Hans-Jochen Schrepfer, Pflichtverteidiger des mutmaßlichen Messerstechers von Würzburg, sprach nach der Vernehmung seines Mandanten am Samstag von einem "Alptraum". Schrepfer war dabei, als der 24-jährige Somalier am Morgen nach der Tat aus dem Krankenhaus zum Ermittlungsrichter ins Amtsgericht Würzburg gebracht wurde. Selbst der erfahrene Strafverteidiger, der in bald zwei Jahrzehnten Mörder und andere Gewalttäter vertreten hatte, wirkte später angegriffen von dem, was er dort an Tat-Schilderung gehört hatte.
Schrepfer: "Es war extrem schwer zu ertragen"
Nach der etwa einstündigen Anhörung schickte der Würzburger Ermittlungsrichter den mutmaßlichen Angreifer in Untersuchungshaft. In den vielen Jahren, in denen er auch Gewalttäter zu verteidigen hatte, sei er nie in einer vergleichbaren Situation gewesen, bekannte Anwalt Schrepfer. Es sei "extrem schwer" gewesen, die in der Anhörung vorgelesenen Zeugenaussagen zum Tathergang zu ertragen. "Selbst der Dolmetscher tat sich schwer, das zu übersetzen."
Drei Frauen sind in dem Kaufhaus am Barbarossaplatz getötet worden, in dem sich der Täter zuvor das Messer gegriffen hatte, das bestätigte der unterfränkische Polizeipräsident Gerhard Kallert am Samstagnachmittag. Unter den Todesopfern sei auch eine Mutter, die ihr Kind schützen wollte. Eine andere hatte zu fliehen versucht, war aber von dem Täter eingeholt und getötet worden.
Kein Wort des Verdächtigen zu Tat oder Motiv
Der Verdächtige sei nach seiner Festnahme am Freitagabend nicht ansprechbar gewesen. "Er hat nur mit Allah gesprochen", schilderte Pflichtverteidiger Schrepfer seinen Eindruck, als er am späten Abend als Rechtsbeistand zugezogen wurde.
Bis Samstagvormittag habe sich der Verdächtige beruhigt. Er habe auch mit seinem Verteidiger gesprochen, sich aber nicht zur Tat oder seinen Motiven geäußert, sagte Schrepfer dieser Redaktion. Er bestätigte auch eine Aussage des Leitenden Oberstaatsanwalts Frank Gosselke: "Der Beschuldigte ist wegen dreifachen Mordes und sechsfachen Mordversuchs jetzt in U-Haft in der JVA."
"Wenn man so tötet, ist das eine Auffälligkeit"
Die Tat sei für ihn noch unerklärlich, so Schrepfer. "Ich gehe derzeit davon aus, dass es sich um die Spontaneität eines psychisch Auffälligen handelt." Auf Nachfrage sagte der Anwalt: "Über islamistische Hintergründe zu spekulieren, halte ich momentan für verfrüht." Der Täter habe seine Opfer offenbar wahllos attackiert.
Dagegen sprechen indes Hinweise mehrerer Helfer, die berichten: Der Täter habe nicht wie wild mit dem Messer herumgefuchtelt, was eher oberflächliche Schnittwunden an Armen, Gesicht oder Brust verursacht hätte. Er habe vielmehr tödliche Stiche gesetzt, wie sie bei einer Kampfausbildung gelehrt werden. "Wenn man so tötet, ist das eine Auffälligkeit", gab Schrepfer zu.
Zu dem Thema erklärte Polizeipräsident Gerhard Kallert: Für die Ermittler sei das unter dem Gesichtspunkt interessant, ob jemand, der so gezielt zusticht, sich in einer psychiatrischen Ausnahmesituation befunden haben kann und damit schuldunfähig ist - oder nicht. So zuzustechen könne ansonsten jeder lernen, da brauche man keine Nahkampf-Ausbildung.
Mutmaßlicher Täter war in psychiatrischer Behandlung
Ob sein Mandant psychisch auffällig sei, müsse nun geprüft werden, sagte Schrepfer. Er bestätigte, was auch Innenminister Joachim Herrmann später in einer Pressekonferenz sagte: Dass der 24-jährige Somali zuvor in psychiatrischer Betreuung in einem Krankenhaus war. "Er war weggesperrt." Die Ärzte hätten ihn aber entlassen, weil sie ihn nicht mehr als Gefahr für sich und andere sahen, so der Anwalt.