Ein bisschen Spott kann sich ein Fahnder nach dem Rekord-Drogenfund nicht verkneifen: "Dass wir hier in Würzburg und in Bamberg 500 Kilogramm Koks gefunden haben, geht den Dealern bestimmt sauber die Nase rauf." In einem Lebensmittelmarkt im Würzburger Stadtgebiet hatte die Polizei 17 Pakete zu je einem Kilogramm Kokain entdeckt - versteckt waren die Drogen nach Angaben des Bayerischen Landeskriminalamts in Kartons voller Bananen.
Der Wert des Fundes ist sogar noch höher, als zunächst angenommen. Nach Zahlen des statistischen Bundesamtes war diese Redaktion von einem Marktwert von 17 Millionen Euro für die insgesamt gefundenen 500 Kilogramm Drogen ausgegangen. Es gebe beim Kokain bei Großhandelspreisen jedoch "ein gewisses Nord-Süd-Gefälle", erklärte nun ein Sprecher des LKA in München am Mittwoch auf Nachfrage. Er bezifferte den Wert des beschlagnahmten Kokains auf 25 Millionen Euro.
Doch der aktuelle Fund in dem Würzburger Lebensmittelmarkt ist nicht der einzige Fall dieser Art in der Region: Denn nun wurde der bisher geheim gehaltene Fund einer noch viel größeren Menge Drogen bei einem Obst- und Gemüsehändler im Landkreis Main-Spessart bekannt. Ein Sprecher des LKA bestätigte Informationen dieser Redaktion: In einem Bananenlager in Marktheidenfeld wurden Ende November sogar 60 Kilogramm Kokain entdeckt.
Lagerarbeiter hatte acht Kilogramm Kokain für sich abgezweigt
Es sei ein Zufallsfund "aus Dummheit" gewesen, wie der LKA-Sprecher bestätigt. Ein Lagerarbeiter habe die verbotene Ware entdeckt. Ihn verdächtigt die Staatsanwaltschaft Würzburg, acht Kilogramm des Kokains abgezweigt zu haben, um sie auf eigene Rechnung zu verkaufen. Doch aus Angst habe der Mann die Drogen bereits nach dem Wochenende zurückgebracht. Pech: Den Rest hatten Kollegen inzwischen gefunden. Drogenfahnder beschlagnahmten die 60 Kilogramm Kokain (Großhandelswert: etwa drei Millionen Euro).
Der Lagerarbeiter aus dem Landkreis Main-Spessart, der die Dealer beklaute, ist bisher der einzige, der für diesen Fund gerade stehen muss. Die wahren Hintermänner der Schmuggelaktion sind laut LKA bisher unbekannt. "Er hat seinen Job verloren und natürlich ist die Menge für hiesige Verhältnisse exorbitant", sagte auf Nachfrage sein Verteidiger Norman Jacob junior. Er hoffe aber auf ein gnädig gestimmtes Gericht, das berücksichtige, dass sein Mandant die Ware zurückgebracht hat. "Das ist schon sehr ungewöhnlich."
Kartons mit Drogen waren mit einem Totenkopf gekennzeichnet
Schon 2019 waren in Hessen und 2017 in mehreren bayerischen Supermärkten der gleichen Kette wie in Würzburg große Mengen Kokain entdeckt worden. Auch zwei Discounter wurden bereits zu unfreiwilligen Helfern der Drogenschmuggler. In einem Großverfahren in München, bei dem es um über 800 Kilogramm Kokain in Bananenkisten in Märkten in Südbayern ging, hatten die Drogenhändler eigens albanische Einbrecher engagiert, um die Drogen einzusammeln. In dem Marktheidenfelder Fall waren die Kartons mit der verbotenen Ware mit einem Totenkopf gekennzeichnet.
"Offensichtlich ist bei den Tätern irgendetwas schiefgegangen", sagte der LKA-Sprecher. "Sonst hätten sie es vorher geholt." Die Ermittler registrierten acht zu diesem Fall passende Einbrüche in Reifehallen in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland.
Waren die Drogen eine "Fehllieferung" an den Würzburger Supermarkt?
In dem Fall aus Südbayern konnte man die Spur des Kokains bis nach Ecuador in Südamerika zurückverfolgen. Die Herkunft könnte beim aktuellen Fund in Würzburg die gleiche sein, sagte der LKA-Sprecher. Genaueres sei aber noch unklar.
Alarmierende Berichte der Vereinten Nationen (UNO) zeigen schon seit 2017, dass der Kokain-Anbau in Südamerika vehement zunimmt. Dies führe auch zu immer größeren Lieferungen nach Europa. Die Ermittler gehen laut LKA in dem Würzburger Fall von "einer Fehllieferung" aus, die irrtümlich in den Einkaufsmärkten landete - statt bei den kriminellen Abnehmern der Dealer.