowieso zurück fahren. "Aber 20 im Jahr braucht es schon, um sich halbwegs über Wasser halten zu können", sagt er. Denn abseits der Innenstadt hat Otto Keinert keine Laufkundschaft. Auch die Vereinsveranstaltungen, die Geburtstags- und privaten Feiern reichten nicht aus, um das Lokal zu halten. "Und das soll der Otto halten, denn hier wollen sich unsere Mitglieder weiter treffen", sagt ETSV-Vorsitzende Pfannes.
Vereinsheim soll erhalten bleiben
"Der Verein ist stolz darauf, dass der Adler wieder so gut läuft", sagt sie und hat dabei noch klar vor Augen, dass es auch schon einmal schlechtere Zeiten gab. "Als wir nach einem neuen Pächter gesucht haben, gaben die sich nicht gerade die Klinke in die Hand." Dass der Blaue Adler nun plötzlich zum Störenfried wird, kann sie nicht nachvollziehen. Sie selbst habe mit zwei Bekannten im Judenbühlweg gesprochen und keine Beschwerden gehört. Pfannes hofft, dass die Vereinsgaststätte erhalten bleibt. Denn eine Umnutzung als Veranstaltungshalle könne sich der kleine Eisenbahner-Sportverein nicht leisten.
An allen Ecken und Enden werden Musiker und Künstler in Würzburg eingeschränkt: die Straßenmusik ist in diesem Jahr erheblich reglementiert worden. Folksessions in Kneipen werden durch hohe Zahlungen an die GEMA unmöglich gemacht (selbst wenn traditionelle Stücke gespielt werden!) - so geschehen im "Red Lion" in WÜ und im "Treffpunkt" in VHH.
Wir brauchen Veranstaltungsorte wie den Blauen Adler, wo der Wirt offen ist für viele verschiedene Musikrichtungen und auch das eine oder andere Konzert stattfinden lässt, bei dem nicht die Mega-Besucherzahl zu erwarten ist. Hier kann sich Kultur noch entfalten, hier können sich die Besucher noch wohlfühlen.
Der Blaue Adler darf nicht sterben!
Im Blauen Adler hat vor allem die lokale Musikszene ihren Ort gefunden und auch das ist wichtig für das kulturelle Leben einer Stadt. Je mehr dort los ist, umso besser! Es ist ein immer wieder ein Jammer, wenn sich Menschen gestört fühlen, weil sie - und sei es nur aus der Ferne - etwas von diesem kulturellen Leben mitbekommen. Was ist nun wichtiger für eine Stadt? Dass es lebendige Orte für Kultur gibt oder, dass sichergestellt ist, dass niemand etwas davon mitbekommt? Die Antwort ist klar.
Ich persönlich bedauere die Menschen die hellhörig sind wenn es um ihre Ruhe geht, aber taub wenn es um die Lebendigkeit der Kultur in einer Stadt geht. Wenn man mich persönlich fragt: 2 Konzerte in der Woche wären schön und gut, um den Ort als "Musiktreff" und Kulturzentrum weiter zu beleben.
Burkard Schmidl - Komponist und Klangkünstler
Da hatte ich heute ja richtig Glück, dass ich dem Interessenten der wo meine Wohnung mieten wollte, eine Absage erteilt habe!
Er hat sich nochmal bei mir gemeldet und wollte damit Punkten, dass er meinte „Anwalt“ vom Beruf zu sein!
Da hätte ich Glück, solche „Nörgler“ muss ich mir nicht unters Dach setzen!
Hier sieht man was mal wieder dabei raus kommt!
Nur Ärger mit diesen „Besserwissern“!
Ansonsten volle ustgimmung
@ Maryan: Schwein gehabt !
Lt. Thomas Dehler, unter Adenauer Bundesjustizminister und gebürtiger Lichtenfelser hat(te) Deutschland ein Problem mit den vielen kleinen Anwälten aus den großen Städten.
Ansonsten volle Zustimmung an deltango.
Das ist mir wieder mal eine Lehre, dass auch künftig kein "Rechtsverdreher" bei mir ins Haus kommt. Hoffentlich auch nich in die Nachbarschaft!
Kann man so einen findigen Wirth nicht einfach in Ruhe lassen?
Wenn von ihm schräg gegenüber "Koma-sauf - Veranstaltungen" durchgeführt werden, die Besucher dieser Feste am nächsten Morgen nicht mehr Herr ihrer Lage sind, abgefüllt bis zum "geht nicht mehr" und ich um 6:30 Uhr die Polizei anrufen muß, damit sie Denjenigen einsammelten, damit ihm nichts passiert, erst war er auf den Gleisen unterwegs (total dunkel), dann blieb er mitten in der Straße stehen, noch dazu war er im Februar ( minus 2 Grad) nur mit einen Hemd bekleidet, dann ist das wohl o.K. und besser wie eine Musikveranstaltung!
Wer solche Nachbarn hat braucht keine Feine mehr.
Grundsätzlich ist zu laute Musik natürlich nervig, nicht nur auf Konzerten, auch auf Kiliani oder aus dem handy am Nachbartisch im Restaurant, wo die beste Freundin gerade den supercoolen Sound des letzten Urlaubs geboten bekommt. Wenn man sich öfter mal vergegenwärtigt, daß man nicht alleine auf der Welt respektive in WÜ lebt, kann das nicht schaden.
Sollte der Blaue Adler schliessen müssen, wäre das ein herber Verlust, nicht nur wegen der frischen Musik, die geboten wird, auch wegen des legendären Cordon Bleu...