zurück
Würzburg
Nitrat im Grundwasser: Warum Zwischenfrüchte jetzt wichtig sind
Bald blühen viele Felder gelb, lila, weiß: Es ist die Zeit der Zwischenfrüchte, die das Nitrat im Grundwasser reduzieren sollen. Doch manche Landwirte tun sich damit schwer.
Das Foto zeigt eine Schauanlage bei Albertshausen (Ortsteil von Reichenberg im Landkreis Würzburg), auf der heuer bereits im Juni verschiedene Zwischenfrüchte, unter anderem Senf (gelb) und Phacelia (lila), zu Demonstrationszwecken blühen. 
Foto: Jürgen Hartmann, Wasserberater am AELF Würzburg | Das Foto zeigt eine Schauanlage bei Albertshausen (Ortsteil von Reichenberg im Landkreis Würzburg), auf der heuer bereits im Juni verschiedene Zwischenfrüchte, unter anderem Senf (gelb) und Phacelia (lila), zu ...
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 09.02.2024 21:21 Uhr

In diesen Wochen wird ein Blick auf die Felder zeigen: Blühen sie bald in buntem Gelb, Lila und Weiß? Oder machen einige Landwirte ihre Drohung bei den Bauernprotesten nun wahr und bauen nach der Ernte keine Zwischenfrüchte mehr an? Der Grund: Laut der 'Neuen Düngeverordnung' sollen sie im Herbst ihre Äcker, sofern sie in Nitrat belasteten Gebieten liegen, nicht mehr düngen. Was bedeutet das für Unterfrankens Grundwasser? Schließlich sollen Zwischenfrüchte doch verhindern, dass überflüssiger Stickstoff über den Winter als Nitrat ins Grundwasser ausgewaschen wird.

Bislang gebe es keine Statistik, wie viele Landwirte in Unterfranken Zwischenfrüchte anbauen, sagt Dr. Nadine Jäger, zuständig für den Bereich Wasserschutz in der Landwirtschaft bei der Regierung von Unterfranken. Doch überall dort, wo Wasserversorger freiwillige Kooperationen mit Landwirten abgeschlossen haben, werde es bald bunt auf den Feldern blühen. In Unterfranken gibt es immerhin 60 Kooperationen zwischen 310 Wasserversorgern und Hunderten von Landwirten.

Zwischenfrüchte erhöhen Wasseraufnahmefähigkeit der Böden

Die Vorteile von Senf (gelb), Phacelia (lila), Kresse oder Ölrettich (beide weiß) sind vielfältig: Stickstoff, der zu viel ausgebracht wurde, wird von den Pflanzen aufgenommen und nicht über das Winterhalbjahr in untere Bodenschichten bis ins Grundwasser transferiert. Zwischenfrüchte, die in unterschiedlichen Tiefen wurzeln, erhöhen die Bodenfruchtbarkeit, den Humusaufbau und die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden. Kommt es im Klimawandel zu Starkregen, wird der Boden nicht so schnell abgeschwemmt. Äcker, die brach liegen, sind dagegen anfällig für Bodenerosion.

Die lila blühende Phacelia ist eine Zwischenfrucht mit einer relativ dicken Wurzel, die nicht nur beliebt bei Insekten ist, sondern auch Verdichtungen im Boden aufbrechen kann.
Foto: Jürgen Hartmann | Die lila blühende Phacelia ist eine Zwischenfrucht mit einer relativ dicken Wurzel, die nicht nur beliebt bei Insekten ist, sondern auch Verdichtungen im Boden aufbrechen kann.

Doch spätestens im Herbst 2021 könnte es auch in Unterfranken, wo 15 der 45 Grundwasserkörper laut Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg als Nitrat belastet gelten, vielen Landwirten nicht mehr erlaubt sein, ihre Zwischenfrüchte zu düngen. Lohnt sich da der Zwischenfruchtanbau überhaupt noch?

Wie wichtig ist das Düngen?

Dominik Herrmann, Sprecher des Vereins 'Land schafft Verbindung', der von Milchvieh und Ackerbau in Gaukönigshofen (Lkr. Würzburg) lebt, sagt: "Wird die Herbstdüngung verboten, werden viele Landwirte den Aufwand der Zwischenfrüchte nur noch auf sich nehmen, wenn sie unbedingt müssen." Denn: Die Pflanzen würden sich ohne Stickstoff nur mickrig entwickeln, die Bodenfruchtbarkeit leide, ebenso die Artenvielfalt der Insekten. Nur einmal im Frühjahr den Boden zu düngen, sei für ihn vergleichbar, wenn "Menschen nur einmal am Tag zum Frühstück etwas zu essen bekämen". Dazu komme: "Wir haben keine Lagerkapazitäten für die Gülle".

Anders sieht das Landwirt Horst Düll aus Rottenbauer, der seit 20 Jahren Zwischenfrüchte anbaut. Seine Äcker liegen im Wasserschutzgebiet 'Kalte Quelle' im Einzugsgebiet der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH. Er sei ein "Verfechter der Zwischenfrucht" und baue schon heute Zwischenfrüchte ohne Düngung an, denn: "Wenn sie tatsächlich mickrig werden, ist das eigentlich ein gutes Zeichen: Dann habe ich den Dünger, etwa für meinen Weizen zuvor, richtig dosiert." 

"Die oft pauschal verteufelte Gülle ist nicht immer schlecht. Es darf aber nicht zu viel sein."
Dr. Nadine Jäger, zuständig für den Bereich Wasserschutz in der Landwirtschaft bei der Regierung von Unterfranken

"Die oft pauschal verteufelte Gülle ist nicht immer schlecht", sagt Nadine Jäger, die auch die Wasserberater an den Ämtern koordiniert. Um Nährstoffe in einen Kreislauf zurück auf den Acker zu bringen, habe Gülle in Maßen Vorteile. "Es darf aber nicht zu viel sein", so Jäger. Eben nur so viel, wie die angebaute Kulturpflanze auch aufnehmen könne.

In Franken ist der Boden nie völlig leer

Dass sich die Kulturpflanze tatsächlich alle Nährstoffe aus dem Boden holt, sei in einem Trockengebiet wie Franken so gut wie nie der Fall, meint Landwirt Horst Düll. "Hier ist die Ernte nie so bombig, dass der Boden völlig leer ist. Und die restlichen Nährstoffe kann ich dann eben nur mit Zwischenfrüchten im Boden konservieren." 

Und falls im kommenden Jahr mit der 'Neuen Düngeverordnung' auch in Bayern nicht nur die Herbstdüngung verboten wird, sondern die Bauern, deren Äcker in Nitrat belasteten Gebieten liegen, sogar dazu verpflichtet werden, Zwischenfrüchte anzubauen? "Dann kommen auf viele Landwirte wieder höhere Kosten zu", befürchtet Dominik Herrmann.

Glück hätten dann all jene, die in Trinkwassereinzugsgebieten mit Wasserversorgern kooperieren. Wie Horst Düll: Seine Kosten für Saatgut, Bearbeitung und Ausbringung der Zwischenfrüchte werden vom Wasserversorger mit etwa 90 Euro pro Hektar und Jahr gedeckt.

Neue Düngeverordnung: Worauf Unterfrankens Landwirte jetzt hoffen

Zum 1. Mai trat aller Bauernproteste zum Trotz in Deutschland die Neue Düngeverordnung in Kraft. Diese ist allerdings noch nicht in den einzelnen Bundesländern regional umgesetzt.
In Bayern könnte ab 2021 die Herbstdüngung in roten, Nitrat belasteten Gebieten verboten sein. Außerdem könnte in diesen Gebieten der Zwischenfruchtanbau sogar verpflichtend werden. Ob dies aber auch für Trockengebiete wie Unterfranken gilt, ist noch offen.
Wo genau die neuen roten Gebiete liegen, ist ebenfalls noch unklar. Denn die Karte der Wasserwirtschaftsämter wird gerade überarbeitet. Sie soll künftig noch kleinteiliger und punktgenauer zeigen, wo die Nitrateinträge herkommen. Dies hatte Umweltminister Thorsten Glauber den Landwirten bei den Bauernprotesten unter anderem in Iphofen versprochen.
Im niederschlagsarmen Unterfranken, wo es aufgrund der geringen Verdünnung der Schadstoffe zwischen zehn und 30 Jahre dauert, bis sich Grundwasser regeneriert, hoffen viele Landwirte noch, dass ihre Äcker vielleicht aus den roten Gebieten herausfallen.
Quelle: akl
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Rottenbauer
Heidingsfeld
Gaukönigshofen
Angelika Kleinhenz
Ackerbau
Bauernprotest
Bodenerosion
Ernte
Landwirte und Bauern
Landwirtschaft
Nitrate
Regierung von Unterfranken
Thorsten Glauber
Wasserschutz
Wasserschutzgebiete
Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg
Wasserwirtschaftsämter
Äcker
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • arnold.friedrich@t-online.de
    Was soll das Foto vom Juni auf der Versuchsfläche in Albertshausen auusagen?
    Schaut toll aus, nur Realitätsfern weil die Getreideflächen ja erst vor 10Tagen geerntet wurden. Alle anderen Früchte stehen noch auf der Fläche!
    Die nächsten Tage werden jetzt nach und nach die Zwischenfrüchte ausgesät, aber bei unserer Herbsttrockenheit ist es mit dem Feldaufgang oft nicht weit her und der Regen der meist erst im Oktober und November bringt nix mehr weil der Pflanzenwuchs dann stoppt. Ich verstehe nicht diese Diskusionen um die Düngung, wenn es nix regnet bringt die Gülle für die Pflanzen gar nichts. Und wenn es viel regnet verdünnt sich das Nitrat oder die Planzen nehmen es auf. Oberbayern und Niederbayern kennt keine roten Gebiete , bei 1000-1400 mm Niederschlag wird alles so verdünnt das es keine Probleme mit Nitrat im Trinkwasser gibt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dietmar@eberth-privat.de
    Welche fachliche Kompetenz haben Sie? Wenigstens etwas praktische Kompetenz im Hobbygarten?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten