Kulinarische Genüsse, atemberaubende musikalische Einlagen und eine Neujahrsrede, die nahe brachte, wie wichtig Anstand im digitalen Zeitalter ist: Der Neujahrsempfang bot den über 700 geladenen Gästen der Mediengruppe Main-Post im Vogel Convention Center einen rundum gelungenen Abend.
Der Glücksreport der Deutschen Post 2018 bescheinige den Franken, "dass sie die glücklichsten Bayern sind", startete Moderator Matthias Faller (Geschäftsleiter Anzeigen) in den Abend. Die Veranstaltung findet im jährlichen Wechsel zwischen Würzburg und Schweinfurt statt und vereint Gäste aus Politik, Medien, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft.
Für dieses Zusammenkommen bedankte sich der Oberbürgermeister der Stadt Würzburg, Christian Schuchardt: "Es ist ein großer Input, der hier dank des Engagements der Mediengruppe entsteht." Es sei Glück, in einer Stadt wie Würzburg zu leben, sagte Schuchardt, er wies aber auf die großen Herausforderungen hin, vor der die Domstadt im Wandel der Gesellschaft stehe. Er nannte die Auseinandersetzung mit drohenden Fahrverboten, den akuten Wohnraummangel und auch das Thema Integration, das durch die Flüchtlingswelle in die Gesellschaft transportiert wurde.
Brandstätter: Eine Neujahrsansprache im Zeichen der Moral
Um Anstand und ethische und moralische Vorstellungen ging es in der Ansprache des Geschäftsführers der Mediengruppe Main-Post, David Brandstätter. "Ist in dieser veränderten, digitalisierten und globalisierten Welt kein Platz mehr für so etwas Einfaches, aber Grundlegendes wie Anstand?", fragte er. Manchmal habe er den Eindruck, dass die durch neue Technologien verursachten Veränderungen auch zu einer Transformation des Menschen führen. "Wenn ich auf unseren digitalen Plattformen so manche Kommentare und Anmerkungen lese, dann empfinde ich diese neue Möglichkeit nicht unbedingt als Segen. Beleidigung, Diffamierung, Hetze und sogar Bedrohung finden sich dort."
Der Geschäftsführer kritisierte, dass sich Feuerwehrleute und Sanitäter bei ihren Einsätzen schützen müssten, um Unfallopfer vor Gaffern und Voyeuren mit Smartphones zu bewahren. Oder, dass Fotografen der Deutschen Presseagentur (dpa) mittlerweile mit Schutzkleidung losgeschickt werden müssten, wenn sie von Demonstrationen berichten. Aber: Auch die Journalisten müssten sich die Frage nach Anstand stellen.
Mutig sein und nicht wegsehen
Demgegenüber stünden viele positive Beispiele, so zum Beispiel im vergangenen Jahr das Spiel der Würzburger Kickers gegen den FC Chemnitz. Nach dem rassistischen Kommentar eines Chemnitzer Fans gegen einen aus Kamerun stammenden Chemnitzer Spieler hätten die Würzburger Fans nicht weggesehen, "nein, über den respektlosen Krakeeler brach so etwas wie ein echter Shitstorm herein". Weiter nannte Brandstätter die Aktionen "Zeichen setzen","Fair ist mehr" und "Patenkind" der Mediengruppe, bei der das vielfältige "anständige" Engagement der Bürger ausgezeichnet werde.
Brandstätters Fazit:"Beim Abwägen komme ich zu dem Schluss, dass der Preis der Digitalisierung nicht wirklich der Verlust des Anstands ist." Der Preis sei die Tatsache, dass unanständiges Verhalten, das es immer gegeben hat, heute viel deutlicher, lauter und schneller sichtbar werde. Sich mutig dagegen zu wehren, das Feld nicht den Demagogen, und Hetzern zu überlassen, dazu fordert er auf.
