zurück
Würzburg
Mit 80 noch Physik-Professor an der Uni Würzburg: Herr Hanke, wie halten Sie sich geistig und körperlich so fit?
Seniorprofessoren und -professorinnen bringen viel Wissen und Erfahrung ein. Was Physiker Werner Hanke motiviert und wie er mit Veränderungen zurechtkommt.
Physik-Professor Werner Hanke verbringt mit 80 Jahren noch immer 15-20 Wochenstunden an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität.
Foto: Thomas Obermeier | Physik-Professor Werner Hanke verbringt mit 80 Jahren noch immer 15-20 Wochenstunden an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 15.07.2023 05:37 Uhr

Er ist einer der dienstältesten Professoren Bayerns und forscht noch Woche für Woche an der Uni Würzburg: Für Physiker Werner Hanke, der an diesem Samstag 80 Jahre alt wird, ist die Wissenschaft keine Arbeit, sondern Leidenschaft. Im Gespräch verrät er, warum er auch in hohem Alter nicht locker lässt, was ihn so fit hält und wie er mit all den Veränderungen zurechtkommt.

Herr Hanke, andere genießen mit 80 ihren Ruhestand. Ist das für Sie keine Option?

Prof. Werner Hanke: Physik war mein großes Hobby schon zu Oberschulzeiten. Diese Leidenschaft – neben dem Sport – hat mich durch das Studium und meine ganze Forschungszeit begleitet. Ich durfte ja an den besten Plätzen der Welt, viele Jahre in den USA, arbeiten. Was ich heute im Rahmen meiner Seniorprofessur tue, empfinde ich nicht als Arbeit und Verpflichtung, sondern gemeinsam mit dem Sport als Erfüllung und Genugtuung.

Physik-Professor Werner Hanke in seinem Büro: 'Ich lese noch heute wahnsinnig gerne Fachartikel über die Physik auf meinem Gebiet, das ist für mich eine extrem spannende Lektüre.'
Foto: Thomas Obermeier | Physik-Professor Werner Hanke in seinem Büro: "Ich lese noch heute wahnsinnig gerne Fachartikel über die Physik auf meinem Gebiet, das ist für mich eine extrem spannende Lektüre."
Ist das ein  Rezept, um im fortgeschrittenen Alter fit zu bleiben?

Hanke: Man sollte sich so lange wie möglich geistig und körperlich fordern – ich denke, dieser Kombination habe ich einiges zu verdanken. Das Allerwichtigste für ältere Leute scheint mir ein Hobby, das einen ausfüllt und beansprucht. Ich selbst lese noch heute wahnsinnig gerne Fachartikel über die Physik auf meinem Gebiet, das ist für mich eine extrem spannende Lektüre. Dabei muss man sich viel merken und kombinieren, das hält mich geistig fit.

Und Sie sind eingebunden in ein Forschungsteam...

Hanke: Das ist wirklich ein großes Glück. Ich bin dankbar, dass Fakultät und Hochschulleitung meine fortdauernde Seniorprofessur sehr unterstützt haben. So konnte ich mich auch in anderen Physik-Lehrstühlen und Forschungseinrichtungen einbringen. Diese Zusammenarbeit gerade mit jüngeren Leuten hat mich immer begeistert und motiviert. Das tut gut und hält agil. 

Wie nehmen Sie die jüngeren Kolleginnen und Kollegen wahr? Brennen sie genauso für ihr Fach wie Sie selbst?

Hanke: Ich finde, die jungen Leute in der Würzburger Physik sind sehr bei der Sache und motiviert. Vielleicht sind sie hier weniger abgelenkt als im Umfeld einer wirklich großen Stadt. Also ich kann aus meiner persönlichen Zusammenarbeit mit den Nachwuchskräften nichts Negatives sagen. Wir teilen die Begeisterung für das Fach.

Sie könnten der Großvater von Juniorprofessorinnen oder -professoren sein. Wie werden Sie von den jungen Kolleginnen und Kollegen wahrgenommen?

