Am Flockenwerk sind die Dachdecker am Werk. Während die baurechtlichen Voraussetzungen für das ehrgeizige Hotel-Projekt von Joachim Beck noch geschaffen werden müssen, schaffen die Handwerker schon mal Fakten und sanieren das Gebälk. Geschätzt zehn bis zwölf Millionen Euro will der Ochsenfurter Unternehmer und Investor nach eigener Auskunft in den kommenden Jahren in das Areal zwischen Floßhafenstraße und BayWa-Gelände investieren. Entstehen sollen ein Hotel, ein groß angelegter Gastronomiebereich, eine Veranstaltungshalle und ein Chalet-Dorf für Touristen, die Franken länger als nur einen Tag kennenlernen wollen.
Außerdem plant die Stadt auf der Fläche des Chemieunternehmens SFM Chemicals einen kleinen, öffentlichen Park entlang der neuen Mainpromenade, der direkten Bezug zum geplanten Museum "Main und Mensch" in der Spitalanlage haben soll. In einem Pressegespräch erläuterte Beck gemeinsam mit Bürgermeister Peter Juks den Projektstand und die bevorstehenden Schritte.
Schwierige Verhandlungen und Rückschläge
Juks erinnert an schwierige Verhandlungen, Teilerfolge und Rückschläge, seit Beck seine Pläne 2014 erstmals vorgestellt hatte. Es ging um den Verkauf des Flockenwerks, das die Stadt in den 90er Jahren schon erworben hatte, um den Umzug des städtischen Bauhofs auf das frühere Kindermann-Gelände und den Erwerb des alten Steinwerks, das sich daran anschließt. 2017 schien eine Lösung zum Greifen nah, als das Projekt mit Inkrafttreten der Seveso-III-Richtlinie endgültig zu scheitern drohte.
Gemäß der Richtlinie hätten im Umkreis von SFM Chemicals weder ein Hotel noch weitere Wohngebäude gebaut werden dürfen. "Die Entwicklung der Weststadt, an der wir jahrelang gearbeitet haben, wäre vollständig blockiert gewesen", sagt Peter Juks. Die Bemühungen mussten sich deshalb darauf konzentrieren, das Unternehmen zur Umsiedlung zu bewegen. Verhandlungen mit der Unternehmensleitung schlossen sich an, und mit der Städtebauförderung, die zusicherte, die Umsiedlung wegen der städtebaulichen Bedeutung des Vorhabens zu unterstützen.
Bürgermeister Juks spricht von "harten, aber fairen Gesprächen" mit der Unternehmensleitung, an deren Ende ein Grundstückstausch und eine Entschädigungszahlung standen. Die Stadt erklärte sich bereit, SFM Chemicals im Tausch ein vergleichbares Grundstück im Industriepark am Wolfgang zur Verfügung zu stellen und die baulichen Anlagen für einen Betrag von 2,4 Millionen Euro abzulösen. Rund die Hälfte der Summe gewährt die Städtebauförderung als Zuschuss, so Juks. Im Dezember wurde der Tauschvertrag notariell geschlossen.
Neue Entwicklungschancen für Ochsenfurt und SFM
"Für Ochsenfurt, aber auch für das Unternehmen ist das eine große Entwicklungschance", sagt Juks. Das bestätigt auch SFM in einer Pressemitteilung. Die Vereinbarung mit der Stadt über die Umsiedlung sei ein Meilenstein in der Unternehmensgeschichte, heißt es dort. Das Genehmigungsverfahren soll bis zur Jahresmitte abgeschlossen sein. Im Jahr 2022 will man den Betrieb am neuen Standort aufnehmen.
Damit ist der Weg frei für Joachim Becks Hotel-Pläne. Die Änderung von Flächennutzungsplan und Bebauungsplan sind derzeit in Arbeit, ebenso wie die Genehmigungsplanung. Die Abstimmung mit allen Fachbehörden sei erfolgt, sagt Beck, die Genehmigung folglich Formsache. Für die Umsetzung seines Vorhabens hat Beck die Flockenwerk Immo GmbH & Co. KG gegründet, deren alleiniger Gesellschafter er ist.
Ein Hotel ganz aus Massivholz
Daran wird deutlich, dass der Name ebenso erhalten bleiben soll, wie der alte Industriebau selbst. Anfang des 20. Jahrhunderts war das Gebäude für die Fabrikation von Kartoffelflocken errichtet worden. Künftig sollen darin verschiedene gastronomische Angebote untergebracht werden - vom Frühstückscafé über den preiswerten Mittagstisch bis zum gehobenen Restaurant. Der Arbeitstitel "Markthalle" sei allerdings missverständlich, erklärt Beck. Lebensmitteleinzelhandel sei nämlich nicht geplant.
