Ob ein sozialpädagogisch begleitetes Wohnangebot, ambulant betreutes Wohnen, Kurzzeitübernachtung oder Notunterkunft: Schon seit Jahrzehnten finden Frauen in Krisensituationen im Haus Antonia Werr im Würzburger Stadtteil Sanderau individuelle Hilfe und Unterstützung.
Doch die vielen Jahre gingen an dem Gebäude in der Huttenstraße, das von den Oberzeller Franziskanerinnen betrieben wird, nicht spurlos vorbei. Seit November 2019 wird das Haus nun saniert, derzeit ranken sich Baugerüste um das gesamte Gebäude. Der Betrieb und das Angebot des Hauses läuft derzeit in Räumlichkeiten am Haugerring weiter. "Hier in der Huttenstraße wird indes alles neu gemacht", erklärt Karola Herbert, die Fachbereichsleiterin Frauen. So wurden Zimmeraufteilungen neu geschaffen und auch extra neue Möbel angeschafft.
Laut Herbert sollen im Herbst 2021 die verschiedenen Abteilungen wieder einziehen, dann auch mit erweitertem Angebot: Denn neben den Appartements und kleinen Wohngemeinschaften für Frauen in Krisensituationen und den Betten für obdachlose Frauen, wird es dann auch ein ambulant betreutes Wohnen für Frauen mit einer psychischen Erkrankung geben.
Hinzu fügt Herbert, dass das Antonia Werr Haus keinesfalls eine Konkurrenz zu anderen Frauen-Einrichtungen sein solle, "sondern immer den Blick darauf hatte und hat, was darüber hinaus noch fehlt und aktuell von Nöten sein könnte". Ganz im Sinne der Namensgeberin Antonia Werr, die vor 166 Jahren die Kongregation der Oberzeller Franziskanerinnen gründete. "Sie setzte sich für Frauen am Rande der Gesellschaft ein, schuf ein Zuhause für Prostituierte und Haftentlassene", beschreibt die Fachbereichsleiterin. Wichtig sei ihr, klar zu sagen, dass "wir kein Frauenhaus sind", denn das werde oft falsch verstanden.
"Die Adresse von Frauenhäusern ist anonym. Dort werden Frauen aufgenommen, die aktuell einer Gewaltsituation ausgesetzt sind", erläutert sie. Im Gegensatz dazu sei die Adresse des Antonia Werr Hauses bekannt. "Hier leben Frauen, die aus unterschiedlichsten Gründen in eine Krisensituation geraten sind, aber nicht einer aktuellen Gewaltsituation ausgesetzt sind. Sofern Gewalterfahrungen gemacht wurden, fanden diese in vergangenen Lebensabschnitten statt."
Platz für insgesamt 31 Frauen
Nach der Generalsanierung können insgesamt 31 Frauen in der Huttenstraße einziehen. Drei Wohngemeinschaften mit Wohnküche sind für jeweils drei Frauen konzipiert. Dazu kommt eine Zweier-Wohneinheit für Mutter mit Kind. Von den zehn Einzelappartements sind vier für Frauen nach der Haftentlassung vorgesehen. Auch letzteres Thema liege den Oberzeller Schwestern am Herzen, "damit die Frauen eine zweite Chance bekommen und sich resozialisieren können", so die Fachbereichsleiterin weiter.
Auch die Unterbringung von obdachlosen Frauen in der Kurzzeitübernachtung wird in vier Einzelzimmern deutlich verbessert und aktuellen Standards angepasst. Dem ambulant betreuten Wohnen für Frauen mit psychischer Erkrankung stehen auf drei Etagen zehn Plätze zur Verfügung. "Die Frauen profitieren vor allem von dem reichen Erfahrungsschatz, den die Mitarbeiterinnen mitbringen", erklärt Karola Herbert.
Einige der Sozialpädagoginnen arbeiteten bereits seit mehr als 20 Jahren hier: "Wir möchten Frauen, die ihre Notsituation aus eigener Kraft nicht bewältigen können, ein Stück auf ihrem Lebensweg begleiten." Mit Hilfe der Unterstützung, beispielsweise bei der Existenzsicherung, nach einem Klinikaufenthalt oder bei der Orientierung in problematischen Lebenssituationen, soll sich ihre Lebensqualität verbessern.
Immer häufiger auch Anfragen von älteren Frauen
Immer häufiger erreichen auch Anfragen von älteren Frauen ab 55 Jahren das Haus Antonia Werr. "Sie sind oft von Altersarmut bedroht und brauchen zunehmend Unterstützung", erzählt Ute Berger, die stellvertretende Leitung. Ein alten- und behindertengerechter Zugang, ein Aufzug und zwei entsprechend ausgestattete Apartments stehen diesen Frauen nun künftig zur Verfügung.
Damit das Gebäude aus den 1970er Jahren aktuelle technische Vorgaben bezüglich des Brandschutzes und der Energiebilanz erfüllt, und sich die Wohnsituation der Bewohnerinnen verbessert, fließen rund fünf Millionen Euro in die Generalsanierung.
Auch, wenn für die Investitionskosten Zuschüsse von der Bayerischen Landesstiftung, der Aktion Mensch, der Stiftung Wohnhilfe in Bonn und dem Bischöflichen Ordinariat gewährt werden, muss ein Großteil der Kosten von den Oberzeller Franziskanerinnen selbst übernommen werden. Die HypoVereinsbank unterstützt dies mit der zinsbegünstigten Finanzierung (Social Impact Projekt) eines KfW-Darlehens, beschreibt Karola Herbert dass Prozedere. Für die Einrichtung des Gebäudes sei man jedoch auf Spenden angewiesen.
Glücklich schätzt sich das Leitungsteam, dass diverse Vereine, Clubs, Stiftungen, Einzelpersonen und auch ein ortsansässiges Unternehmen bereits dem Spendenaufruf nachgekommen seien. "Dennoch fehlt es an Geldern für die Möblierung der Appartements, Zimmer, Küchen und Gemeinschaftsräume."