Am Dienstag bekam Strafrechtsprofessor Klaus Laubenthal eine Nachricht, die ganz in seinem Sinne ist. Die Würzburger Staatsanwaltschaft hat den Missbrauchsbeauftragten des Bistums informiert, dass sie ein Ermittlungsverfahren gegen seinen Vorgänger einleitet.
Der hochrangige Geistliche war Personalreferent der Diözese und bis 2010 Ansprechpartner für Opfer sexuellen Missbrauchs und wird beschuldigt, 1988 eine 17-Jährige im Exerzitienhaus Himmelspforten zum „Oralverkehr“ gezwungen zu haben. Erst an Ostern wurde der Fall publik durch einen Artikel im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.
„Die Staatsanwaltschaft wird jetzt prüfen, ob der Vorwurf verjährt ist“, sagt Klaus Laubenthal. Dabei sei sie in keinster Weise an irgendwelche Entscheidungen des Kirchenrechts gebunden.
Fall wurde bereits zu den Akten gelegt
Wie berichtet, hat die Würzburger Bistumsleitung den Fall bereits zu den Akten gelegt. Bislang gab es eine kirchenrechtliche Voruntersuchung durch Prälat Lorenz Wolf, Offizial der Erzdiözese München und Freising. Er kam im August 2015 zu dem Schluss, dass aufgrund der Aktenlage die Behauptung der Frau, sie sei von dem Priester sexuell missbraucht worden, nicht bewiesen werden könne. „Als Ergebnis steht daher fest, dass der Vorwurf . . . begründet nicht aufrechterhalten werden kann.“ Im Dezember hat die Kongregation für die Glaubenslehre, der jeder Bericht vorgelegt werden muss, dem Würzburger Bischof mitgeteilt, dass das kirchliche Verfahren einzustellen sei. Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Klaus Laubenthal vergleicht ein Urteil des Kirchengerichts mit der Entscheidung eines Berufsgerichts, das es auch für Beamte oder Rechtsanwälte gebe. „Bei sexualbezogenen Verfehlungen von Klerikern befindet das kirchliche Gericht etwa über die Kürzung des Ruhestandsgehalts.“ Die Entscheidungskompetenz über Schuld und Nichtschuld strafrechtlicher Art stehe dagegen ausschließlich dem Staat zu. Nur die weltliche Justiz kann die Frage der Verjährung prüfen. Dies sei nun der Fall.
Doch warum erst jetzt? Die Antwort von Professor Laubenthal: „Wenn ich als Missbrauchsbeauftragter annehme, der Vorwurf ist verjährt, hat das nichts zu tun mit der Entscheidungspflicht der Bistumsleitung, ob die Sache an die Strafverfolgungsorgane weitergeleitet werden soll oder nicht.“ Und die Würzburger Bistumsleitung hat sich bereits im Januar 2014 dagegen entschieden. Auf Nachfrage bestätigte der Pressesprecher des Bistums Würzburg, Bernhard Schweßinger bereits am Samstag, dass damals das weitere Vorgehen zwischen Professor Laubenthal, dem Generalvikar und dem Beschuldigten besprochen worden sei. Der Beschuldigte habe schriftlich festgehalten: „Schließlich ging es um die Frage der Verjährung . . . Diese Frage könne natürlich auch gerichtlich geklärt werden, wobei allerdings eher mit Indiskretionen zu rechnen sei.“ Es seien gemeinsam Alternativen erörtert worden. „Der GV (Generalvikar, Anm. d. Red.) und ich haben uns gegen eine Weiterleitung an die Justiz entschieden.“
Generalvikar hatte mit Beschuldigtem jahrelang zusammengearbeitet
Damals war Karl Hillenbrand Generalvikar und habe mit dem Beschuldigten „jahrelang eng zusammengearbeitet“, so der Bistumssprecher. Beide hätten sich auch „gut gekannt“. Das Wort „entschieden“ im genannten Vermerk sei jedoch nicht im Sinne von „ausgesprochen“ zu interpretieren, so Schweßinger. „Die Entscheidung dafür lag nicht im Ermessen des Beschuldigten, sondern nach der Beratung mit Laubenthal ausschließlich beim Generalvikar, der dafür die Verantwortung trägt.“ Und Karl Hillenbrand ist im November 2014 gestorben.
„Es wäre sinnvoll, wenn sämtliche Missbrauchsvorwürfe an die Staatsanwaltschaft gelangen würden“, sagt Professor Laubenthal dazu. „Das würde auch die Transparenz in diesem kirchlichen Bereich noch weiter verbessern.“
Hilfe für Opfer sexuellen Missbrauchs
Der Ansprechpartner für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Diözese Würzburg, Professor Klaus Laubenthal, ist erreichbar unter der Adresse und mit dem Hinweis „persönlich/vertraulich“: Domerschulstraße 16, 97070 Würzburg, sowie ? (09 31) 318-23 72 und per E-Mail: kls.lbnthl@googlemail.com.
Von 2010 bis März 2016 untersuchte der Missbrauchsbeauftragte 99 Vorwürfe. Zwölf Personen, die als Minderjährige durch Priester oder andere kirchliche Mitarbeiter sexuell missbraucht worden sind, erhielten eine finanzielle Leistung. Die Diözese zahlte Insgesamt bisher 55 000 Euro.
