Noch hat die Grippesaison in Unterfranken gar nicht richtig begonnen – trotzdem wird bereits der Impfstoff knapp. „Vor wenigen Tagen erst habe ich versucht, Impfdosen nachzubestellen. Nur bei einem von vier Großhändlern war noch Impfstoff verfügbar“, sagt Bernward Unger, unterfränkischer Bezirksvorstand im Bayerischen Apothekerverband.
„Der Engpass ist spürbar.“ Das bestätigt auch der Giebelstädter Hausarzt Dr. Christian Pfeiffer. „Der Bestand neigt sich dem Ende zu“, sagt der unterfränkische Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Sein Apotheker habe ihm gemeldet, jetzt könne er noch Impfstoff besorgen – danach sehe es schlecht aus.
Institut vermutet regionale Engpässe
Nach der schweren Grippewelle im vergangenen Winter bekommen in dieser Saison erstmals auch Kassenpatienten einen besseren Impfschutz bezahlt. Die Weltgesundheitsorganisation hatte die Aufrüstung von einem Drei- auf einen Vierfachimpfstoff im Frühjahr empfohlen. Doch der scheint schon wenige Wochen nach dem Start der Impfungen vergriffen.
Einen bundesweiten Ausverkauf der sogenannten tetravalenten Grippeimpfstoffe verneint das Paul-Ehrlich-Institut, das für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel zuständig ist. Es wird aber vermutet, dass es regionale Engpässe gibt. Drei von vier Herstellern hätten ihre Lagerbestände ausgeliefert, sagt eine Sprecherin des Instituts auf Anfrage dieser Redaktion. Die Stoffe wären teilweise bereits verimpft, würden aber auch noch bei Medizinern lagern oder in der Handelskette stecken. Ärzte sowie Verbraucher sind derzeit aufgerufen, Versorgungslücken auf der Homepage des Instituts zu melden.
Bayernweit 31 Grippefälle bestätigt
Wie aber kommt es zu Engpässen? Der Schluss liegt nahe, dass sich nach der schweren Grippewelle 2017/2018 schlicht mehr Menschen impfen lassen. Tatsächlich sei die Nachfrage etwas höher, sagt Bernward Unger, der selbst eine Apotheke in Dettelbach betreibt. Von eher gleichgebliebener Nachfrage spricht Hausarzt Dr. Christian Pfeiffer. „Wir sind aber kräftig am Impfen.“ Alles zur Vorsorge, denn noch habe es keine Grippefälle und keinen Verdacht auf die Erkrankung in seiner Praxis gegeben. Bayernweit wurden nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit in Erlangen in dieser Saison 31 Grippefälle bestätigt. In ganz Deutschland zählte das Robert Koch-Institut bislang 151 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle (Stand 6. November).
Im vergangenen Winter hingegen verlief die Grippewelle außergewöhnlich schwer. Von Beginn an dominierten überraschend B-Viren der sogenannten Yamagata-Linie, der Schutz der verwendeten Dreifachimpfung dagegen war nur gering. Auf dem Höhepunkt nahmen damals einzelne Kliniken in Unterfranken keine Grippepatienten mehr an, Praxen waren völlig überfüllt. Laut Gesundheitsministerium wurden im Freistaat insgesamt mehr als 43 500 Influenza-Fälle gemeldet, so viele wie nie zuvor. Es gab 142 Grippe-Tote.
Noch ist Impfen in Unterfranken möglich
„Wie die kommende Grippesaison verläuft, lässt sich nicht vorhersagen“, sagt Susanne Glasmacher vom Robert Koch-Institut. Es sei aber nicht zu erwarten, dass es erneut zu einer so starken Dominanz der B-Viren komme. Die Umstellung auf den Vierfachimpfstoff mit jeweils zwei A- und B-Komponenten sei ein richtiger Schritt, löse aber nicht alle Probleme. „Fakt ist, eine Impfung bietet nie einen hundertprozentigen Schutz“, sagt Glasmacher. Auch ein Vierfachimpfstoff nicht. „Aber im Schnitt jeder Zweite entgeht mit einer Impfung einer Erkrankung und sie schützt häufig vor schweren Verläufen.“
Üblicherweise beginnt die Grippewelle im Januar, die Monate Oktober und November gelten als ideal zum Impfen. Nur: Ist das trotz des Engpasses noch möglich?
Ja, sagt Apotheker Bernward Unger. „Aber man merkt, dass es kritisch wird und wir wissen nicht, wie sich die Nachfrage entwickelt.“ Kurzfristig weitere Impfstoffdosen zu produzieren, sei nicht möglich, heißt es vom Paul-Ehrlich-Institut. Die Herstellung des Grippeimpfstoffs dauert rund sechs Monate. Zu lange Warten sollten Patienten aus Sicht von Christian Pfeiffer also nicht: „Ich sage meinen Leuten immer, sie müssen schnell sein, wer weiß, wie lange wir noch Impfstoff haben“.