Eine riesige Baustelle steht an. Alle Geräte - Bagger, Kran, LKW, Walzen - stehen bereit. In der Baubesprechung wird entschieden, welches Gerät an welcher Stelle zu welchem Zweck eingesetzt wird. Die Aufgaben sind vielfältig, der Oberboden eines Steinbruches muss abgetragen werden, ein Tunnel für eine Überquerung gebaut, Kanäle gegraben. Die Baumaschinen rollen auf das Gelände und beginnen mit ihrer Arbeit. Das Ungewöhnliche daran: Die Baustelle befindet sich mitten auf dem Frickenhäuser Marktplatz. 30 Modellbauerinnen und Modellbauer aus ganz Süddeutschland sind angereist, um ihrem Hobby zu frönen und sich dabei von den Besuchern der Frickenhäuser Kirchweih über die Schulter schauen zu lassen.
24 Tonnen Erde hat die Marktbreiter Firma Beuerlein angekarrt. Die Baumaschinen, die ferngesteuert auf dem Erdhaufen herumfahren, sind keine Kinderspielzeuge, sondern maßstabsgetreue Funktionsmodelle - viele davon selbst gebaut oder zumindest selbst modifiziert. Die meisten Besitzerinnen und Besitzer haben zu Hause eine eigene Werkstatt, in der gesägt, gedreht und gelötet wird. Trotzdem ist das Hobby kein billiges Vergnügen. Für das originalgetreue Modell einer Baumaschine werden schnell hohe vierstellige Beträge fällig, erst recht, wenn auch die Hydraulik funktionieren soll wie beim großen Vorbild. Und für die meisten der Modellfreaks ist es mit einer einzelnen Maschine nicht getan.
So wie bei Walter Meier, der aus dem oberbayerischen Burghausen kommt. Er baut seit fast 30 Jahren Modelle, fing klein an, dann kamen die ferngesteuerten dazu. Beispielsweise ein LKW von MAN im Maßstab 1:16. Er hat auch einen Bagger, eine Walze und eine Planierraupe. Seine Frau Bärbl ist ebenfalls begeistert von diesem Hobby und stolz auf ihre Laderaupe. Wolfgang Blenn ist aus Marktoffingen angereist. Vor 20 Jahren hat er mit einem Plastik-Truck angefangen. Jetzt nennt er einen Vierachser-LKW-Hinterkipper sein eigen, besitzt aber auch eine Laderaupe, einen Bagger im Maßstab 1:16, einen Kippsattelauflieger und noch andere Modelle.
Zu den Spezialisten unter den Modellbauern gehört Reinhard Reichert aus dem Oberallgäu. Er fertigt alle seine Modelle komplett selbst. So besitzt er einen Liebherr Raupenkran LR 1750 mit einer Höhe von bis zu 5,40 Metern. Den hat er nicht nach Frickenhausen mitgebracht. Stattdessen einen Minenbagger des Typs Bucyrus 495 HR, der ein Gewicht von 75 Kilogramm hat und ebenfalls komplett von Hand gefertigt ist.
Auch wenn die meisten Modelle mit Hilfe eines Bausatzes entstehen, ist jedes einzelne ein Unikat, sagt Alfred Blank aus Frickenhausen. Die Modellbauerinnen und Modellbauer ändern und passen an, damit ihre Maschine noch besser funktioniert und ihren hohen Ansprüchen gerecht wird. Einige Monate, manchmal Jahre, dauert es, bis ein solches Modell einsatzfähig ist, sagt Blank. Der Vorteil: Jeder Modellbauer kenne seine Maschinen in- und auswendig und könne sie jederzeit reparieren.
Fest in der Modellbau-Community verankert
Alfred Blank ist in der Modellbau-Community fest verankert. Fünf- bis sechsmal im Jahr nimmt er an Treffen teil, so war er erst kürzlich in Dänemark. Die Mitglieder der Community kommunizieren über das Internet. Dort haben alle ihre Spitznamen – Bieber, Schwabe oder, wie im Fall von Alfred Blank, Obelix. Trotzdem kennt man sich persönlich von den Treffen, tauscht sich aus und berät sich gegenseitig, so dass über die Jahre viele enge Freundschaften entstanden seien, so Blank.
Alfred Blank alias Obelix hat 2003 zusammen mit seinem Freund Daniel Snoppek eine virtuelle Baufirma im Modellmaßstab gegründet, die Mainfranken Bau. Zum neunten Mal haben sich die Modellbauerinnen und Modellbauer seitdem in Frickenhausen getroffen. Manche an einem, andere an zwei Tagen, saßen sie, mit ihren Fernsteuerungen bewaffnet, um die Baustelle und dirigierten ihre Fahrzeuge. Tatsächlich konnte der Bauauftrag erfüllt werden. Es wurde gegraben, aufgeschüttet und abtransportiert und am Ende sogar ein Turm abgebrochen und eine Brücke gebaut.
Bevor sich die 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wieder auf den Heimweg machten, wurde besprochen, wo man sich zur nächsten Funktionsmodellbau-Veranstaltung treffen wird. Alfred Blank war nächsten Morgen noch einmal gefordert, um die Erde wieder aufzuladen - diesmal mit einem echten Bagger - und im Gemeindebauhof zu lagern. Im Laufe des Jahres wird sie zur Gestaltung von Blumenbeeten und Grünanlagen verwendet.