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WÜRZBURG
Grippe trifft so viele wie seit zehn Jahren nicht
Grippe       -  Diese Grippesaison hat es in sich: Die höchste  Zahl von grippebedingten Arztbesuchen seit zehn Jahren meldet das Robert-Koch-Institut in Berlin.
Foto: Maurizio Gambarini/dpa | Diese Grippesaison hat es in sich: Die höchste Zahl von grippebedingten Arztbesuchen seit zehn Jahren meldet das Robert-Koch-Institut in Berlin.
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:40 Uhr

Die Grippe hat Unterfranken extrem hart getroffen. Auf dem Höhepunkt der Grippewelle im Februar nahmen einzelne unterfränkische Kliniken zeitweise keine Grippepatienten mehr auf, sondern verwiesen sie an andere, weiter entfernte Kliniken. Hausärzte berichten, dass ihre Praxen zeitweilig so überfüllt waren, dass behandlungsbedürftige Grippepatienten wieder weggeschickt und „auf später“ vertröstet werden mussten.

Sprechzeiten ausgedehnt und Patienten vertröstet

„Es war furchtbar“, sagt Dr. Christian Pfeiffer aus Giebelstadt, unterfränkischer Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern. Er erinnert sich an einen Februarmontag, an dem so viele Grippepatienten in die Praxis kamen, dass man „einen Teil von ihnen für ein, zwei Stunden wieder wegschicken“ musste. An einigen Tagen habe er seine Sprechzeiten um drei Stunden verlängert, um alle seine hustenden und fiebernden Patienten behandeln zu können, sagt Pfeiffer. „Wir haben in der Praxis alle Termine, die nicht unbedingt zu dieser Zeit nötig waren, wie etwa Check-Ups, verschoben, um uns auf die Grippepatienten konzentrieren zu können.“ Ähnlich hätten viele seiner Kollegen gehandelt, sagt Pfeiffer.

Wo ist das Bett für grippekranke Patientin?

Auch der Würzburger Hausarzt Dr. Christian Potrawa berichtet von einer außerordentlich hohen Zahl von Grippekranken. Das habe dazu geführt, dass es in den Würzburger Kliniken zeitweise „keine Betten mehr gab“ für Grippekranke mit Komplikationen. „Ich habe versucht, eine Patientin einzuweisen. Aber keine Würzburger Klinik hatte für sie ein Bett frei“, berichtet Potrawa. Nach längerem Hin- und Hertelefonieren habe sich dann herausgestellt, dass die Frau aufgenommen werden konnte – allerdings nicht in Würzburg, sondern in Kitzingen oder Ochsenfurt.

Kliniken meldeten sich zeitweise ab

Dass sich „Würzburger Kliniken zeitweise bei der Rettungsleitstelle abgemeldet haben“, bestätigt auf Anfrage Paul Justice als Sprecher des zuständigen Zweckverbands für den Rettungsdienst. Auf dem Höhepunkt der Grippewelle ab Mitte Februar hätten die Würzburger Kliniken der Rettungsleitstelle durch zeitweise Abmeldungen signalisiert, wann ihre Bettenkapazitäten ausgeschöpft waren. Justice betont, dass zu keiner Zeit Patienten nicht hätten behandelt werden können – nur eben nicht im nächstgelegenen Krankenhaus.

Mehr Einsätze bei Krankentransporten

Dass wegen der Vielzahl an Grippefällen die Kliniken „Intensivplätze abgemeldet, Stationen abgemeldet“ haben, bestätigt für das nördliche Unterfranken Thomas Schlereth, der Leiter der für Schweinfurt, die Haßberge, Bad Kissingen und die Rhön zuständigen Integrierten Rettungsleitstelle Schweinfurt. „Wir hatten im Februar deutlich mehr Einsätze als im Vorjahr und durch die zeitweise Abmeldung von Kliniken deutlich längere Wege“, berichtet Schlereth.

Extrem harte Grippesaison in ganz Deutschland

Nicht nur in Unterfranken, sondern in ganz Deutschland gab und gibt es eine „extrem harte Grippesaison “. Das sagt Susanne Glasmacher, Pressesprecherin des Berliner Robert-Koch-Instituts, das über Grippeverläufe exakte Daten erhebt. „Wir hatten in nur einer einzigen Woche in der zweiten Februarhälfte 2,7 Millionen Arztbesuche wegen Grippe“, referiert Glasmacher. So viele grippebedingte Arztbesuche in nur einer Woche habe es seit zehn Jahren nicht gegeben. Warum die Grippe diesmal so viele Menschen befiel? „Dass die Grippe so viele traf, lag daran, dass hauptsächlich der Virus-Typ B der Yamagata-Linie unterwegs war.“ Dieser Viren-Typ sei einige Jahre nicht zirkuliert; und wenn ein Virentyp lange abwesend bleibe, sinke die Immunität in der Bevölkerung. Auffällig sei, dass heuer besonders Kinder und „mittelalte Erwachsene“ betroffen gewesen seien. Anders als die „Mittelalten“ hätten Senioren gegen den Virus der Yamagata-Linie einen gewissen Immunitätsschutz; sie seien von der Grippe nicht so häufig betroffen gewesen, hätten aber dann im Erkrankungsfall schlechtere Verläufe gehabt.

Mittlerweile ist der Höhepunkt der Grippewelle überschritten; aber die Zahl der grippeindizierten Arztbesuche – und damit die Zahl der Erkrankungen – ist noch immer hoch.

 
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