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Würzburg/Frankfurt
Mutmaßliche Todesdrohungen auch gegen Würzburger Anwalt Jun: NSU-2.0-Drohbriefschreiber muss für knapp sechs Jahre ins Gefängnis
Die rechtsextremen Drohungen und Beleidigungen des Angeklagten sorgten bundesweit für Schlagzeilen. Warum die Würzburger Ermittlungen gegen den Mann eingestellt wurden.
Das Landgericht Frankfurt hat Alexander M. am Donnerstag zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Das Bild zeigt ihn zu Beginn des Prozesstages.
Foto: Andreas Arnold, dpa | Das Landgericht Frankfurt hat Alexander M. am Donnerstag zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Das Bild zeigt ihn zu Beginn des Prozesstages.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:56 Uhr

Todesdrohungen, Gewaltfantasien und rassistische Beleidigungen: Im Prozess um die NSU-2.0-Drohschreiben ist der Angeklagte am Donnerstag zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Nach Auffassung der Richterinnen und Richter am Frankfurter Landgericht hat der aus Berlin stammende Alexander M. über 80 hasserfüllte und rassistische Drohschreiben an Rechtsanwälte, Politikerinnen, Journalistinnen und andere Personen des öffentlichen Lebens gerichtet.

Die Drohschreiben gingen per E-Mail, Fax oder SMS unter anderem an den Satiriker Jan Böhmermann, Moderatorin Maybrit Illner und die Anwältin Seda Basay-Yildiz. Unterzeichnet waren sie mit "NSU 2.0". Der Absender spielte auf die rechtsextreme Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) an. Verurteilt wurde er nun unter anderem wegen Beleidigung, Bedrohung und versuchter Nötigung, wegen der Störung des öffentlichen Friedens, der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole und der Volksverhetzung.

Gericht geht von Einzeltäter aus

Die Vorsitzende Richterin zeigte sich in ihrer Urteilsbegründung überzeugt, dass es sich bei M. um einen Einzeltäter handelte. Laut Staatsanwaltschaft hat er sich unter Vorspiegelung falscher Identitäten bei der Polizei persönliche Daten einzelner Adressaten bei der Polizei besorgt. Die Rechtsanwältin Basay-Yildiz, die als Nebenklägerin auftrat, ging hingegen davon aus, dass mindestens ein Polizeibeamter als Mittäter auf der Anklagebank hätte sitzen müssen. 

Keine Rolle im Frankfurter Verfahren spielte derweil die mutmaßliche Bedrohung des Würzburger Anwalts Chan-jo Jun im Frühjahr 2017. Verdächtigt wurde auch in diesem Fall Alexander M.. Allerdings stellte die Staatsanwaltschaft Würzburg ihre Ermittlungen im März 2022 endgültig ein. Angesichts der Schwere der Vorwürfe und der erwarteten hohen Haftstrafe im NSU-2.0.-Prozess fielen die Würzburger Taten "nicht erheblich" ins Gewicht, hieß es zur Begründung.

Mutmaßliche Drohanrufe gegen Würzburger Anwalt Jun

Die Umstände der Bedrohung von Anwalt Jun wurden somit nicht rechtssicher aufgeklärt. So soll Alexander M. im Februar 2017 Jun und seine Familie am Telefon mit dem Tod bedroht haben. Zu diesem Zeitpunkt vertrat der Anwalt vor dem Landgericht Würzburg den syrischen Flüchtling Anas Modamani gegen den Internet-Riesen Facebook. Am ersten Prozesstag gingen in seiner Kanzlei drei Anrufe ein, in denen ein Unbekannter Jun nicht nur rassistisch beleidigte, sondern ihm auch den Tod androhte, falls er das Mandat nicht umgehend niederlege.

Große Sorge bereitete dem Rechtsanwalt, dass der Mann davon sprach, Juns Privatadresse zu kennen. Schließlich seien, so Zeugen, Nazi-Parolen wie "Deutschland den Deutschen" und "Sieg Heil" zu hören gewesen. Er habe Angst gehabt, sagt der Anwalt rückblickend. Zwischenzeitlich sei er mit der Familie ins Ausland abgetaucht, die Vertretung Modamanis in weiteren Gerichtsinstanzen habe er seinerzeit wegen der Gefahrenlage abgelehnt.

Erster Drohbrief nach Verfahrenseinstellung in Würzburg

Als mutmaßlichen Anrufer identifizierte die Staatsanwaltschaft Würzburg in den folgenden Monaten den Berliner Alexander M. und klagte ihn schließlich wegen Nötigung und Bedrohung an. Zum Prozess kam es nicht, weil das Amtsgericht Würzburg die Beweislage als zu dünn erachtete. Es sei nicht sicher zu belegen, dass die Drohanrufe vom Telefonanschluss des Verdächtigen stammten, hieß es. Eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft blieb erfolglos. Nur wenige Tage nach der Verfahrenseinstellung im Juli 2018 in Würzburg hat M. dann der Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz das erste seiner NSU-2.0-Drohschreiben verschickt.

Nach der Festnahme von Alexander M. im Mai 2021 nahm die Staatsanwaltschaft Würzburg die Ermittlungen von 2017 und 2018 zunächst wieder auf.

Im Frankfurter Verfahren wies der Angeklagte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurück. Er hielt sein eigenes Plädoyer und verlangte einen Freispruch. Er sei lediglich Mitglied einer Chat-Gruppe im Darknet gewesen, deshalb seien auf seinem Computer Teile der Drohschreiben gefunden worden. Die Drohungen seien niemals ernsthaft gewesen.

(mit Informationen der dpa)

 
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  • Albatros
    Ein hartes, aber wie ich finde gerechtes Urteil. Ich würde mir wünschen, Kinderschänder würden genau so hart bestraft werden.
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  • hansjoachim.ott@gmail.com
    Scheinbar unvermeidlich, Herr Jun muß in die Überschrift.
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  • kej0018@aol.com
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • king_pansen
    Hat wohl erstmal seinen Pulli vollgesabbert
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