Drehen wir das Rad der Zeit bis in die zweite Hälfte der 1990er Jahre zurück. Da ging im Landkreis das Grauen um. Rotstiftpolitik war angesagt, und das bekamen vor allem Vereine und gemeinnützige Institutionen durch die Streichung von freiwilligen Leistungen zu spüren Alles, was seinerzeit verzichtbar erschien, wurde in die „Liste der Grausamkeiten“ aufgenommen.
Im Laufe der Jahre besserte sich die finanzielle Situation etwas. Aber noch 2010 schien man nicht so recht aus dem Schneider: „Die schweren Jahre kommen noch“, warnte Landrat Eberhard Nuß in seiner Haushaltsrede von 2010. Sollte gegenüber den Hochrechnungen und Annahmen keine deutliche Besserung eintreten, müssten 2012/2013 erhebliche Kredite – vier Millionen Euro – aufgenommen werden, orakelte er.
Und jetzt, ein paar Jährchen später? Die Stimmung ist prächtig. Kreisräte und Landrat Eberhard Nuß sind bester Laune, wie bei den Haushaltsberatungen in der vergangenen Woche offenkundig war. Der Landkreis scheint ein Land zu sein, in dem derzeit Milch und Honig fließen – noch. Sei's drum: Der Landrat wollte dem Kreistag die Eckpunkte des Haushaltes „gerne erläutern“ (siehe Artikel oben).
In der traditionellen Aussprache der Fraktionsvorsitzenden setzte sich die gute Stimmung fort. CSU-Sprecher Manfred Ländner (MdL) meinte, der Haushaltsentwurf dürfe als „sehr gut“ bezeichnet werden. Solide Landkreisfinanzen seien nicht das Ergebnis von Zufälligkeiten, sondern in erste Line auch das Ergebnis von Haushaltsdisziplin und nachhaltiger Finanzpolitik.
Stefan Wolfshörndl (SPD) sprach von einer„exorbitant guten Finanzlage“. Im Vergleich zu vielen bayerischen Gebietskörperschaften habe der Landkreis Würzburg kein Problem. „Wir tilgen Schulden, investieren große Summen und können uns umfangreiche freiwillige Leistungen zugute halten“.
Zu diesem Thema tritt Hans Fiederling von den Freien Wählern nur leicht auf die Bremse. Im Finanzplan seien „massive“ freiwillige Leistungen für die kommenden Jahre aufgeführt, die vom Kreistag weder diskutiert noch beschlossen seien. Es müsse überlegt werden, „wie wir damit umgehen.“
Auch für Karen Heußner von den Grünen steht der Landkreis glänzend da. Sie übte aber auch Kritik. Der Etat sei so vorausschauend aufgestellt, dass sogar Ausgaben eingeplant seien, deren mögliche Höhe noch nicht feststehe und die auch noch nicht beschlossen seien. Heußner wies darauf hin, „dass wir diese Posten im Haushalt als Entscheidungsspielraum betrachten und keineswegs als vorab bereits beschlossene Tatsachen.“
Kreishaushalt 2016: Zum zehnten Mal ohne neue Schulden
Matthias Henneberger (Ausschussgemeinschaft ÖDP/FDP) bezeichnete die Finanzlage als „nicht schlecht“. Er monierte aber die Mobilität im ländlichen Teil des Kreisgebiets und beantragte deshalb die Förderung von Bürgerbussen. Weiter sprach Henneberger das „monetäre Bekenntnis“ des Landkreises zum Würzburger Mainfranken Theater an. Er schlug vor, die vorgesehene Beteiligung des Landkreises an der Sanierung des Theaters von einer auf 1,5 Millionen Euro zu erhöhen.