Gestritten wurde in der Beziehung der beiden häufig, Gewalt aber wendete fast nur die nur Frau an. Mit einem traurigen Höhepunkt: Weil sie ihrem Lebensgefährten Ende Juni 2020 ein großes Küchenmesser 18 Zentimeter tief in den Bauch gestochen hat, ist eine 53-Jährige aus Würzburg am Mittwoch zu drei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Das Paar, beide alkoholkrank, hatte sich 2018 in einer Suchtklinik kennen und lieben gelernt und schon kurze Zeit später eine gemeinsame Wohnung im Würzburger Stadtteil Versbach bezogen. Weil beide es in der Folgezeit nicht schafften, die Finger vom Alkohol zu lassen, kam es immer häufiger zu Streitigkeiten. Körperlich übergriffig wurde dabei, so die Erkenntnisse in dem zweitägigen Prozess, offenbar immer nur die Angeklagte. Neben zwei Stichverletzungen hatte die Rechtsmedizinerin am Körper des 55-jährigen Lebensgefährten auch deutliche Bisswunden und zahlreiche blaue Flecken gefunden.
Mit langer Klinge lebensgefährlich
Auch wenn die Ursache der Hämatome nicht in allen Fällen aufgeklärt werden konnte: Die beiden in der Anklage geschilderten Messerattacken der 53-Jährigen waren für den Staatsanwalt "nur die Spitze des Eisbergs". Eine leichte Verletzung an der Schulter hatte das Opfer mit einem Druckverband selbst behandeln können. Beim tiefen Stich mit einer 20 Zentimeter langen Klinge in den Bauch wurde der 55-Jährige so schwer verletzt, dass sein Leben mit einer Notoperation gerettet werden musste.
Angeklagt war die zweite Messerattacke als versuchter Totschlag, verurteilt wurde die 53-Jährige nach einem umfassenden Geständnis wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen. Sie hatte nach dem Stich selbst den Notarzt verständigt und trat damit nach Auffassung der 1. Strafkammer freiwillig von ihrem Tötungsversuch zurück.
Alkohol die Ursache der Aggression
Die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft haben Angeklagte wie Opfer nicht aufgegeben: "Alle hier wissen, dass das nicht funktionieren wird. Sie sind wie zwei Ertrinkende, die sich an die Beziehung klammern", sagte die Anwältin des 55-jährigen Geschädigten. Obwohl er im Prozess Nebenkläger war, nahm er nicht nur seinen Strafantrag zurück, sondern bemühte sich vor Gericht auch, die Angriffe seiner Lebensgefährtin so harmlos wie möglich darzustellen.
"Wäre es nicht zur Eskalation gekommen, dann hätte er wahrscheinlich weiter alles geschluckt und wir säßen nicht hier", meinte der Vorsitzende Richter. Der genaue Anlass der Streitigkeiten blieb auch nach zwei Verhandlungstagen weitgehend im Dunkeln. Die Angeklagte hatte zwar Probleme mit der getrennt lebenden Ehefrau und den beiden Söhnen ihres Lebensgefährten. Hauptgrund für die Aggressionen der 53-Jährigen, die sich selbst als "explosive Persönlichkeit" beschrieb, war aber ein anderer: "Es gibt keine Hinweise darauf, dass sie ohne Alkohol anderen Personen Schaden zufügt", betonte der Vorsitzende.
Unterbringung in Entziehungsanstalt angeordnet
Wegen ihrer Alkoholisierung war die Angeklagte bei ihren Taten nur eingeschränkt schuldfähig, ohne erfolgreiche Suchttherapie besteht nach Einschätzung einer Sachverständigen die Gefahr weiterer Körperverletzungstaten. Deswegen hat das Landgericht ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. "Nutzen sie diese Chance, es wird ihre letzte sein", gab der Vorsitzende der 53-Jährigen mit auf den Weg. Sie nahm das Urteil noch im Sitzungssaal an.
Wenn ich im eingeschränkt zurechnungsfähigen Zustand ein Messer in die Hand nehme und zusteche: 3 Jahre und drei Monate Knast.
Wenn ich voll zurechnungsfähig im Auto sitze, auf schmaler Landstraße voll vorsätzlich austeste wie schnell ich das schaffe ("...bis zu 190 km/ h...") und fahre (im Gegenverkehr) jemanden tot: Freispruch auf Bewährung (ohne weitere Auflagen w.z.B. obligatorische Teilnahme an Verkehrsunterrichtsstunden?/ jedenfalls keine "Entziehungskur").
Kann mir das jemand erklären?