Hanke: Ich bin wirklich angetan von dem Respekt, den sie mir entgegenbringen. Natürlich gibt es auch "Stoffel", aber man darf die jungen Leute nicht über einen Kamm scheren. Ich erlebe sie als wissbegierig und begeistert. Normalerweise werde ich in einer sehr netten Art gefragt und eingebunden. Die Physik ist eine Disziplin, in der man viel diskutieren muss.

An der Tafel mit einer physikalischen Formel zur optischen Absorption: Werner Hanke, Seniorprofessor an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität. 
Foto: Thomas Obermeier | An der Tafel mit einer physikalischen Formel zur optischen Absorption: Werner Hanke, Seniorprofessor an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität. 
Ist hier das Alter ein Vorteil, weil andere ihr Wissen anzapfen können?

Hanke: Absolut! Da hilft der eigene Erfahrungsschatz, den man sich über Jahrzehnte erworben hat. Ich habe das Gefühl, dass Anerkennung und Zuspruch mir gegenüber mit dem Alter immer noch wachsen – aber nicht im Sinne von Mitleid, sondern weil die Jüngeren profitieren wollen. Ich freue mich, wenn ein junger Kollege zu mir kommt und mich nach Hilfestellung bei einem Problem fragt.

Nun haben sich Abläufe und Vernetzung durch die Digitalisierung stark beschleunigt. Kommen Sie bei all den Veränderungen mit 80 Jahren noch mit?

Hanke: Mir ist diese Entwicklung überhaupt nicht leicht gefallen. Als Ordinarius hatte ich für den ganzen Schriftverkehr eine tüchtige Sekretärin, diktieren konnte ich ganz gut. Als ich so 60 war, habe ich gemerkt: Ich muss die neuen Medien selbst nutzen, muss an den Computer – sonst falle ich hinten runter. Natürlich kann ich vieles nicht perfekt. Aber gerade hier profitiere ich sehr von den jungen Leuten um mich herum, die mir dann gerne helfen. Wichtig ist, dass man die eigene Schwäche zugibt.

Also ein wechselseitiges Lernen der Generationen?

Hanke: Das ist wirklich ein schönes Erlebnis. Ich habe den Eindruck, alle zehn Jahre kommt eine neue Generation in unsere Physik mit immer neuen Geschicklichkeiten und Kompetenzen im digitalen Bereich. Da stoße ich an Grenzen. Wo ich aber noch sehr gut mitarbeiten kann – das sind technische Lösungen. So haben wir zuletzt ganz neue Möglichkeiten für die Chipherstellung entwickelt.

Macht es Sie stolz, dass Sie ausgerechnet im Exzellenzcluster für Quantenmaterialien noch aktiv dabei sind? Das ist Spitzenforschung auf höchstem Niveau.

Hanke: Die Universität hat ja bisher nur diesen einen Exzellenzcluster aus dem Bund-Länder-Wettbewerb bekommen. Insofern ist das was Besonderes, und ich bin glücklich und stolz, dass ich hier mitmachen kann. Ich hoffe sehr, dass die Uni in der neuen Antragsrunde mindestens einen zweiten Cluster erhält, um sich auch als Exzellenz-Uni bewerben zu können. Mein Herz schlägt für Würzburg.

Physiker Werner Hanke in den Räumen der physikalischen Fakultät, wo er auch mit 80 Jahren noch sein Büro hat.
Foto: Thomas Obermeier | Physiker Werner Hanke in den Räumen der physikalischen Fakultät, wo er auch mit 80 Jahren noch sein Büro hat.
Wieviel Zeit pro Woche verbringen Sie noch an der Uni?

Hanke: Es sind so 15 bis 20 Stunden, aber alles auf freiwilliger Basis. Bis auf die Betreuung eines jungen Mathematik-Genies kann ich mich ganz auf die Forschung konzentrieren und einiges auch zu Hause lesen. Das Glück ist: Meine Frau war früher in leitender Funktion bei der Max-Planck-Gesellschaft. Sie hat viel Verständnis für mein "Hobby".

Wie lange wollen Sie noch weiterforschen?

Hanke: Bisher habe ich noch nicht ans Aufhören gedacht. Von meiner Seite aus will ich gerne weitermachen, solange ich gesund bleibe, wissenschaftliche Zusammenhänge gut verstehe und etwas Positives für mein Umfeld beitragen kann.

