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Würzburg
Missbrauchsskandal: Vertrauen Katholiken in Würzburg noch ihrer Kirche?
Ein neues Gutachten zu sexuellen Missbrauch legt das Ausmaß der Vertuschung offen und belastet auch Papst Benedikt XVI. Wie Katholiken in Würzburg damit umgehen.
Nach einem neuen Gutachten über Missbrauch in der katholischen Kirche: Wie gehen die Gläubigen in Würzburg damit um.
Foto: Thomas Obermeier | Nach einem neuen Gutachten über Missbrauch in der katholischen Kirche: Wie gehen die Gläubigen in Würzburg damit um.
Moritz Hanl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:01 Uhr

Sonntagmorgen vor dem Würzburger Dom: Um 10 Uhr beginnt die Messe. Wie ist die Stimmung heute unter den Gottesdienstbesuchern? Betrübt sie ein neues Gutachten über sexuellen Missbrauch durch Kleriker sowie hauptamtliche Bedienstete in der Erzdiözese München und Freising, das am  Donnerstag vorgestellt wurde und aufzeigt, wie tief das Netzwerk aus Vertuschung, Verleugnung und Unterstützung von Tätern greift? Auch Papst Benedikt XVI. wird belastet.

Vor dem Gottesdienst wollte diese Redaktion von den Gläubigen wissen, ob sie von der Kirche enttäuscht sind und sie das neue Missbrauchsgutachten zum Anlass nehmen, um Konsequenzen wie einen Kirchenaustritt in Erwägung ziehen. Viele Befragte wollten nicht oder nur anonymisiert antworten. Zwei von ihnen wollen über einen Kirchenaustritt nachdenken. Alle waren überzeugt, dass nun ein Wandel in den kirchlichen Strukturen hinsichtlich Aufarbeitung und Transparenz stattfinden müsse.

Ursula Hörl: "Die Opfer sind für immer beschädigt." 

Ursula Hörl: 'Die Opfer sind für immer beschädigt.' 
Foto: Patty Varasano | Ursula Hörl: "Die Opfer sind für immer beschädigt." 

"Erstmal sind Religion und Kirche zweierlei. Dass solche Dinge passieren, ist klar. Damit habe ich gerechnet. Das ist immer und überall möglich. Aber dieses Ausmaß hätte ich nie für möglich gehalten. Andererseits liegen die Dinge so lange zurück und jetzt im Nachhinein ist der Schaden nicht mehr gut zu machen. Die Opfer sind für immer beschädigt. Ihnen gegenüber ist es nur gerecht, die Fälle aufzuarbeiten und in Zukunft unbedingt mehr Offenheit zu zeigen. Konsequenzen für mein Verbleiben in der Kirche werde ich deshalb aber nicht ziehen."

Britta Pracher: "Ich gehe wegen Jesus in die Kirche, nicht der Institution wegen." 

Britta Pracher: 'Von der Kirche erwarte ich mehr Aufklärung und Aufarbeitung.' 
Foto: Patty Varasano | Britta Pracher: "Von der Kirche erwarte ich mehr Aufklärung und Aufarbeitung." 

"Der größte Feind der katholischen Kirche ist in der katholischen Kirche. Trotzdem bleibe ich in der Kirche, weil ich meinen Glauben leben möchte und mich nicht von diesen Dingen beeinflussen lasse. Schließlich gehe ich wegen Jesus in die Kirche, nicht der Institution wegen. Von dieser erwarte ich selbstverständlich in Zukunft mehr Aufklärung und Aufarbeitung, als Art der inneren Reinigung."

Herbert Sax: "Ich habe das Gefühl, dass sich jetzt etwas ändert." 

Herbert Sax: 'Ich war in der Vergangenheit unzufrieden. Jetzt habe ich das Gefühl, es ändert sich etwas.' 
Foto: Patty Varasano | Herbert Sax: "Ich war in der Vergangenheit unzufrieden. Jetzt habe ich das Gefühl, es ändert sich etwas." 

"Ich bin nicht wegen des Umgangs mit den Missbrauchsfällen enttäuscht. Denn ich habe das Gefühl, dass diese jetzt wirklich aufgearbeitet werden. Das heißt, ich war in der Vergangenheit unzufrieden, aber habe jetzt das Gefühl, es ändert sich etwas. Deshalb werde ich weiterhin in der Kirche bleiben. Außerdem bin ich der vollsten Überzeugung, dass Kardinal Reinhard Marx nun für eine ehrliche Aufarbeitung sorgt."

Laeticia Krimphove: "Mir reicht nicht nur Aufklärung, es braucht auch Sanktionen." 

Laetitia Krimphove: 'Ich bleibe weiter Mitglied der Kirche, weil ich Glauben und Institution trenne.' 
Foto: Patty Varasano | Laetitia Krimphove: "Ich bleibe weiter Mitglied der Kirche, weil ich Glauben und Institution trenne." 