Medientalk mit ZDF-Moderator Christian Sievers
Gespannt lauschten die Gäste im Anschluss dem Medientalk, den der stellvertretende Chefredakteur Ivo Knahn mit "heute"-Moderator Christian Sievers führte. Sievers, der seine Karriere 1998 im ZDF-Morgenmagazin startete, leitete unter anderem fünf Jahre lang das ZDF-Studio in Tel Aviv (Israel). Im Gespräch outete sich der 49-Jährige als Würzburg-Fan, der das ein oder andere Wochenende gerne hier verbringe, auch bei einem Schoppen auf der Alten Mainbrücke. Häufiger werde er auf der Straße erkannt: "Zu einem Selfie bin ich gerne bereit, ein bisschen peinlich ist es mir nur dann, wenn ich noch ziemlich müde früh morgens schnell zum Bäcker unterwegs bin, um Brötchen zu kaufen."
Aus dem Nähkästchen plaudert er gern: So habe er mal zum Dank von einem Zuschauer eine Kiste mit Krawatten geschenkt bekommen, die dieser aussortiert hatte, "um mein Sortiment aufzupeppen". Aber er kennt auch das andere Extrem, beispielsweise die Androhung, dass die Bremsen seines Wagens versagen könnten. "Damit muss man erstmal umgehen lernen", sagt der bekennende Twitter-Fan.
Seine Zeit als Berichterstatter in Nahost hat ihn geprägt: da sind einerseits die bewegenden und dramatischen Eindrücke aus dem Krieg im Gaza-Streifen, andererseits der Alltag der Menschen vor Ort, ihre Improvisationsfähigkeit, ihre Liebenswürdigkeit und, ja, auch ihre Kochkünste.
Kriegs-Einsatz im Nahen Osten
Gesprächspartner, die kurz darauf tot waren, zerfetzte Körper auf der Straße, um ihre getöteten Kinder weinende Eltern: Wie könne er das Leid, das er vor Ort gesehen habe, überhaupt verarbeiten, wollte Knahn wissen. "Das ist nie einfach, aber mir hilft es, wenn man vor Ort die Menschen persönlich treffen kann und so den Kontext einer Situation erlebt", antwortete Sievers. Schwieriger sei da die Situation für die "Cutter" (zuständig für den Filmschnitt) zu Hause, die ungefilterte Informationen zum Aufbereiten bekämen. "Da ziehe ich meinen Hut, denn die müssen jeden Tag mit Elendsbildern aus aller Welt klar kommen."
Vorbereitet auf seinen Auslandseinsatz im Krisengebiet wurde Sievers übrigens in der Ortskampfanlage Bonnland auf dem Bundeswehr-Truppenübungsplatz in Hammelburg (Lkr. Bad-Kissingen)."Da wurden brenzlige Situationen so detailgetreu nachgespielt, dass ich manchmal vergessen habe, dass es nur eine Übung ist."
Eine sehr bedrohliche Situation habe er mit seinem Team im Gaza-Streifen tatsächlich erlebt: "Wir saßen dort fest, als plötzlich Raketen fielen", erzählt er. "Es gibt eben bei aller Vorsicht dann doch Momente, auf die man sich nicht vorbereiten kann, und die braucht man auch nicht noch einmal." Für seine Arbeit als "heute"-Moderator kommen ihm seine Erfahrungen als Reporter zugute, "das hilft mir Nachrichten einzuordnen".
Quartett Salut Salon begeisterte das Publikum
Bereichert wurde der Neujahrsempfang musikalisch durch dasHamburger Quartett Salut Salon. Mit leidenschaftlicher Spielfreude, instrumentaler Akrobatik, viel Charme und schwarzem Humor verführten Angelika Bachmann (Geige), Iris Siegfried (Geige und Gesang), Olga Shkrygunova (Klavier) und Romy Nagy (Cello) ihr Publikum unter anderem mit Stücken aus dem neuen Programm "Liebe". Und da die Pianistin Geburtstag hatte, gab es im Gegenzug noch ein Geburtstagsständchen aus 700 Kehlen.