Eine Baustelle. So sieht das ehemalige Gasthaus "'s Käferle" im Kastenhof in der Ochsenfurter Badgasse im Moment noch aus. Dicke alte Balken an der Decke, steinerne Wände, Baustellenstrahler, Staub und Lärm. Mitten drin stehen Jacob Pritzl, Massimo Michel und Silas Distler und besichtigen ein merkwürdiges kleines Verlies in der Wand, verschließbar mit einem Gittertürchen. Das, verrät Jacob Pritzl, soll einmal ein Bierkrugtresor werden. Wenn das neue Wirtshaus fertig ist, können die Stammgäste ihre eigenen, für sie persönlich reservierten Trinkgefäße hier sicher verwahren. Im Mai, so hofft Pächter Massimo Michel, wird "Johanns Brauhaus" eröffnen, so es die Corona-Situation zulässt.
Nachdem 2019 das "Käferle" schloss, rückte für Jacob Pritzl ein lange gehegter Traum in greifbare Nähe: Der 31-Jährige, der in der Geschäftsführung der Ochsenfurter Kauzen Bräu tätig ist, wünschte sich eine Lokalität, in der er auch Kunden das Angebot des Familienunternehmens präsentieren kann, wie er sagt. Kein Wunder also, dass der Gerstensaft bei dem Projekt Priorität hat. Namenspatron für das Wirtshaus ist Pritzls Ur-Ur-Ur-Großvater Johann Jacob Gehring, der 1849 die damals im Kastenhof befindliche Ehemann'sche Brauerei erwarb und dort auch eine Brauereischänke betrieb.
Lebensmittel von Lieferanten vor Ort
Für den gastronomischen Betrieb hat Pritzl bereits einen Pächter gefunden: den gelernten Koch Massimo Michel, den er schon lange kennt. Die beiden wollten für Ochsenfurt "mal was anderes" machen, sagen sie. Mehr etwas für jüngere Leute. Mit ihrer Idee haben sie auch Stadtrat Silas Distler begeistert, der zwar im Hauptberuf Polizeibeamter ist, aber sein handwerkliches Geschick dem Projekt in seiner Freizeit unentgeltlich zur Verfügung stellt.
Eine "schöne Bierkneipe" sei das, was er sich vorstelle, sagt Pritzl. Michel verdeutlicht: "Hier soll der Professor neben dem Maurer hocken, jeder soll willkommen sein." Der 28-Jährige hatte nach seiner Ausbildung zum Koch eine Umschulung gemacht und war im Bereich Logistik tätig, bevor er ein Jahr auf den Philippinen verbrachte, wiederum als Koch. Exotische Speisen werden in "Johanns Brauhaus" dennoch eher die Ausnahme sein. Michel will eine kleine Karte mit einer Handvoll regionaler Gerichte anbieten: Bratwurst mit Kraut etwa oder Brotzeitplatten, aber auch einen Flammkuchen mit selbst erdachtem Rezept. Die Lebensmittel möchte der Koch gerne von Lieferanten vor Ort beziehen.
Kultur in der ehemaligen Kegelbahn
Die Räumlichkeiten im Kastenhof werden komplett neu gemacht, bis auf das Nebenzimmer. Nach dem Umbau wird zumindest im Hauptraum viel Mauerwerk zu sehen sein, der Barbereich soll eher modern gestaltet werden. Ohne coronabedingte Platzbegrenzung kann Massimo Michel etwa 30 Gäste gleichzeitig bewirten, noch einmal ebenso viele passen in das für geschlossene Gesellschaften vorgesehene Nebenzimmer. Auch den Biergarten im Kastenhof will der Pächter wieder in Betrieb nehmen. Dort können an die 60 bis 70 Personen sitzen.
Die ebenfalls zum Kastenhof gehörende Kegelbahn, auf der allerdings schon lange keine Kugeln mehr rollen, würde Jacob Pritzl gern mit ein bisschen Kultur füllen und als Kleinbühne nutzen. Vielleicht, so eine andere Idee für die Zukunft, ließe sich auch eine kleine Schau-Brauerei für Braukurse noch irgendwo unterbringen.
Bierkrugtresore im Hofbräuhaus abgeguckt
Mit dem Umbau begonnen haben Jacob Pritzl, Massimo Michel und Silas Distler schon Ende 2019. Durch die Pandemie hat sich der Baufortschritt jedoch verzögert, und vieles wurde in Eigenleistung gemacht. Die Gesamtkosten gibt Pritzl mit rund 150 000 Euro an, wobei er von einem Modernisierungsprogramm für die Gastronomie profitiert hat, das der Freistaat Bayern für Städte mit weniger als 100 000 Euro anbietet. Ein Teil der Kosten wurde bezuschusst.
Die Idee mit den Bierkrugtresoren hat sich Pritzl übrigens bei einem berühmten Vorbild abgeguckt: Im Münchener Hofbräuhaus gebe es ähnliches, verrät er. Dort sind die verschließbaren Spinde für die steinernen Krüge so begehrt, dass der Normalverbraucher kaum eine Chance auf Abschluss eines Mietvertrages hat. In München werden die traditionsreichen Bierkrugtresore mittlerweile nur noch über eine Warteliste vergeben, wenn einer frei wird.
In "Johanns Brauhaus" ist zumindest ein Bierkrugtresor schon jetzt reserviert: der mit der Nummer eins. "Der ist für den jeweils amtierenden Bürgermeister", erklärt Pritzl. Insgesamt 18 Tresore wird es im Brauhaus geben. Jeder Stammgast, der einen ergattert, muss seinen eigenen Schlüssel mitbringen, um den Bierkrug im Bedarfsfall befreien zu können.