Wenn der Weihnachtsmann endlich Urlaub hat, muss ein anderer ran, um all die vielen Wünsche von Kindern und Erwachsenen zu legitimieren und zu erfüllen. Der Osterhase kommt im Frühling so sicher wie das Amen in der Kirche – und genauso sicher hinterlässt er vielerorts nicht nur ein paar süße Kleinigkeiten, sondern auch sündhaft teure Geschenke. Ostern, so bestätigt der Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels, rangiert nach Weihnachten und Geburtstag als drittwichtigstes Geschenkefest für Kinder. Auch die Süßwarenindustrie jubiliert. Allein 206 Millionen Schokohasen, so erklärt die Sprecherin der des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI), Solveig Schneider, auf Anfrage, werden nach Ostern verkauft sein.
Rund 30 Millionen mehr Umsatz macht der Handel im Ostermonat beim Verkauf von Geschenken, die früher allenfalls unterm Weihnachtsbaum lagen: Mountainbike, Roller, Inline-Skater, Playstation, Handy, Puppenhäuser. Der Osterhase versinkt längst in Bergen von Wunschzetteln. Und die Erwachsenen? Stehen da oft bei ihren Ostergeschenken nicht nach: Flugreisen, teurer Schmuck, Parfum,... Entsprechend bunt und laut ist die Konsumwerbung in den Wochen vor dem Fest. Und der Glaube? Die Frage nach dem Anlass dieser Feiertage, kommt der nicht viel zu kurz? Passiert mit Ostern jetzt das, was seit vielen Jahren an Weihnachten zu beobachten ist? Ein rauschendes Fest der Geschenke, ungeachtet des eigentlichen Sinnes? Wie kann Glaube in der Familie da noch gelingen, die christliche Botschaft weiter getragen werden an nachfolgende Generationen?
Ilona Nord, Professorin für evangelische Religionspädagogik an der Universität Würzburg, hat keine Probleme damit, dass nach Weihnachten und Geburtstag für den Spielzeughandel Ostern an dritter Stelle steht. "Das Schenken nimmt dem Fest ja nicht seine Bedeutung. Es ist doch etwas Schönes, wenn Menschen einander beschenken. Manchmal mit kostbaren, teuren Sachen, aber manchmal auch mit kleinen Dingen, die das Herz hüpfen lassen", erklärt die Expertin. Dafür, so Ilona Nord, sei der Handel ja nicht direkt zuständig. "Natürlich bieten sie uns immer Dinge an, die dann plötzlich von vielen gekauft werden. Aber bei aller Kritik am Konsum und bei aller voll berechtigten Kritik vor allem am Plastik-Konsum: Ein Geschenk, das Freude macht und hoffen lässt, das kann doch dazu beitragen, dass wir Ostern intensiver erleben als wenn wir sagen, nein, an diesem Fest konzentrieren wir uns nur auf die kirchlichen Gottesdienste", so die Pädagogik-Professorin.
Ostertage besonders machen
Ein religiöses Fest werde immer im Gottesdienst und außerhalb davon, vor allem in den Familien und Freundeskreisen gefeiert. Das sei ja an Weihnachten auch so. Und an dieses Fest in Familie und Bekanntenkreis gehörten sie ja dann auch hin, die Schoko-Hasen und bunten Eier, mit denen man die Tage besonders mache. Doch ganz ohne Gottesdienst gehe das für sie auch nicht. "Denn hier erhalten wir ja Anschluss an die Geschichte des Jesus von Nazareth, gestorben, begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes und am dritten Tage auferstanden von den Toten. Hier gehen wir dieser Geschichte im Einzelnen intensiv nach. Kirche, das ist eine Erzählgemeinschaft", erklärt die Professorin.
Ob in Kindergärten, Schulen oder Familie: Wichtig ist, mit den Kindern über die christliche Botschaft von Ostern zu reden. Erzieherinnen in Kindergärten der Region bestätigen das. Das Vorlesen der biblischen Geschichte in der Osterzeit etwa sei eine gute Möglichkeit. Auch das Gestalten einer Osterkerze, das Säen von Pflanzen und Backen von Osterlämmern mache Kindern Spaß. Mit Hörspielen und Bilderbüchern könne man auch kleine Kinder gut erreichen. Lustige Osterhasenbücher und biblische Geschichten lassen sich durchaus kombinieren. Und in vielen Gemeinden gehört das Singen um einen bunt geschmückten Osterbrunnen zu den schönen Traditionen.