"Mich enttäuscht der Umgang mit den Missbrauchsfällen sehr. Das Problem ist schon länger bekannt, eigentlich schon seit Jahren. Auch, dass der ehemalige Papst Benedikt teilweise selbst beauftragt war, den Missbrauch zu behandeln und das einfach ignoriert hat. Seitens der Politik wird die Kirche meiner Meinung nach viel zu sehr verschont und da müsste genauso wie innerhalb der Kirche viel schneller reagiert werden. Mir reicht nicht nur Aufklärung, sondern es braucht auch Sanktionen, was die Priester und Kardinäle angeht. Ich bleibe aber weiter Mitglied der Kirche, weil ich Glauben und Institution trenne."

Paul Schmöger: "Der Umgang mit Missbrauch in der katholischen Kirche stimmt nicht zufrieden." 

Paul Schmöger: 'Der Priester hier vor Ort kann ja nichts dafür.' 
Foto: Patty Varasano | Paul Schmöger: "Der Priester hier vor Ort kann ja nichts dafür." 

"Der Umgang mit Missbrauch in der katholischen Kirche stimmt nicht zufrieden. Ich bleibe aber trotzdem in der Kirche. Für mich ist es nämlich wichtig zu unterscheiden: Das Lokale hier in Würzburg, hat ja wenig mit dem Hauptsitz in Rom zu tun. Ich möchte das Lokale also weiter unterstützen, der Priester hier vor Ort kann ja nichts dafür."