Antragsformulare können angefordert werden im Generalvikariat, Bischöfliches Ordinariat Würzburg, Domerschulstraße 2, 97070 Würzburg. Die ausgefüllten Formulare nimmt der Missbrauchsbeauftragte Klaus Laubenthal entgegen. Info im Internet: www.hilfe.bistum-wuerzburg.de
Präventionsbeauftragte des Bistums Würzburg ist Schwester Dagmar Fasel. Kontakt: Koordinierungs- und Fachstelle Prävention sexualisierte Gewalt, Sr. Dagmar Fasel, Ottostraße 1, 97070 Würzburg, ? (09 31) 386 10 160. E-Mail: dagmar.fasel@bistum-wuerzburg.de Quelle: POW
Fakt ist wohl eher, dass man sich nun einzig aufgrund des öffentlichen Drucks zu einem "Ermittlungsverfahren" veranlasst sieht - und den längst bekannten Fall nun notgedrungen aus der Schublade zieht.
Es stünde der Mainpost gut an, hier endlich objektiv zu recherchieren und nicht immer nur auf Berichterstattung von außen zu reagieren!
Für jeden Angeklagten gilt bis zum Gegenweis die Unschuldsvermutung. Davon ist hier wenig zu spüren. Die Vorabverurteilung wird nahe gelegt und aus diesen Vorabverurteilungen wird die Kirche als Ganze beschuldigt. So eine Art des Verfahrens ist unehrlich und dient keiner Wahrheistfindung.
Wer auf erschütternde und unterhaltsame Weise erfahren will, wie der strukturelle weltweite Missbrauch innerhalb der Kirche zuerst in Boston durch eine Zeitung (!) aufgedeckt wurde, sollte sich den Film SPOTLIGHT ansehen, der auch viel über Machtstukturen und Manipulation erzählt (und nebenbei den Oscar für den "Besten Film" 2016 gewann)....
Was die "Anonymität" der Kommentare angeht, gebe ich Ihnen recht. Aber auch Sie sind anonym....
Als ehem. Polizist kann ich Ihnen auch versichern, dass Strafanzeigen, Strafprozesse und eben Reaktionen hierauf - Sie liefern ein Beispiel! - mit erheblichen Belastungen verbunden sind, Vorwürfe banalisiert und bagatellisiert werden bis hin zur Unterstellung Lüge. Das alles wirkt re-traumatisierend.
Und persönliche Angriffe gegen mich werten Ihre Beiträge auch nicht auf.
Die Beauftragten der Diözese müssen sich ihrem Auftraggeber gegenüber loyal verhalten und haben alleine schon deshalb nicht in erster Linie den Opferschutz im Fokus. Die vielen Fälle aus der Vergangenheit beweisen das ja. Auch wenn es unter den Missbrauchsbeauftragten echte Persönlichkeiten mit Rückgrad gibt, gilt im Grundsatz auch für sie: " Wes Brot ich ess, des Lied ich sing"
So läuft der Hase. Das Mittelalter feiert in einer kirchlichen Parallelwelt fröhliche Urständ. Siehe dazu die Doku der ARD:
http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/videos/die-story-im-ersten-richter-gottes-die-geheimen-prozesse-der-kirche-100.html
„Unsere Unterstützung und unser Mitgefühl gilt dem betroffenen Mädchen, das im Jahr 2010 (!) von Seiten der kirchlichen Institution genau dasselbe erleben musste, wie es tausende von betroffenen Jungen und Mädchen in den vergan¬genen Jahrzehnten nach Missbrauch durch Priester erlebt haben: Die Kirche isoliert die Opfer, schützt die aus den eigenen Reihen stammenden Täter und kehrt den Missbrauch unter den Teppich.“ Matthias Katsch, Sprecher ECKIGER TISCH
Kirchliche Gerichtsbarkeit ist kein Privileg - wer oder was sollte privilegiert sein??
Kirchliche Gerichtsbarkeit in diesem Fall ist eine Untersuchung im inneren Bereich der Kirche. Herr Laubenthal vergleicht dies mit dem Berufsgericht der Beamten oder Rechtsanwälte. Eine strafrechtliche Frage wird davon nicht berührt. Seit dem angeblichen Sexuellen Mißbrauch bestand jeder Zeit die Möglichkeit diesen angeblichen Missbrauch vor ein staatliches Gericht zu bringen. Sie lügen daher, wenn sie die kirchliche Gerichtsbarkeit schlicht als "Täterschutz" deklassifizieren.
http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/videos/die-story-im-ersten-richter-gottes-die-geheimen-prozesse-der-kirche-100.html
http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/videos/die-story-im-ersten-richter-gottes-die-geheimen-prozesse-der-kirche-100.html
„Schlüsselfigur“ (br.de), die Auskunft geben könnte, Generalvikar Karl Hillenbrand, 11/2014 „im Alter von nur 64 Jahren völlig überraschend gestorben“ (Pressestelle des Ordinariats Würzburg). Der Vorhang zu und alle Fragen offen?
Man darf gespannt sein, wie es weitergeht und ich wüsste zu gerne unter welcher Rubrik die Abläufe schlussendlich „abgeheftet“ werden: „Eine Institution schafft sich ab“? oder „Too big to fail“?
Ich wünschte mir ein schallendes, homerisches Gelächter, das alle Schein-Riesen, alle Schein-Heiligen auf ein menschliches Maß schrumpfen ließe und alle Schein-Frömmigkeit, allen Popanz hinweg fegen würde.
Da kann jetzt nichts mehr schiefgehen und der Bischof selbst behält seine weisse Weste.