Alkoholmissbrauch von Jugendlichen ist nicht nur im Fasching ein Thema, da aber ganz besonders. Deshalb gibt es beim und nach dem Heidingsfelder Faschingszug wieder einen gemeinsamen Einsatz von Polizei, Stadt und Jugendarbeit zur Vermeidung von exzessivem Alkoholkonsum von Jugendlichen. Diese Aktion „kam im vergangenen Jahr richtig gut an“, sagt Franziska Becker von der Suchtpräventions-Fachstelle der Stadt – in Trägerschaft des Diakonischen Werkes.
Mit einer Kollegin wird sie beim Zug am Faschingsdienstag durchs „Städtle“ (Beginn 14.33 Uhr) junge Menschen zum Thema Alkohol ansprechen. „Die an der Aktion Beteiligten werden vor, während und nach dem Umzug vor Ort präsent sein“, kündigt Rathaussprecher Christian Weiß an. Während der Schwerpunkt der Suchtexperten bei der Prävention liege, kontrolliere die Polizei den Alkoholkonsum nach den Vorgaben des Jugendschutzes.
Die Aktion unterstützen erstmals offiziell auch die Organisatoren des närrischen Umzugs von der Interessengemeinschaft Zugleitung. „Wir möchten ein gutes und deutliches Signal zum Umgang mit Alkohol in Richtung der Jugend geben“, sagt Siegfried Bader von der vierköpfigen Zugleitung. Und deshalb werbe man „für einen gemäßigten und verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol, gemäß des Jugendschutzes.“
Aufklärung ohne erhobenen Zeigefinger
Die Aktion läuft unter dem Motto „Sei Dir wichtig“. „Wir suchen einfach das Gespräch und wollen nicht mit erhobenem Zeigefinger dem Alkoholmissbrauch vorbeugen“, erklärt Suchtexpertin Becker die Strategie. Im vergangenen Jahr habe das gut geklappt. Man konnte reden darüber, wer was warum trinkt und inwieweit Gruppenzwang eine Rolle spielt. Angepöbelt oder beschimpft worden seien die Aufklärer nicht, berichtet Becker. Wer nicht reden wollte, habe nur gesagt, dass er das Gespräch nicht brauche.
„Viele waren eher dankbar“, sagt Becker. Das betrifft nicht allein die Informationen oder die Aufklärung über Alkoholmissbrauch und seine Folgen, sondern auch das, was die Suchtexperten auch heuer im Gebäck dabei haben: Sie verteilen 100 Brezeln und Mineralwasser. Und sie sprechen nicht nur Jugendliche an, die was getrunken oder ein Bier in der Hand haben. „Wir versuchen mit jedem zu reden. Auch mit denen, die nichts trinken. Die wollen wir in ihrem Verhalten schließlich bestärken“, erklärt Becker.
„Auch ohne Alkohol lustig sein“
Nach dem Zug geht's weiter – ohne Alkohol: Das Team Offene Jugendarbeit Heidingsfeld der Diakonie lädt Zwölf- bis 21-Jährige zu einer alkohol- und rauchfreien „After Show Feier“ in das Jugendzentrum in der Hofmannstraße 7. „Dabei ist unser Ziel, den Jugendlichen zu verklickern, dass man auch ohne Alkohol lustig sein kann“, erklärt Martin Mück vom Jugendarbeit-Team.
Vergangenes Jahr war dieses noch an der Aktion beim Zug beteiligt, heuer wollte man in Sachen Jugendschutz was eigenes machen. Im Jugendzentrum gibt's ab 15.30 Uhr alkoholfreie Cocktails, einen Eintopf, Musik und mehr. Und eine klare Ansage von Mück: „Betrunkene Jugendliche lassen wir nicht rein.“
Dass das Problem-Thema alkoholgefährdete Jugendliche kein neues ist, zeigt ein Blick ins Zeitungsarchiv. Da wird über eine Aktion des Heidingsfelders Rudi Kotz im Mai 1985 berichtet. Da kredenzte der ehrenamtliche Berater der Suchtprävention Jugendlichen, Wirten und Stadträten im Kampf gegen Jugendalkoholismus „Apfelsaft-Faßbrause“ als Alternative zum Bier. „Das alkoholfreie Getränk sieht optisch aus wie Bier und bietet so die Möglichkeit, in Gesellschaft unauffällig auf Alkohol zu verzichten“, hieß es seinerzeit beim Faßanstich durch den damaligen Bürgermeister Jürgen Weber.
Einmal pro Monat im Rausch
Bekanntermaßen wurde die „Apfelsaft-Brause“ kein Trendgetränk. Und geblieben ist das Problem Jugendalkoholismus. Nach Angaben der Suchtpräventions-Fachstelle der Stadt sei der Trend des „Komasaufens“ bei Jugendlichen zwar langsam wieder rückläufig. Dennoch hätten über 14 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen einmal pro Monat einen Rausch. Drei Prozent betrieben zudem „häufiges Rauschtrinken“, das heißt mindestens vier Mal im Monat.
Und im Fasching wohl ganz besonders: Im vergangenen Jahr bilanzierte die Polizei mehr betrunkene Jugendliche und traf auch „immer wieder auf stark alkoholisierte Kinder“. Zudem gab es in der fünften Jahreszeit 2017 einen starken Anstieg der Anzeigen wegen Abgabe von Alkohol an Kinder und Jugendliche.