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Ochsenfurt
Nicht wundern: Der Künstler Marc Haselbach sucht für seine Wunderkammer Wunder aus Ochsenfurt
Der Berliner Künstler hat sich für sein Projekt in der Zuckerstube im Alten Ochsenfurter Rathaus einquartiert. Was es mit der Suche auf sich hat und wer sich beteiligen darf.
Der Künstler Marc Haselbach sammelt in der Ochsenfurter Innenstadt 'Wunder' und ihre Geschichten.
Foto: Silvia Gralla | Der Künstler Marc Haselbach sammelt in der Ochsenfurter Innenstadt "Wunder" und ihre Geschichten.
Simon Hörnig
 |  aktualisiert: 12.02.2024 11:50 Uhr

Den "Tollpatschesel" mit den zahlreichen Flicken kann Marc Haselbach dem achtjährigen Maximilian nicht abspenstig machen. Trotzdem lauscht der Junge aus Eibelstadt gespannt den Ausführungen des Künstlers, der ihm und seiner vierjährigen Schwester Elisabeth in einfacher Sprache sein Projekt der "Ochsenfurter Wunderkammer" erklärt.

So gehe es darum "Wunder", also Gegenstände, die für ihre Besitzerin oder ihren Besitzer eine besondere Bedeutung haben, zusammenzutragen und am letzten Projekttag - dem "Tag der Wunder" - in einer gemeinsamen Ausstellung zu präsentieren. Dort sind dann sämtliche "Wundergeber" dazu eingeladen, jene Geschichte zu erzählen, die ihre Besitztümer zu Wundern macht.

Interessiert lauschen Maximilian (8), seine Schwester Elisabeth (4) sowie Johann (8) und Anna (4) den Ausführungen von Marc Haselbach.
Foto: Silvia Gralla | Interessiert lauschen Maximilian (8), seine Schwester Elisabeth (4) sowie Johann (8) und Anna (4) den Ausführungen von Marc Haselbach.

Älteste Teilnehmerin war 106 Jahre alt

Mitmachen dürfen Alle, die aus Ochsenfurt und Umgebung stammen. Doch auch für "Fremdwunder" von Touristen, die in Ochsenfurt ihren Urlaub verbringen, würde der diplomierte Bildhauer ein Auge zudrücken. Auch das Alter spielt keine Rolle: "Von 4 bis 104", grenzt Haselbach die Spanne gegenüber seiner jüngsten Zuhörerin spontan ein - verrät aber später, dass er auch schon eine 106-jährige Buchhändlerin zur Teilnahme an einer seiner früheren Wunderkammern begeistern konnte.

"Es ist nicht so, dass ich die alle mit nach Hause nehme – da hätte ich ja zu viele Wunder. Nein! Ihr kriegt eure Wunder natürlich zurück."
Marc Haselbach, Künstler und Initiator des Wunderkammer-Projekts

Überhaupt geht der extrovertierte Berliner, der bei Seligenstadt nahe Aschaffenburg aufgewachsen ist, sein Projekt eher spielerisch an. Im Mittelpunkt stehen zwischenmenschliche Interaktionen, das genaue Regelwerk entwickelt sich mit dem Verlauf der Aktion. Was jedoch nicht bedeutet, dass auf Strukturen gänzlich verzichtet würde. Auf die wichtigste Frage, die sich nicht nur Maximilian und Elisabeth im Zusammenhang mit dem Projekt stellen dürften, "Was passiert mit den abgegebenen Gegenständen?", hat Haselbach ein klare Antwort: "Es ist nicht so, dass ich die alle mit nach Hause nehme – da hätte ich ja zu viele Wunder. Nein! Ihr kriegt eure Wunder natürlich zurück."

Träger des Projekts ist das Museum für Franken

Dabei müssen sich die Leihgeberinnen und Leihgeber nicht alleine auf das Wort des 57-Jährigen verlassen, sondern erhalten einen vom Träger der Aktion - dem Museum für Franken - vorbereiteten Nachweis. In dem vierseitigen Dokument werden alle relevanten Informationen zu dem Gegenstand sowie die Kontaktdaten für die anschließende Rückgabe erfasst. Diese erfolgt direkt nach der finalen Ausstellung, die für den 23. und 24 Juli geplant ist.

Je nachdem wie viele Wunder bis zum Abend des 22. Juli - um 18 Uhr ist Annahmeschluss - zusammengekommen sind, erfolgt die Ausstellung direkt in der "Zuckerstube" in der Ochsenfurter Brückenstraße oder muss auf eine größere Räumlichkeit verlegt werden. Der Gewölbekeller des Alten Rathauses, den ihm die Stadt zur Verfügung gestellt hat, ist auf die Dauer des Projekts auch Haselbachs Operationszentrale, vor der er innenstadtnah mit Menschen in Kontakt tritt.

"Du kannst relativ niederschwellig an einer Ausstellung teilnehmen, wenn du eine Geschichte zu erzählen hast."
Künstler Marc Haselbach über den Reiz der Aktion

(Fast) jeder besitzt ein Wunder

Der Standardsatz sei dabei zunächst meist, "Nein, ich habe kein Wunder zu Hause". "Aber in dem Zusammenhang, den ich aufstelle, behaupte ich, dass fast jeder ein Wunder besitzt", erklärt Haselbach und sieht darin auch den Reiz des Projekts: "Du kannst relativ niederschwellig an einer Ausstellung teilnehmen, wenn du eine Geschichte zu erzählen hast."

Der Pleitegeier war eines der ersten Wunder, die Marc Haselbach für seine Ochsenfurter Wunderkammer erhielt.
Foto: Silvia Gralla | Der Pleitegeier war eines der ersten Wunder, die Marc Haselbach für seine Ochsenfurter Wunderkammer erhielt.

Als einen "wahren Schatz" bezeichnet Veronika Genslein, Leiterin Vermittlung und Bildung am Museum für Franken, diese in ihrer Entstehung befindliche Geschichtensammlung. Tatsächlich handelt es sich bei der Aktion in Ochsenfurt nämlich um den offiziellen Auftakt der Veranstaltungsreihe "Wunder für Franken", für die über zehn Jahre hinweg jedes Jahr in einer anderen fränkischen Kleinstadt eine neue Wunderkammer entstehen soll. "Was tatsächlich unser großer Plan ist, ist, dass wenn wir neu eröffnen – 2032 – quasi die erste große Sonderausstellung für uns dann die Präsentation dieser Wundertour in den letzten zehn Jahren ist."

Projekt als Grundstein zur Etablierung des Museums für Franken in ganz Franken

Die Idee der Wunderkammer, die Marc Haselbach seit 2007 bereits 13-mal umgesetzt hat und dabei sogar schon in Japan und Ungarn zu Gast war, sei zudem ein willkommener erster Schritt, um das einstige "Mainfränkische Museum" während seiner Sanierung und Transformierung über Würzburg hinaus in ganz Franken als wortwörtliches "Museum für Franken" zu etablieren.

Große Erwartungen also, denen sich der erfahrene Aktionskünstler jedoch gerne stellt. 20 Wunder hat er seit dem 20. Juni bislang in Ochsenfurt gesammelt und einige weitere bereits in Aussicht. Wer bis zum 22. Juli noch seinen Beitrag leisten möchte, hat Montags bis Samstags jeweils von 9 bis 17 Uhr Gelegenheit, Haselbach in der Brückenstraße anzutreffen.

 
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