Zwei Jahre Zeit habe die Kommission zur Überprüfung der Straßennamen, so hat der Stadtrat im Oktober 2015 beschlossen. Nach mehr als drei Jahren liegt immer noch kein Bericht vor.Kulturreferent Achim Könneke kündigt den Abschluss der Arbeit für den Herbst 2019 an.
Die Kommission prüft das Tun und Lassen von Personen in der NS-Zeit, nach denen die Stadt Straßen benannt hat. Auslöser waren mehrere Berichte dieser Redaktion über die NS-Verstrickung des ehemaligen Würzburger Oberbürgermeisters Helmuth Zimmerer. Das spätere FWG-Mitglied und OB von 1956 bis 1968, hatte in der NS-Zeit der SS angehört und war Rechtsberater einer SS-Standarte gewesen. Mit seiner Dissertation zum Thema "Rasse, Staatsangehörigkeit, Reichsbürgerschaft - ein Beitrag zum völkischen Staatsbegriff" schuf Zimmerer ein völkisches, antisemitisches und demokratiefeindliches Werk.
Zimmerer hat sich bis zu seinem Tod 1984 nicht davon distanziert. 1985 gab der Stadtrat, in Kenntnis von dessen Vergangenheit, einer Straße in Lengfeld seinen Namen. 2015, nach der Enthüllung der Vorgänge, benannten die Ratsmitglieder die Straße um, nach dem katholischen Antifaschisten Georg Angermaier.
Kommission prüft 120 Würzburger Straßennamen
Rund 120 Namen hat die Kommission in Würzburg zu prüfen. 30 wertete sie sofort als unbelastet, zum Beispiel Willy Brandt und Leonhard Frank. 90, berichtet Axel Metz, der Leiter des Stadtarchivs, werden untersucht. Darunter sind 45 bereits fertige biografische Beurteilungen, zu denen aber noch die abschließende Entscheidung fehlt.
Könneke begründet die Säumnis mit dem Wechsel des Kulturreferenten und der zeitweiligen Vakanz der Stelle. Sein Vorgänger Muchtar al Ghusain ging zum 1. März 2018 nach Essen - da hätte die Überprüfung schon erledigt sein sollen.
Das Prüfen der Namen, die Recherche und das Aufarbeiten der Biografen, erledigen, so Könneke, Historiker. Akten aus dem Stadt- und dem Staatsarchiv Würzburg würden ebenso studiert wie Unterlagen von anderen regionalen und überregionalen Stellen, etwa dem Bundesarchiv. Die Öffentlichkeit ist in diesen Prozess nicht eingebunden, sagt Könneke, "wir wollen mit Fakten arbeiten". Ist die Untersuchung abgeschlossen, will die Kommission die Ergebnisse veröffentlichen.
Das weitere Prozedere ist noch nicht geklärt. Möglich ist, dass die Kommission jeden Namen mit einem Beschlussvorschlag versieht, über den der Stadtrat entscheidet. Denkbar ist aber auch, dass sie sich "völlig raushält" (Könneke) und der Stadtrat die Beschlüsse selbst entwickelt. Geht es nach dem Kulturreferenten, wird er den Ratsmitgliedern "konkrete Vorschläge unterbreiten".
Noch in den 1980er Jahren wurden Straßen nach Männern mit Nazi-Vergangenheit benannt
Könneke nennt die Kommission ein wichtiges Projekt der Erinnerungskultur, das nur wirksam sei, wenn öffentlich diskutiert werde. "Zentraler Gewinn der Arbeit sind Vermittlung und Verlebendigung und der Diskurs über die Stadtgeschichte". Dazu gehöre auch die Frage, wie es kommen konnte, dass der Stadtrat noch in den 1980er Jahren Straßen nach Männern mit Nazi-Vergangenheit benannt hat.
Der Kulturreferent kennt ähnliche Prozess aus seiner Zeit in Hamburg, wo er als Leiter des Referats Bildende Kunst und Design unter anderem für die Kunst im öffentlichen Raum zuständig war, und aus Freiburg, wo er das Kulturamt geleitet hat. "Die Emotionalität ist riesig", berichtet er, zu keinem anderen Thema hätten Badische Zeitung und Stadtverwaltung so viel Post bekommen. Familien, Nachfahren, Berufskollegen seien betroffen, "das zieht wahnsinnig große Kreise. Das muss man aushalten, wenn man sich seiner Geschichte stellt."
Nicht still und leise austauschen
In Freiburg sei "jede Umbenennung, jede einzelne Entscheidung im Stadtrat, immer mit entsprechenden Bürgeranhörungen" verbunden gewesen. Die meisten Einwände gegen Umbenennungen "resultierten aus dem Aufwand, den die Bürger haben".
Beschließt der Stadtrat Namensänderungen, will Könneke "nicht einfach still und heimlich Straßenschilder austauschen". Er stellt sich Schilder vor, auf denen ob der neue Name steht und darunter ein erklärender Text.
Bedanken für den Aufwand können sie sich bei den Stadträten, die offensichtlich noch in den 80er Jahren Naziverbrecher mit Straßennahmen geehrt haben.
Zum Glück haben wir in Deutschland einen anderen Umgang mit unserer Geschichte. Wer sich schuldig gemacht hat im 3. Reich kann nicht mit Straßennamen geehrt werden. Irgendwelche aktuelle Großkonzerne haben damit nichts zu tun, das ist doch eine andere Baustelle.
Es heißt aber Mozartfest und nicht Zilcherfest.
Was allerdings die Haltung Zilchers in der Nazizeit angeht so ist Zilcher alles andere als beispielhaft, immerhin hat er Hitler gut genug getaugt um in die Begnadetenliste des Dritten Reichs, verbunden mit einer fetten Sonderzahlung, aufgenommen zu werden - wäre ihm als Regimegegner sicherlich nicht zuteil geworden...
Insofern halte ich eine Ehrung, was die Benennung einer Straße nach einer Person ja datstellt, auch nicht für angebracht, schließlich sollen solche Persönlichkeiten ja ein Vorbild sein.