Ans Flockenwerk schließt sich später das Foyer des Hotels mit Wellnessbereich im Obergeschoss an, und daran der dreigeschossige Trakt mit insgesamt 40 bis 45 Hotelzimmern. Das Hotel soll ganz aus Massivholz-Elementen gebaut werden. Beck vertraut dabei auf einen österreichischen Hersteller mit jahrzehntelanger Erfahrung im Holzbau. In konventioneller Bauweise soll daran anschließend die Veranstaltungshalle mit Platz für bis zu 500 Personen entstehen.
Der Zeitplan, den sich der Investor dabei gesetzt hat, ist ehrgeizig. In diesem Jahr soll das Genehmigungsverfahren abgeschlossen werden, Anfang 2022 soll das Hotel in Betrieb gehen. "Mein Ziel wäre sogar Ende 2021", sagt Joachim Beck. Zeitnah soll auch die Veranstaltungshalle Gestalt annehmen.
In weiterer Ferne liegt das angrenzende Chalet-Dorf mit mehreren zweigeschossigen Gebäuden in Holzbauweise, die jeweils eine bis zwei Ferienwohnungen beherbergen. Bevor mit deren Bau begonnen werden kann, müsse auf dem Gelände des ehemaligen Steinwerks Spenkuch erst das gewünschte Umfeld geschaffen werden, um den Eindruck eines Feriendorfes im Grünen zu vermitteln.
Auf die fränkische Karte setzen
Strategisch setzt Joachim Beck auf die fränkische Karte. "Mein Ansatz wird sein, das ganze fränkische Weinland in die Vermarktung mit einzubeziehen", sagt er, "wir richten uns ja nicht nur an die örtlichen Gäste, sondern wollen das Hotel überregional verorten." Die moderne Holzbauweise sei dabei ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber konkurrierenden Teilregionen wie die Mainschleife. "Touristisch ist uns die Mainschleife 20 Jahre voraus, aber wir können aufholen und uns im Wettbewerb sinnvoll ergänzen", so Beck.
Fest steht für Bürgermeister Peter Juks, dass das Projekt keine Konkurrenz, sondern eine Unterstützung für die Altstadt sein wird. Der Bedarf an weiteren Übernachtungsmöglichkeiten in der Region sei hoch. Bauamtsleiter Jens Pauluhn begrüßt, dass das historische Flockenwerk, entgegen früheren Plänen, erhalten bleiben kann.
Persönliche Beziehungen zum Flockenwerk
Joachim Beck hat eine ganz persönliche Beziehungen zu dem Gebäude. Seine Großeltern hätten dort gearbeitet und gewohnt. In der kleinen Lageristenwohnung kam sein Vater zur Welt. Vielleicht erkläre sich so die Leidenschaft und Hartnäckigkeit, mit der er sein Projekt über alle Höhen und Tiefen hinweg verfolgt hat, sagt Joachim Beck.
Direkt gegenüber der Baustelle hat Beck inzwischen einen ehemaligen Laden angemietet. Den Arbeitern auf der Baustelle stellt er dort Sozialräume zur Verfügung. Er selbst hat dort sein Büro aufgeschlagen, von dem aus er die Bauarbeiten in den kommenden Jahren beaufsichtigen will. Das Büro steht auch interessierten Bürgern offen, die sich dort über die Pläne und den Baufortschritt informieren wollen. Die Transparenz soll verdeutlichen, dass das Projekt dem Wohl der Stadt dient, sagt der Investor.
Ob das „Markthallenangebot aber nicht doch in erheblichen Maß, gerade in der touristarmen Winterzeit weitere Kunden aus der eh notleidenden Innenstadt abzieht, bleibt abzuwarten.
Was Ochsenfurt braucht ist ein attraktives Angebot für die dunkle Jahreszeit. Das wird die Stadt nicht alleine schaffen. Dazu braucht’s viel mehr ehrliche Kooperation der umliegenden Gemeindebürgermeister. Vermutlich werden aber auch bei der nächsten Kommunalwahl eher die testosterongesteuerten Bürgermeister an der Spitze stehen. Vielleicht wäre dann ja eine Frau an der Spotze des Landkreises der sicher dringend notwendige Ausgleich.