 
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Kommentare
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  • Mila
    O, Herr Jesus Christus, du hast am Kreuz gebetet:“Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.“ Öffne den schuldig Gewordenen in deiner Kirche ihre Augen, gib ihnen den Glauben an das, was sie einst sehen müssen (werden), wenn sie hier nicht daran glauben wollen! Vor allem aber gib diesen Feiglingen den Mut, sich zu bekennen und für ihre Taten die Verantwortung zu übernehmen, egal ob Mitarbeiter, Priester, Bischof, Kardinal oder emeritierter Papst; Mitwisser sind mitschuldig! Auch mit Priesterweihe sind sie alle unter ihren Soutanen doch nur Männer und trotzdem hat keiner das Recht, andere zu missbrauchen.
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  • rasputin32
    Man sollte mit dem ehemaligen Papst Benedikt nicht so streng umgehen.
    Dass der Ü90 sich nicht mehr so richtig erinnern kann, wo er vor 30,40 Jahren war und was er gesagt hat, ist menschlich.
    Selbst unser neuer Bundeskanzler Olaf Scholz, 30 Jahre jünger, hat schon Erinnerungslücken an Dinge, die nur 15 Jahre zurückliegen.
    Und darüber gegen sich viel weniger auf.
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  • Mila
    Der Institution Kirche muss von staatlicher Seite jetzt der Geldhahn zugedreht werden, es muss aufhören, dass die Bischöfe und alle Oberen horente Gehälter beziehen. Alle, die sich des Missbrauchs schuldig machen müssen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden und wie alle anderen Täter auch ihre Strafe verbüßen sowie muss ihnen der Status Priester entzogen werden. Nicht wie bisher jahrelang in Klöstern versteckt werden und dann wieder losgelassen. Ferner sollten alle, auch endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und die Konsequenzen ziehen; der göttlichen Rechenschaft entgehen sie eh nicht. Verstehe, wenn viele keinem Priester mehr trauen wenn sie die Messe besuchen: ist er auch so einer? Denke jeder geht zu Gott in die Messe, oder? Wenn nicht endlich personelle Konsequenzen in der Kirche folgen wird das Misstrauen noch größer und letztlich werden noch mehr die Kirche verlassen. Missbrauch geschieht leider schon immer, nicht nur in der Kirche, sondern überall.
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  • Arcus
    Nur wenn die Macht der Bischöfe Gebrochen wird, wird es zu Veränderung in der Kirche kommen. Heute erinnert das Bischofskolleg mehr an eine mafiöse Vereinigung, der die eigene Organisation über alles geht. Aus der Kirche austreten, ist keine Lösung. Nur die Gläubigen können die Veränderungen in der Kirche anstoßen und weitertreiben. Der Klerus wird es nicht tun. Er wird seine Macht bis aufs Blut verteidigen.
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  • al-holler@t-online.de
    "Aus der Kirche austreten, ist keine Lösung....." Da haben sie auch aus meiner Sicht einmal vollkommen recht! Bemerkensert ist auch, dass Sie hier mal den Begriff "Gläubige" ins Spiel bringen.
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  • helenews@gmx.de
    keine Verjährungsfrist, eine ordentliche Gefängnisstrafe ohne Bewährung. Dann könnten die Opfer allmählich mit den Taten abschliessen.
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  • Oreus
    Wer sich mal ein bisschen ernsthafter mit der Geschichte der katholischen Kirche, angefangen vom ersten Konzil von Nicäa (325 n.C.), bis sagen wir mal, zum Jahre 1947 verfolgt, wird feststellen: Das liest sich wie ein wirklich spannender Kriminal-Roman.
    Das fängt bei dem Konzil an, bei dem nur politisch willkommene Evangelien ins neue Testament aufgenommen wurde, über das Mittelalter indem die Kirche der Menschheit unglaubliche Reichtümer abgepresst hat, und die Menschen, alles andere als christlich, unterdrückt hat. Bis zum Ende des 2. Weltkriegs, als die Kath. Kirche die letzten hochrangigen Nazis aus Deutschland in Richtung Südamerika rausgeschleust hat (Rat-Line; ODESSA).
    Davon hatte Luther schon zu Beginn der 'Neuzeit' die Nase voll, was zur Reformation geführt hat. Doch auch der hatte so seine ideologischen Ziele die sehr viele Menschen im 30-jährigen Krieg das Leben gekostet haben.
    Damit sollte man sich wirklich mal genauer beschäftigen...
    Das ist extrem interessant!
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  • Apfelkorn
    Die Position ist eben >extrem< interessant. Junker Jörg sündigte recht viel und behielt trotzdem das Oberwasser. Er trank aber immer Wein anstatt Wasser (Lacrimae Christi)!
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  • kej0018@aol.com
    @Apfelkorn
    Ausserdem war er, ganz traditionell, ein übler Antisemit.
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  • Catwoman6
    Ich weiß schon warum ich aus der katholischen Kirche ausgetreten bin! 90% der Pfarrer, Nonnen etc. sind falsch und hinterhältig. Meine persönlichen Erfahrungen. Und ich glaube auch nicht an ein Wesen, was überhaupt nicht mal existiert. Wenn ich an den weißen Hasen glaube werde ich für verrückt erklärt, wenn ich aber an Gott glaube, bin ich gläubig!
    Es ist an der Zeit die Kirche abzuschaffen!
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  • lordaerga
    Made my Day
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  • allradmartin
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Mainheini
    Ich habe keine Probleme mit der Allmacht Gott, aber sein Bodenpersonal gehört komplett entlassen und der Prozess gemacht.
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  • klafie
    werter gerbrunn, wissen sie eigentlich von wem die kirchensteuer eingeführt worden ist?
    von einen kleinen gefreiten, der die ganze welt in aufruhr und absturz gebracht hat, a.h., dieser wollte sich sicher sein, dass sein 3. reich ein tausendjähriges reich wird! sonst gäbe es
    in deutschland auch keine kirchensteuer, wie in italien oder frankreich. dort sind die kirchen auch auf die hilfe ihrer schäflein angewiesen.
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  • Machen Sie sich mal schlau. Die Kirchensteuer wurde eben nicht von dem kleinen Gefreiten eingeführt, sondern ist bereits älter. Bekanntlich hatte es die Bewegung des GröFaZ auch nicht so mit der Kirche...
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  • Apfelkorn
    Die Kirche möchte treue und unkritische Schafe, welche die Lehre als eine Aufgabe an der man wachsen soll aufnehmen. Wer Sexualität zum Thema macht, der muss darauf achten, dass er nicht vom Glauben abfällt. Überall dort, wo die Theologie sich mit irrationalen Kräften einlässt, wird sie zur Dämonologie.
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  • ralfestenfeld@aol.com
    Das Thema Kirchenaustritt löst das Problem eh nicht. Denn Bischöfe und Kardinäle werden ja weiterhin durch den Staat alimentiert. Und würden diese übrig bleiben, wäre die Kirche ja noch weiter von den Menschen entfernt.
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  • deweka
    Kirchenaustritt ist die einzig wirksame Art von Protest.
    In der Kirche bleiben wird als Zustimmung gedeutet.

    Wenn die Kirche ihre Verbrechen vollständig aufgearbeitet hat könnte man bei Bedarf ja wieder eintreten.
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  • ak24.de
    Der Kirchenaustritt ist eine Abstimmung, sozusagend mit den Füßen. Je mehr zahlende Mitglieder den Austritt vollziehen je weniger Schäfchen bleiben, welche die Kirchen zu vertreten haben. Da fehlt es dann nicht nur am Geld, sondern auch ganz deutlich an der Zustimmung. Es gibt eigentlich nur diesen einen Schritt, die Kirchen zur Wandlung zu bewegen. Der Austritt ist für diejenigen, die eine andere Kirche haben wollen, alternativlos.
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  • gerbrunn
    Kirchensteuer abschaffen. Dann wird man sehen ob das System Kirche zu Reformen fähig ist.
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