Zur Person: Werner Hanke

Prof. Werner Hanke hatte von 1985 bis 2008 den Lehrstuhl für Theoretische Physik I der Julius-Maximilians-Universität Würzburg inne. Seit seiner Emeritierung ist er Seniorprofessor und bis heute aktives Mitglied des Exzellenzclusters "ct.qmat", den die Fakultät für Physik und Astronomie in Kooperation mit der TU Dresden im Rahmen des Exzellenzstrategie-Wettbewerbs von Bund und Ländern errungen hat.
Nach der Promotion 1972 führten ihn seine Forschungen an die Universität von Kalifornien in San Diego, wo er u.a. mit Nobelpreisträger Walter Kohn bahnbrechende Arbeiten zur Theorie von Elektronenphänomenen vorlegte. Hankes Hauptforschungsgebiet der vergangenen vier Jahrzehnte in der Festkörperphysik ist die Supraleitung für eine perfekte elektrische Leitfähigkeit. Forschende versuchen einen technisch ideal nutzbaren Supraleiter zu finden, mit der Elektrizität ohne Abwärmeverluste über große Distanzen genutzt werden kann. Werner Hanke forscht daran gemeinsam mit seinem Lehrstuhlnachfolger Ronny Thomale.
Dieser würdigt den Vorgänger für seinen weiterhin großen Beitrag für die Festkörperforschung in Würzburg. Hanke erweitere stetig seine Interessensgebiete, "er praktiziert damit beispielhaft, wie emeritierte Professoren maßgeblich zum Forschungserfolg der Universität beitragen können." Zuletzt hat Werner Hanke mit seinen Kollegen Arbeiten zu so genannten Vielteilcheneffekten in topologischen Isolatoren vorgelegt, die eine zentrale Rolle bei der Entwicklung superschneller Quantencomputer spielen. Hanke ist Ehrendoktor der TU Graz und Fellow der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft.
Quelle: JMU
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Andreas Jungbauer
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Lehrstühle
Max-Planck-Gesellschaft
Quantencomputer
Ruhestand
Stadt Würzburg
Technische Universität Dresden
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Eos123456
    Wer vernünftig lebt und "Genuß-"Mittel wie Alkohol und Nikotin meidet wird eher gesund alt als die eifrigen Tabak- und Alkoholsteuerzahler.

    In meiner Jugend war ich natürlich auch unvernünftig, aber ich bin noch rechtzeitig schlau geworden, bzw. habe aus einer Art Trotzreaktion den Genußgiften entsagt. Jetzt trennen mich nicht mehr gar so viele Jahre vom Alter des Herrn Professors und ich bin ebenfalls "pumperlgsund" und topfit.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Funkenstern
    Schmarrn.
    Manche Personen sind eben anders geerdet und das macht es am Ende des Tages auch aus.
    Wer es leisten kann, möge es tun.
    Von diesem Wissen profitieren diejenigen, die das verwerten können.

    Die anderen, die es nicht verwerten können, mögen sich ruhig stellen.
    Es übersteigt deren Horizont…
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dbuettner0815@gmail.com
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ropel
    Arbeiten bis 80, wenn das Merz und Lindner erfahren ........
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Na ja, nebenbei auch ein Vorbild für die Aggademicher, die nach dem Drittstudium mit 30 endlich in die Sozialsysteme einsteigen - als Zahler, nicht mehr als Nutznießer: 30 + 50 = 80!!
    P.S.: meine Generation hatte (in der Regel, da mit 14 in die Lehre gegangen!!!) diese 50 Leistungsjahre narürlich etwas früher erreicht...................
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • robert.hippeli@t-online.de
    Vorsicht Ironie!

    Da schau an, und es geht doch!

    Warum soll dann der Maurer, Dachdecker, etc. nicht auch bis 80 arbeiten!

    Aber bitte mit 70 die Fahrerlaubnis zwangstesten und weh wenn...., dann den Lappen abgeben den mit 70 kann man das nicht mehr selbst entscheiden!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten