Für viele Obdachlose ist der Winter in diesem Jahr noch härter als sonst. Orte wie Cafés und Büchereien, an denen sie sich sonst aufwärmen konnten, sind wegen des Lockdowns geschlossen. Und wegen den Hygienekonzepten können die Notfallhilfen nur knapp einem Drittel der Bedürftigen tagsüber einen Platz zum Aufwärmen anbieten, informiert die Stadt Würzburg in einer Mitteilung. Um dem entgegenzutreten, dient seit dem 6. Januar ein Raum der Posthalle als Wärmehalle für Obdachlose.
Wie wichtig die warme Unterkunft in Zeiten von Corona ist, erklärt Michael Lindner-Jung, Leiter der Würzburger Bahnhofsmission: "Es gibt keine Orte mehr im öffentlichen Raum, wo Menschen sich aufhalten können. Besonders hart trifft das Menschen, die auf der Straße leben." Lindner-Jung erlebt in der Bahnhofsmission, wie problematisch es ist, wenn selbst die vorhandenen sozialen Einrichtungen sich nicht mehr ausreichend kümmern können.
"Die Wärmehalle dient nicht nur zum Schutz, zur Versorgung und zur Wärme. Sie ist auch wichtig, damit die Leute den Kontakt zu Mitmenschen und ihrem Leben nicht verlieren", schildert der Leiter im Gespräch mit der Redaktion. Vor allem in Zeiten der Coronapandemie sei die Wärmehalle besonders wichtig. Denn im Gegensatz zu Personen, die ein Dach über dem Kopf haben, hätten die Bedürftigen oftmals keine Familie und keinen Rückzugsort mehr, erklärt er weiter. Die Bahnhofsmission hat deshalb zusammen mit dem Sozialreferat die Planung übernommen.
"Ohne Corona und ohne die Abstandsregeln wäre der Bedarf in der Form nicht so groß", sagt Steffen Deeg vom Sozialreferat der Stadt Würzburg. "Es gibt eine hohe Frustration, weil die Leute in die Einrichtung nicht reinkommen. Da wollen wir Abhilfe schaffen." Übernachten können die Bedürftigen momentan in den Kurzzeitübernachtungen am Röntgenring und in der Sedanstraße. Diese Einrichtungen müssen am Morgen wieder verlassen werden, informiert Deeg. "Deshalb ist es wichtig, dass es nun einen weiteren Anlaufpunkt für die Menschen gibt."
Auf den rund 300 Quadratmetern der Wärmehalle können 16 Bedürftige unterkommen, erklärt er weiter. Der Raum in der Posthalle ist von Montag bis Freitag, von jeweils 11 bis 15 Uhr geöffnet. Daran, dass Besuche der Halle auch am Wochenende möglich sind, werde derzeit gearbeitet. In dem Veranstaltungsgebäude in der Nähe des Bahnhofs erwartet die Bedürftigen nicht nur ein warmer Raum zum Aufwärmen, sondern auch eine warme Mahlzeit. Doch damit das möglich ist, greift auch in der Wärmehalle ein Hygienekonzept. So gelten dort zwei Meter Abstand sowie die Maskenpflicht.
Doch was ist, wenn die Bedürftigen keinen Mund-Nasen-Schutz haben? "Bei Bedarf bekommen sie von uns eine Maske", erklärt Deeg. Die Mitarbeiter der Wärmehalle, die sich aus ehrenamtlichen Helfern, Mitarbeitern der Bahnhofsmission und einem Werkstudenten zusammen setzten, tragen FFP2-Masken.
Warme Mahlzeiten auch To-Go
Die Wärmehalle ist mit Tischen und Stühlen bestückt, berichtet Deeg. Jeder Bedürftige bekommt einen Platz zugewiesen. Der Zugang zur Halle wird mit einem Ampelsystem geregelt. "Es werden nur Leute herein gelassen, wenn Plätze frei sind", erklärt er. Dafür ist eine Registrierung notwendig.
Für Bedürftige, die sich nicht registrieren oder in den Innenraum möchten, gibt es eine To-Go-Station mit Tee und Speisen. Die warmen Mahlzeiten werden von der Kantine der Deutschen Bahn zur Verfügung gestellt, berichtet Deeg. Auch die ehrenamtlichen Helfer kümmern sich um die weitere Versorgung der Obdachlosen, in dem sie beispielsweise belegte Brötchen anbieten.
Wärmehalle wird gut angenommen
Am Mittwoch, als die Wärmehalle eröffnete, nutzten rund 40 Bedürftige die Tagesunterkunft, wie der Leiter der Bahnhofsmission, Michael Lindner-Jung, mitteilte. Der Großteil der Obdachlosen habe das Angebot ausgenutzt und sich länger in der Halle aufgehalten, einige gar für mehrere Stunden. Die Leute hatten Zeit, sich aufzuwärmen und mal herunter zu fahren, so Lindner-Jung.
Gefreut habe er über das positive Feedback, das er in den ersten Tagen erhalten hat. Eine Besucherin habe ihm bestätigt, dass "wir uns von der Bahnhofsmission immer etwas einfallen lassen." Wie gut das Projekt funktioniert, wird sich in den kommenden Wochen zeigen", so Deeg. "Dann wird geschaut, wo nachgebessert werden muss." Klar ist jedoch, dass die zeitweilige Unterkunft in der Nähe des Bahnhofs bis mindestens Ende März geöffnet sein soll.