Shalom Europa, das jüdische Gemeindezentrum im Würzburger Stadtteil Frauenland, ist am Mittwochnachmittag fest verschlossen. Gegenüber dem Gebäudekomplex, zu dem auch die Synagoge der mainfränkischen Juden gehört, haben Polizisten in Streifenwagen Position bezogen. Viele Passanten sind im Nieselregen nicht unterwegs.
Man habe die Präsenz in der Valentin-Becker-Straße der Sicherheitsanlage angepasst, heißt es aus dem Polizeipräsidium. Das Gemeindezentrum steht sowieso schon unter ständiger Beobachtung, nach den Schüssen in Halle hat man die Aufmerksamkeit noch einmal erhöht.
Das Haus selbst ist geschlossen. Nicht einmal die Pforte ist am Feiertag Jom Kippur besetzt. In den Einrichtungen, von der Verwaltung über das Museum bis zum Johanna-Stahl-Dokumentationszentrum, wird nicht gearbeitet. Darauf weist ein Plakat auf Deutsch und Russisch hin. Ein Großteil der rund 1000 Juden in Mainfranken hat seine Wurzeln in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion.
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Plötzlich erscheint Jakov Ebert, der Würzburger Rabbiner, hinter einem vergitterten Seiteneingang. Gestenreich gibt er Fotograf und Reporter zu verstehen, dass sich an Jom Kippur niemand aus der Gemeinde zu den Vorkommnissen in Halle äußern werde. Man möge doch das Gelände vor dem Gemeindezentrum bitte wieder verlassen. Ebert trägt ein weißes Gewand und eine weiße Kippa, so wie es an diesem Buß- und Bettag in der Synagoge Tradition ist.
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Jom Kippur ist der höchste jüdische Feiertag
Jom Kippur ist der höchste jüdische Feiertag. Laut der Website des Zentralrats der Juden in Deutschland ist das Versöhnungsfest ein Tag der Reue, der Buße und der Umkehr. Er soll dazu dienen, "den Menschen zu entsühnen, ihn die göttliche Verzeihung für seine Missetaten erlangen zu lassen". Der Feiertag begann am Dienstagabend bei Sonnenuntergang und dauerte bis zum Sonnenuntergang am Mittwoch. Jom Kippur ist ein strenger Fasttag: "Weder Essen noch Trinken sind erlaubt; auch die Körperpflege, mit Ausnahme des Benetzens der Hände und Augen mit Wasser, ist untersagt." Auch Arbeiten ist verboten.
Bevor sich die Juden am Vorabend des Festes in die Synagoge begeben, entzünden sie zu Hause ein Licht an die verstorbenen Angehörigen, das 24 Stunden brennen soll. Manche stellen auch eine Kerze im Vorraum der Synagoge auf. Jom Kippur endet mit einem Gottesdienst. Anschließend trifft sich die Gemeinde zu einer gemeinsamen festlichen Mahlzeit, dem "Anbeißen". Dabei wünscht man sich gegenseitig ein gutes Jahr und gute "Besiegelung".
Eine Schande, dass der Poilzeischutz überhaupt notwendig ist in Deutschland 2019.