Es war an einem kühlen, bewölkten Dezembermorgen als Main-Post-Leserin Angelika Seebode den großen Lärm vor ihrem Fenster bemerkte. Als die Altstadt-Bewohnerin der Würzburger Maxstraße beim Kardinal-Faulhaber-Platzes auf ihren Balkon eilte, stellte sie entsetzt fest, dass die Silber-Linde vor ihrer Wohnung Stück für Stück von oben entfernt wurde. "Ich mag Pflanzen sehr gerne. Dass der Baum gefällt wurde, hat mich traurig gemacht", erzählte die pensionierte Rechtsanwältin. Bereits in den letzten Jahren suchte sie öfter den Kontakt mit dem Gartenamt der Stadt Würzburg, wenn es Probleme mit dem Baum gab. Sie wandte sich nun an die Redaktion und fragte, warum der Baum vor dem Gebäude der Mozartschule weg musste.
Auf Nachfrage der Redaktion machte das Amt nun deutlich, dass es keine Alternative zur Fällung gab. Da das Amt für die sogenannte "Verkehrssicherungspflicht" verantwortlich sei, hätte man überprüft, ob von dem Baum eine mögliche Gefahr ausgegangen war. Zur Überprüfung gehöre demnach auch ein sogenannter "Zugversuch", bei dem die Standhaftigkeit bei starken Wind simuliert werden soll. Anlass für diesen Zugversuch war eine Verletzung des Wurzelwerks, die wohl im Rahmen einer Baumaßnahme entstand.
Der Sachverständige empfahl die umgehende Fällung der Silber-Linde, um ein sogenanntes "Baumversagen" zu verhindern. Diese Anweisung wurde vom Gartenamt sofort umgesetzt, wie in der Stellungnahme betont wird. Gerüchte, dass sich ein in der Straße ansässiges Unternehmen für die Entfernung des Baumes eingesetzt habe, konnte man klar verneinen.
Einen Konflikt mit dem Bestreben der Stadt, umweltbewusst und nachhaltig zu agieren, sieht man in keiner Weise. "Es ist Gefahr von Leib und Leben abzuwenden", so das Gartenamt. Auch in Zukunft werde man bei vergleichbaren Fällen genauso vorgehen. Eine Absprache mit der Anwohnerschaft fand nicht statt und hätte auch ohnehin zu keinem anderen Ergebnis geführt, so das Amt.
Angelika Seebode trauert trotzdem ihrem liebgewonnen Baum nach. Wo früher ein kleines grünes Fleckchen in Mitten der Würzburger Innenstadt war, erinnern jetzt nur noch ein bisschen Rindenmulch und die Überreste des Stamms an die einst mehrere Meter hohe Silber-Linde.