In einem unterfränkischen Obi-Markt soll durch die Marktleitung ein „Klima der Angst“ herrschen. Viele langjährige Mitarbeiter sind bereits weg, nun suchen sie die Öffentlichkeit.
„Ich hab nur noch Rotz und Wasser geheult“, dieser Satz ist gleich von mehreren ehemaligen Mitarbeitern des Obi-Marktes zu hören. Insgesamt berichten fünf ehemalige und sechs aktuelle Angestellte der Redaktion in teils stundenlangen Gesprächen von „massivem psychischen Druck“, „Mobbing“, „Misstrauen“, „Drohungen“ und „Spielchen“ durch die Marktleitung. Angestellte würden systematisch „fertig gemacht“. Sie sprechen von einer „beklemmenden Atmosphäre“, die auch die Kunden spürten.
Als eine Art Hilferuf wurden die Vorwürfe gegen den Marktleiter und seinen Stellvertreter im Januar in einem Internet-Blog öffentlich gemacht. Es ist nicht der erste Hilferuf, aber der erste öffentliche. Im Blog ist von Mobbing, von „gezielt gestreuten Lügen“, einem Marktleiter, der die Mitarbeiter anschreie, von willkürlichen Abmahnungen und Drohungen bei Krankmeldungen die Rede. Im Markt herrsche ein „Klima der Angst“.
Ver.di hält Vorwürfe für berechtigt
Peter König, beim ver.di-Bezirk Würzburg-Aschaffenburg zuständig für den Fachbereich Handel, hält die Vorwürfe für berechtigt. Der Eintrag stamme von ver.di-Ehrenamtlichen, nicht von Betroffenen selbst. König sagt, die Beschäftigtenzahl in dem Baumarkt habe sich von rund 40 auf heute 21 reduziert. Die meisten, oft langjährige Mitarbeiter, seien von selbst gegangen, obwohl Obi – als „Top Arbeitgeber 2017“ ausgezeichnet – Tarifbindung habe. „Eigentlich sind solche Jobs begehrt“, sagt der Gewerkschafter.
Es seien schon Vertreter des Gesamtbetriebsrats und auch schon der Mobbingbeauftragte vor Ort gewesen. Geändert habe sich dadurch nichts, sagen die Angestellten. Der dortige Marktleiter war bis Juli 2014 Marktleiter in einem anderen Obi in Unterfranken, bis der Markt dort schloss, und auch dort seien die Mitarbeiter verängstigt gewesen, berichtet ver.di-Mann König. Dann kam er in den jetzigen Baumarkt.
Immer wieder fällt das Wort „Angst“
Im Gespräch mit Obi-Angestellten fällt immer wieder das Wort „Angst“. Angst, überhaupt in die Arbeit zu gehen. Angst vor dem nächsten Gespräch im Büro des Chefs. Angst, einen Fehler zu machen. Angst, der Chef könnte sehen, wie man sich unterhält. Ehemalige erzählen, sie zitterten heute noch, wenn sie seine Stimme hören oder auch nur auf dem Obi-Parkplatz sind.
Eine ehemalige Angestellte sei irgendwann regelrecht zusammengebrochen, berichten mehrere Betroffene. Sie habe Panik gehabt, Herzrasen, steife Hände und keine Luft mehr bekommen. Der Grund: „Der hat sie immer an die Info gestellt, weil er genau wusste: Das packt sie nicht“, sagt eine ehemalige Kollegin. An der Infotheke habe man keine Verschnaufpause, ständig Kunden, Anrufe, dazu Reklamationen, manchmal noch dazu Kassendienst. Nicht jedermanns Sache.
Viele Mitarbeiter sind gegangen
Gegenüber allen, die „den Mund aufmachen“, so schildern es mehrere, werde er „rabiat“. Innerhalb eines guten Jahres hätten deshalb zehn langjährige Mitarbeiter aufgegeben. Der Marktleiter habe zudem fünf weitere aus dem Markt „gemobbt“.
Ausnahmslos alle erzählen von „Krankenrückkehrgesprächen“ im Büro des Chefs. Wenn sie zurückkehren, egal wie lange sie krank waren, müssten sie sich rechtfertigen und bekämen häufig Simulantentum unterstellt. Und: Der Chef wolle immer den Grund der Krankschreibung wissen.
Anruf beim Chef vor dem Klogang?
Weitere Vorwürfe: Mitarbeiter hätten sich vor dem Toilettengang beim Chef abmelden müssen, die Betriebsvereinbarung werde nicht eingehalten, die Schichteinteilung sei ungerecht, das Jugendarbeitsschutzgesetz werde ignoriert, Mitarbeiter sollten auf Anweisung andere ausspitzeln, eine Mitarbeiterumfrage, in der es unter anderem um die Arbeitszufriedenheit ging, sei von der Marktleitung manipuliert worden, der Marktleiter suche die Konfrontation mit Kunden – die Zahl der Kunden soll auch wegen solchen Verhaltens und wegen zu weniger und ständig wechselnder Mitarbeiter in den vergangenen Jahren bereits stark zurückgegangen sein.
Der Betriebsrat, so die Angestellten, sei in den vergangenen Jahren eingeschüchtert gewesen sei, außerdem praktisch „handlungsunfähig“, weil einer der drei der ebenfalls beschuldigte Stellvertreter des Chefs sei.
„Wer mir ans Bein pissen will, den zertrete ich mit meinen Füßen.“ Das soll der Marktleiter laut einem Schreiben einer Obi-Betriebsrätin an die Geschäftsführung von Ende Dezember, das der Redaktion vorliegt, gesagt haben. „Bitte helfen Sie uns!“, steht in großen Buchstaben am Ende des vierseitigen Schreibens, in dem, untermauert mit etlichen Beispielen, ein Vorwurf nach dem anderen gegen die Marktleitung erhoben wird. Anlass des Briefes soll sein, dass der Marktleiter seit Dezember die Betriebsräte massiv unter Druck setze.
Geschäftsführung seit April im Bild?
Weil sich auf das Schreiben hin wohl wieder nichts tat, verfasste angeblich ein ver.di-Ehrenamtlicher – das Schreiben wurde offenbar weit gestreut – den öffentlich sichtbaren Blog-Eintrag, darauf wurden auch die Medien aufmerksam. Spätestens seit April, als etwa ein halbes Dutzend Briefe ehemaliger Angestellter des Markts an den Regionalleiter für Obi Süddeutschland gingen, können die Vorwürfe der Geschäftsführung bekannt sein.
Unterstützung hätten die Obi-Angestellten jahrelang nur vom Gesamtbetriebsrat erhalten, sagen sie. Gesamtbetriebsratsvorsitzender Christian Schillings jedoch wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern.
Seit zwei Wochen nun tue sich etwas. Eine Fremdfirma sei mit zwei Mann, darunter ein Psychologe, im betreffenden Obi und unterhalte sich mit den Mitarbeitern. Aber was bringe das, fragen Mitarbeiter, wo die Zustände doch eine klare Ursache hätten: den Marktleiter und seinen Stellvertreter. Seien die mal nicht da, herrsche im Baumarkt eine komplett andere Stimmung, berichten alle. Dann entfalle der „geübte Schulterblick“, so drückt es eine Noch-Mitarbeiterin aus.
Der Marktleiter, sein Stellvertreter sowie die Obi-Zentrale wollten sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern.
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Hoffnung bringen dann manchmal unverhofft auftauchende Verbündete, also neu eingestellte Vorgesetzte.
Aber nicht jeder hat das Glück. Was sollte man also tun? Die Mitarbeiter sollten sich privat vernetzen und einen Wortführer aussuchen, der mit der Geschäftsleitung kommunizieren kann. Dann müssen sie zusammen überlegen, was der Wortführer ausrichten soll. Zusammenhalt ist wichtig und Ernsthaftigkeit.
An die Öffentlichkeit zu gehen sollte besser der letzte Schritt sein.
Wieso rufen die Mitarbeiter nicht gemeinsam den höchsten Boss an?
Protokolle der verbalen Entgleisungen anfertigen,Mitschnitte mit dem Smartphone,Beweisssicherung,Anzeigen.
Die Mitarbeiter dieses OBI sollten sich GEMEINSAM (statt einsam) solidarisch verbrüdern und endlich mal Front machen,bis dieser ungeeignete Chef endlich gegangen sein wird von der Geschäftsleitung andernorts.
Aber wir haben in unser Firma mehr wie 135 Beschäftigte, aber keinen Betriebsrat, wohin wende ich mich in diesem Fall!
Was sagst nun? (Gibt es nicht, dafür gibt es Gesetze usw. Wir haben es trotzdem nicht)!
Bei uns geht es aber auch menschlicher zu, wie hier in diesem Bericht dargestellt! Mal schauen was alle wieder "Alle" besser wissen!
Ich bin gespannt!
... klingt nach AfD ...
Wenn die AFD so gut ist, dass man keinen Betriebsrat mehr braucht, dann haben wir „blühende Landschaften“, mit glücklichen Menschen, die gerne ihren Job ausüben! Dämlicher kann man über ein Unternehmen das 50 Jahre am Markt ist, mit Mitarbeitern die ihr Leben lang in diesem Betrieb arbeiten und bereits deren Kinder im Betrieb auch ihr Auskommen finden, antworten wie sie @catlewitz!