Mit den zivilrechtlichen Folgen eines schweren Verkehrsunfalls zwischen einem Pedelec-Fahrer und einem Auto im Gewerbegebiet Würzburg-Ost musste sich kürzlich das Würzburger Landgericht beschäftigen. Durch sein Urteil hat die 1. Zivilkammer zwei Dinge klargestellt: Autofahrerinnen und -fahrer müssen bei der Ausfahrt aus Grundstücken grundsätzlich auf andere Verkehrsteilnehmer Rücksicht nehmen, und Radfahrerinnen und Radfahrer dürfen einen Radweg oder einen für den Radverkehr freigegebenen Gehweg nicht in falscher Fahrtrichtung benutzen.
Der Unfall ereignete sich am Nachmittag des 19. März 2020, als der Pedelec-Fahrer in der Nürnberger Straße nach der Arbeit auf dem Nachhauseweg war – und zwar auf demselben Geh- und Radweg, den er auch morgens auf dem Weg zum Arbeitsplatz im Gewerbegebiet benutzte. Morgens war die Benutzung korrekt, auf dem Weg nach Hause befand er sich dadurch allerdings auf der linken Seite der Nürnberger Straße, die am Unfallort bergab Richtung Kreuzung Kitzinger Straße führt. Der Gehweg auf der anderen Straßenseite ist nicht für Radfahrende freigegeben.
Pedelec-Fahrer war nach dem Unfall monatelang arbeitsunfähig
Nach den Erkenntnissen eines Sachverständigen war der Radler mit mindestens 20 km/h unterwegs, als vor ihm ein Autofahrer aus einer Ausfahrt kam und über den Geh- und Radweg auf die Straße fahren wollte. Es kam zum Zusammenprall des Pedelecs mit dem rechten vorderen Kotflügel des Autos, bei dem der Radler schwer verletzt wurde. Wegen einer komplizierten Knieverletzung und eines Schädel-Hirn-Traumas (trotz Fahrradhelm) war er mehrere Monate arbeitsunfähig.
Er verklagte den Fahrer des Pkw auf Schadensersatz und Schmerzensgeld und war damit auch teilweise erfolgreich: Der Beklagte und seine Versicherung müssen zwei Drittel davon bezahlen. Der Richter war nach den Ausführungen des Sachverständigen nämlich davon überzeugt, dass der Autofahrer mit mindestens 10 km/h Geschwindigkeit aus der Ausfahrt kam und damit fahrlässig gehandelt hat.
"Wichtig ist die Feststellung des Landgerichts, dass sich der Pkw-Fahrer nicht vorsichtig aus der Einfahrt heraus getastet hat, wie er es behauptet hat", erläutert Rechtsanwalt Alexander Lang aus der Kanzlei Steinbock & Partner, der den Kläger in dem Prozess vertreten hat.
Das Landgericht hat damit gleichzeitig festgestellt, dass auch ein Radfahrer, der auf dem Radweg oder dem Gehweg in falscher Richtung fährt, das Vorfahrtsrecht gegenüber Fahrzeugen behält, die aus einer Ausfahrt kommen. Geregelt ist das in Paragraf 10 der Straßenverkehrsordnung (StVO): Wer aus einem Grundstück auf die Straße fahren will, muss sich dabei grundsätzlich so verhalten, "dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist", heißt es in Satz 2 der Vorschrift.
Gericht: Radfahrer hat Sorgfaltspflichten nicht genügt
Allerdings ging das Gericht auch von einem Drittel Mitverschulden des Pedelec-Fahrers aus, weil er als Geister-Radler auf dem Gehweg unterwegs war, der für Radfahrende nur in der anderen Fahrtrichtung freigegeben ist. "Damit hat er den Sorgfaltspflichten aus Paragraf 1 Absatz 2 StVO nicht genügt", betonte der Richter bei der Urteilsverkündung.
Die Haftpflichtversicherung des Radlers muss daher ein Drittel des am Pkw entstandenen Schadens bezahlen. Um sich korrekt zu verhalten, hätte der Kläger auf der Nürnberger Straße stadtauswärts fahren müssen, die im Gewerbegebiet Ost mit seinen zahlreichen Autohändlern auch von vielen Lastwagen und großen Autotransportern befahren wird.
Beide haben sich falsch verhalten.
Das Fehlverhalten des Autofahrers hätte bei einem bergab fahrradfahrenden Kind, das auf dem Gehweg fahren muss und darf, viel üblere Folgen gehabt.
Man muss immer in alle Richtungen schauen, als Autofahrer eines tonnenschweren Gefährts geht von mir eine viel größere Gefahr aus.
Dass man in der Nürnberger Straße lieber nicht auf der Fahrbahn fährt, kann man dem Radler kaum verübeln.
Zeigt wieder wie notwendig ordentliche Radwege sind (nicht die doofen Schutzstreifen!).
wer mit 20 km/h auf einem "Kombi-Weg" in falscher Richtung fährt und einen Unfall (mit)verursacht, sollte mit (mindestens) 50 % "dabei sein", weil er nicht nur in falscher Richtung unterwegs war, sondern auch noch mit unangepasster Geschwindigkeit.
Warscheinlich lernt man es nur so, das man nicht in die falsche Richtung fährt nur weils kürzer ist.