
Auf der Landesgartenschau sind die vier Meter hohen CityTrees ein Hingucker. Jede Wand ist etwa zwölf Quadratmeter groß und mit einem grünen Netz verhängt, dahinter ist das Moos. Der geschwungene Betonsockel mit Sitzbänken enthält einen Wassertank für die Bewässerung.
Amsterdam, Paris, Würzburg
Martin Thies macht mit seiner Würzburger Firma Thies Network Werbung für die "Kunstbäume" und brachte sie auf die Landesgartenschau (LGS). Hergestellt werden sie vom Berliner Unternehmen Green City Solutions, das seit vier Jahren mit "Umwelt- und Klimadienstleistungen für zukunftfähige und lebenswerte Städte" Geld verdient. Nach Angaben des Unternehmens wurden 33 "Bäume" in 50 Städten getestet - von Amsterdam bis Paris. Ist Würzburg die nächste Stadt mit CityTrees?

25 000 bis 50 000 Euro soll ein CityTree, je nach Standort und Größe, kosten. Die vier auf der LGS gehören Thies Network. Ihre Aufstellung war für die LGS-Gesellschaft kostenlos. Laut Thies wurde diese mit Sponsoren finanziert. Die Sparkasse Mainfranken hat eine Werbefläche auf dem Begrünungssystem erworben. "Für uns ist das ein interessanter Werbeträger", sagt Pressesprecher Stefan Hebig. "Wenn wir auch noch etwas Gutes für das Klima tun, ist es umso besser."
Moos-Wand als Biofilter
Nach der Gartenschau will Thies die vier Exemplare in der Innenstadt aufstellen. Im Gespräch mit der Redaktion lobt er deren "wahnsinnige Leistung". "Sie kühlen und filtern Schadstoffe aus der Luft und verbessern so die Aufenthaltsqualität in Städten." Moose würden Feinstaub, Kohlendioxid und Stickoxide aus der Luft aufnehmen. Sie wirkten wie ein biologischer Luftfilter. Außerdem bräuchten Moos-Wände keine keine Wartung.
In Essen ist allerdings im vergangenen Jahr ein CityTree im Bahnhof vertrocknet. Bislang scheint das aber der einzige Ausfall. Denn laut Thiers konnten anfängliche Probleme der ersten Modelle inzwischen gelöst werden. Sensoren im Bauwerk sammelten alle Umwelt- und Klimadaten, um die Versorgung optimal zu regeln. "Die Befeuchtung wird automatisch in Abhängigkeit vom Wasserbedarf gesteuert und Ventilatoren sorgten für eine Wasserwolke, wie Moose sie brauchen", erklärt Thies.

Die futuristischen Stadtmöbel sehen gut aus und passen auch an Plätzen, wo Wurzelraum für Bäume fehlt. Aber kann sich ihre Wirkung auf das Klima tatsächlich mit echten Bäumen messen? Diese sind positiv für das städtische Klima, weil sie Schatten spenden, durch Verdunstung kühlen, Sauerstoff liefern und Feinstaub aufnehmen.
Doch den 426 großen Bäumen im Bischofshut setzen Hitze, Trockenheit und Streusalz stark zu. Immer wieder müssen kranke Exemplare gefällt werden. Wären künstliche Moos-Wände eine Alternative? Umweltreferent Wolfgang Kleiner findet CityTrees "grundsätzlich interessant".
Thiers Network habe der Stadt ursprünglich das Angebot gemacht, die Vier vom Hubland kostenlos in der Innenstadt aufzustellen. Deshalb habe man mögliche Standorte untersucht. "Geeignet sei zum Beispiel der Bahnhofsplatz," sagt Kleiner. Der Umweltreferent betont aber auch: "CityTrees können zur Stadtbegrünung beitragen, aber keine Bäume ersetzen."
Tatsächlich ist ihre Wirkung strittig. Green City Solution behauptet, ihre Begrünungssysteme würden Feinstaub und Schadstoffe kiloweise aus der Luft holen und die "lokale Luftverschmutzung in einem Umkreis von 50 Metern um bis zu 30 Prozent reduzieren". Fachleute glauben das nicht. Das Umweltamt von Nordrhein-Westfalen, das sich im vergangenen Frühjahr mit den CityTrees befasst hat, äußerte sich kritisch: Dass die Mooswände tatsächlich Schadstoffe filtern können, sei wissenschaftlich nicht bewiesen. Auch ein befragter Würzburger Experte hat Zweifel.

Thies sagt dazu, dass Untersuchungen im Labor durchaus zeigten, dass die Moose dazu in der Lage sind. "Ein Freilandversuch im vergangenen November in Modena hat das ebenfalls nachgewiesen." In dieser Studie steht, dass bei einem mehrtägigen Versuch der Feinstaubgehalt der Luft beim Durchfließen durch die Moosmatten durchschnittlich um zwischen elf bis 19 Prozent reduziert wurde. Stickoxide und Kohlendioxid wurden nicht untersucht.

"Wir arbeiten weiter an dem Produkt", sagt Peter Sänger, Geschäftsführer von Green City Solutions gegenüber der Redaktion. Er glaubt daran, dass der CityTree noch weiter verbessert werden kann. "Echte Bäume wollen wir gar nicht ersetzen", sagt Sänger. Die Moos-Wand für die Stadt sei eine zusätzliche Möglichkeit, um etwas für das Stadtklima zu tun - "vor allem im Kampf gegen hohe Feinstaubkonzentrationen."
Aufstellung in der Innenstadt?
Und ziehen die "künstlichen Bäume" nach dem 7. Oktober in die Innenstadt um? Da gibt es unterschiedliche Auskünfte. Umweltreferent Kleiner sagt, da die Firma Thies das Angebot der kostenlosen Aufstellung zurück gezogen habe, habe sich die Sache erledigt. Thiers sagt dagegen: "Es hat sich nichts geändert. Das ist kostenlos für die Stadt." Zur Klärung habe er sich jetzt an Oberbürgermeister Christian Schuchardt gewandt.