Klar ist auch, wer Kinder hat, weiß, Ostern ist auch die Zeit vieler Fragen, die man je nach Alter der Kinder entsprechend beantworten sollte. Das ist nicht immer leicht. Warum legt ein Hase Eier? Und was hat der Osterhase mit dem toten Jesus zu tun? Und natürlich Fragen, die auch Jugendliche brennend interessieren. Warum müssen wir an Karfreitag still sein? Warum darf in den Clubs an diesen Tagen nicht getanzt werden? Voll ungerecht! Ist doch ewig her mit der Kreuzigung. Und außerdem bin ich gar nicht gläubig. Das ist ein guter Zeitpunkt, um sich gemeinsam auf die Suche nach Antworten zu begeben. Auch der Besuch von Gottesdiensten oder das Wandern entlang eines Kreuzweges sind in den nächsten Tagen eine gute Möglichkeit, Kindern das biblische Geschehen nahe zu bringen. Und eine Chance, zu erklären, wie eng Trauer, Trost und Hoffnung auf neues Leben auch im eigenen Leben immer wieder zusammenhängen.
In Unterfranken gibt es zahlreiche solcher Kreuzwege. Einer der bekanntesten sind die 200 Stufen zum Würzburger Käppele hinauf, aber auch in Erlabrunn und Frickenhausen im Landkreis Würzburg lassen sich die Stationen des Leidensweges Jesu gut erklären. Ebenso in Lohr, in Karlstadt, in Retzbach und Retzstadt im Landkreis Main-Spessart. In Breitbrunn im Landkreis Haßberge gibt es ebenfalls einen ansprechenden Kreuzweg und in Haßfurt einen Ostergarten im Unteren Turm, in dem das Ostergeschehen in fünf Räumen hautnah erklärt wird.
"Dass sich Familien schwer damit tun, ihren Kindern den Sinn und die Bedeutung von Ostern zu erklären, schwerer tun als mit der idyllisch ausgeschmückten Geburtsgeschichte von Bethlehem, die Weihnachten erzählt wird, liegt natürlich an der schwierigen Vorstellung, dass der freitags grausam hingerichtete und tote und begrabene Jesus am Sonntag wieder auferstanden ist. Und wohl auch daran, dass Kindern sehr oft die Themen Sterben, Tod und Leben nach dem Tod vorenthalten werden", bestätigt Ilona Nord. Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, auch Großeltern und natürlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirchen seien deshalb gefragt, mit Fantasie, Mut und Empathie die Osterfragen neu mitten in die Familien und Gemeinden zu tragen.
Ostereiersuche als Ritual
"Die Osterfragen heißen: Woher nehmen wir den Mut zu leben, wenn doch auf alle von uns der Tod am Ende wartet? Was und wer gibt uns die Kraft, die Zukunft unserer Schöpfung gegen alle Abgesänge und Totenlieder zum Guten hin zu gestalten?", so Nord. Trost, Hoffnung und Geschenke, das passt nach Ilona Nords Meinung insofern schon gut zusammen. "Ich finde, zu Ostern passen besonders gut Geschenke, die Hoffnung machen, die Spaß am Leben fördern, die eine neue Perspektive geben."
Während kleine Kinder sich Ostern in der Regel über Kleinigkeiten freuen, ist das Anspruchsdenken größerer Kinder an die Ostergeschenke mittlerweile weit höher. Mit ihnen kann man deshalb schon mal erörtern, was es bedeutet, beschenkt zu werden. Schenken soll Freude machen oder trösten. Und überraschen. Wer Ansprüche stellt an Geschenke, verdirbt nicht selten dem anderen jegliche Freude.
Eltern sollten sich also nicht unter Druck setzen lassen, wenn es um die Größe und den Wert von Ostergeschenken geht. Wenn die Mutter ihrem Sohn im Würzburger Spielwarengeschäft also erklärt, dass ein Ostergeschenk für über hundert Euro einfach zuviel ist, der Hase dafür lieber mehrere kleine Überraschungen bringt, dann ist das ein guter Kompromiss. Viel wichtiger ist es, dass die Ostereiersuche ein schönes Ritual in der Familie ist und bleibt, auch wenn die Kinder schon groß sind. Auch bei ihnen hüpfen die Herzen in der Regel noch höher, wenn sie auf der Ostereier-Suche auf ein Nest mit Süßigkeiten stoßen.