
"Warum berichten Sie in Ihrer Zeitung und in Ihrem Internetangebot nur spärlich über die Opfer der Würzburger Messerattacke? Wäre es nicht wichtiger, den öffentlichen Fokus mehr auf sie zu richten und weniger auf den Täter?"
Fragen wie diese erreichen uns momentan öfter. Die Redaktion hat darüber mehrfach diskutiert. Unsere Haltung zu diesem Thema ist eindeutig: Wir achten in der Berichterstattung mit größter Sensibilität darauf, dass das Gedenken an die Opfer nicht in den Hintergrund gerät. Wichtig ist uns dabei aber: Wir veröffentlichen gemäß unseren journalistischen Leitlinien keine Bilder und verbreiten keine privaten Informationen von Getöteten ohne ausdrückliche Erlaubnis der Angehörigen.
Zurzeit kursieren Fotos und Namen von zwei Opfern in den sozialen Netzwerken. Sicher geschieht das überwiegend in bester Absicht. Die Aktion orientiert sich offenbar an einer Hanauer Initiative. In der hessischen Stadt tötete am 19. Februar 2020 ein Attentäter neun Menschen aus rassistischen Motiven, erschoss dann seine Mutter und sich selbst. Ziel der Initiatoren war und ist es, durch das Zeigen der Bilder und Namen "eine Erinnerung an die grausame Tat" wachzuhalten, "die die Opfer als Menschen sichtbar macht, statt den Täter in den Vordergrund zu rücken". Das alles geschah in Hanau allerdings mit Unterstützung der Familien und Angehörigen.
Wer Bilder und Namen von den Opfern postet, sollte an die Trauer und Schmerzen der Hinterbliebenen denken.
Ein solch organisiertes und einvernehmlich mit den Hinterbliebenen abgesprochenes Vorgehen gibt es nach unserer Kenntnis in Würzburg nicht. Die Polizei Unterfranken weist deshalb zu Recht darauf hin: Wer Bilder und Namen von den Opfern postet, sollte an die Hinterbliebenen denken, die "den schmerzlichen Verlust eines geliebten Menschen verkraften und verarbeiten müssen". Zumal die Fotos bereits für politische Zwecke missbraucht werden, unter anderem von der AfD.
Aus ganz anderen Gründen veröffentlichen wir auch keine Aufnahmen vom Täter. Wir wollen ihm keine Bühne geben, auf der er seine grausame Tat zelebrieren kann. Denn aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist bekannt, dass Amokläufer oder Attentäter ihren "Erfolg" nicht nur an der Opferzahl messen. In der medialen Verbreitung ihrer Geschichte sehen viele von ihnen die eigentliche Belohnung für ihre Taten.
Der Medienökonom Michael Jetter rät vor diesem Hintergrund zur Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Messerattacken wie in Würzburg: "Die Täter wollen die Medienaufmerksamkeit, die am Ende Nachahmer-Taten nach sich zieht." Ausgiebige Berichterstattung spiele im schlimmsten Fall genau dem Täter in die Hände. "Terrorismus lebt von Medien. In neun von zehn Fällen ist ein Terroranschlag nicht auf die Menschen speziell gerichtet, sondern ist darauf ausgerichtet, dass er eine gewisse Medienwirksamkeit erreicht", sagte Jetter der Süddeutschen Zeitung.
Trotzdem müssen wir über alle relevanten Hintergründe einer Tat wie in der Würzburger Innenstadt berichten. Die Öffentlichkeit verlangt Erklärungen - verständlicherweise. Und zwar zügig und umfassend. Der Druck auf die Ermittler ist enorm. Was hat den 24-jährigen Somalier dazu bewogen, mit dem Messer brutal auf Menschen einzustechen? Waren es islamistische Motive? Frauenhass? Eine psychische Erkrankung? Oder eine Mischung aus alledem?
Auch fünf Tage nach der Gewalttat gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Die Ermittler sprechen von einem "naheliegenden islamistischen Hintergrund". Es wird möglicherweise noch einige Zeit dauern, ehe das Motiv eindeutig geklärt ist. Unsere Redaktion wird sich nicht an Spekulationen beteiligen und bei der Frage nach dem Motiv ausschließlich Informationen von offiziellen Quellen veröffentlichen.
Solange es keine Bestätigung dafür gibt, werden wir die Tat auch nicht als Terroranschlag bezeichnen.
Solange es keine Bestätigung dafür gibt, werden wir die Tat auch nicht als Terroranschlag bezeichnen. Wir verwenden weiterhin Begrifflichkeiten wie Messerangriff oder Messerattacke sowie Amoklauf. Das Wort Amok bedeutet „Wut“ oder „in blinder Wut angreifen und töten“. Meistens spricht man von "Amokläufern". Gemeint sind damit Menschen, die andere mit großer Brutalität töten. Der Begriff Attacke ist unserer Ansicht nach ebenfalls zutreffend. Er gilt, wenn weder Motiv noch alle Details zu Tat und Täter bekannt sind, mit dem Verbrechen aber offenbar ein bestimmtes Ziel verfolgt werden sollte.
Für uns Journalisten bleibt die Berichterstattung über den Würzburger Messerangriff eine tägliche journalistische Herausforderung. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BdK), Sebastian Fiedler, hat das Dilemma auf den Punkt gebracht: "Es ist einfacher das Problem zu beschreiben, als damit umzugehen."
Mehr Einblick in die Arbeit der Redaktion bekommen Sie in dem aktuellen Main-Post-Podcast zur Messerattacke.
Unter Zensur geht es heutzutage einfach nicht mehr?
Gibt es wirklich so gar kein Verständnis mehr dafür, das jeder eine Privatsphäre hat, die man nicht so einfach in die Öffentlichkeit zerren darf?
Wollten das die Angehörigen? Wollten sie es nicht? Auffallend ist, dass bei vielen Opfern kein Gesicht, nicht einmal ein Vorname veröffentlicht wird andere hingegen noch Jahre später durch die Medien geistern und immer wieder aufs Neue erwähnt werden. Stets mit der Mahnung, das Geschehen solle nie vergessen werden.
Und dies können Angehörige auch nicht direkt am gleichen Tag entscheiden, mit Druck der aufgebaut wird.
“Ich war verwirrt, wie im Nebel, und die sagten noch, so ein Foto würde [meiner Schwester] nützen”
https://bildblog.de/129195/die-opfer-von-bild-1/
Solche Deppen gehört keinerlei Berühmtheit!
Genauso braucht es keine illegal aus den sozialen Medien geklaute Bilder von den Opfern in der Berichterstattung, wie es die BLÖD gerne macht.