Es ist der wohl bisher aufregendste Tag im Leben der 22-jährigen Miss Bayern, Lara Rúnarsson, aus Waldbüttelbrun (Lkr. Würzburg). Mit 15 weiteren schönen Frauen aus ganz Deutschland stand sie am Samstag auf der Bühne der Europapark Arena in Rust, um für die Krone der Miss Germany zu kämpfen. Am Ende wird es nicht ganz reichen. Enttäuscht ist sie trotzdem nicht, denn gewonnen hat auch sie etwas.
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Wochenlange Vorbereitungen
Im Backstage-Bereich ist schon am Mittag großer Trubel. Die Finalistinnen werden geschminkt, frisiert, dabei werden sie von verschiedenen Kamerateams gefilmt und interviewt. Mitten unter ihnen befindet sich Lara Rúnarsson. Gelassen sitzt sie auf einem der Hochstühle und begutachtet das Werk der Visagistin im Spiegel. Doch entspannt wirkt sie nur von außen. "Ich bin super-nervös", sagt sie mit leicht zittriger Stimme. "Ich hoffe einfach, dass alles klappt, nichts schiefgeht und dass ein Sieg drin ist."
Denn für die Teilnahme am Finale musste die Waldbüttelbrunnerin einiges in Kauf nehmen. Drei Wochen lang war sie von ihrer Familie und ihren Freunden getrennt. Im sogenannten Personality Camp reiste sie gemeinsam mit ihren 15 Konkurrentinnen unter anderem nach Rust und Ägypten, um an verschiedenen Workshops teilzunehmen, in diversen Fotoshootings ihre schönste Seite zu zeigen oder bei Lauftrainings und Coachings für den Finalabend vorbereitet zu werden. "Ich bin sehr über mich hinaus gewachsen", erzählt Rúnarsson in einer ruhigen Minute hinter der Bühne. "Habe dabei mehr über meine Stärken und Schwächen herausfinden können und gelernt, wie ich mich präsentiere."
Natürlichkeit? Fehlanzeige!
Sich präsentieren: Das steht auch im Fokus des Abends. Überall Videokameras, Fotoapparate, Smartphones - Instastory ist wohl das Wort des Abends. Zur Erklärung: Bei Instastorys filmen oder fotografieren sich Menschen selber, um dies dann im sozialen Netzwerk Instagram zu verbreiten. Alles überarbeitet mit verschiedenen Filtern. Natürlichkeit? Fehlanzeige.
Dabei lautet das Motto der Miss-Germany-Wahl diesmal doch "Empowering authentic women", auf deutsch "Authentische Frauen stärken". Mit dem Fokus auf Kriterien wie Authentizität, Ausstrahlung, Kreativität, Professionalität und Expertise sollen sich die Finalistinnen in mehreren Wertungsdurchgängen auf der Bühne persönlich zeigen.
Dabei soll die Persönlichkeit der einzelnen Teilnehmerinnen stärker in den Fokus gerückt und auf die Repräsentation eines starken Frauenbildes gesetzt werden. "Genau deshalb habe ich mich erst dazu entschlossen teilzunehmen", macht Rúnarsson klar. Ihre eigene Maxime: mehr Selbstständigkeit. "Die neue Miss Germany ist für mich eine Frau, die Charakter hat und Mut zeigt, um ihre Ziele und Stärken weiterzugeben."
Rúnarsson unter den Top 3
Ihre Stärken kann sie an diesem Finalabend nur teilweise zeigen. Neben diversen Werbeeinblendungen werden Vorstellungsvideos der Kandidatinnen gezeigt, zwischendurch gibt es immer wieder Läufe der Frauen auf dem Catwalk.
Zwölf Kandidatinnen kommen in der ersten Runde weiter. Sie haben auf der Miss-Germany-Homepage die meisten Stimmen erhalten. In der zweiten Runde wird sofort auf sechs Frauen reduziert, diesmal eine reine Entscheidung der Jury, bestehend aus den Influencerinnen Sofia Tsakiridou, Ann-Katrin Schmitz und Anna Lewandowska sowie der Investorin und Ex-Miss-Germany Dagmar Wöhrl sowie Fernsehmoderatorin Frauke Ludowig.
Als Lara Rúnarsson dann unter den Top 3 landet, muss sie sich Fragen der Jury stellen. "Wofür bist du in deinem Leben dankbar?", fragt Sofia Tsakiridou. "Für meine Familie", antwortet Rúnarsson souverän. Denn ohne sie wäre sie heute nicht da, wo sie ist. "Wo siehst du dich in fünf Jahren?", lautet die Frage von Dagmar Wöhrl. "Ich hoffe in einem sehr glücklichen Leben und dass ich meine Ziele erreicht habe." Dann fügt sie noch einen kleinen Seitenhieb an ihren extra angereisten Freund an: "Wer weiß, vielleicht auch schon mit ersten Familiengedanken."
Rúnarsson freut sich für ihre Konkurrentin
Nachdem auch die anderen Kandidatinnen ihre Fragen souverän beantwortet haben, geht es an die finale Entscheidung. Als Miss Hamburg, Anastasia Masalis, auf Platz 3 gewählt wird, stehen nur noch Rúnarsson und Miss Schleswig Holstein, Leonie von Hase, auf der Bühne.
Händchen haltend und zitternd zeigen sich die zwei hübschen Frauen dem Publikum. Sehnsüchtig warten sie darauf, dass die Moderatoren ihren Namen als Letztes nennen.
Als jedoch nicht Rúnarssons Name durch den Saal gerufen wird, wirkt die Waldbüttelbrunnerin alles andere als enttäuscht. Sie umarmt ihre Konkurrentin, lacht und freut sich mit ihr.
Von Hase gewinnt ein Auto, landet auf der Titelseite eines Frauenmagazins, darf sich ein Jahr lang Miss Germany nennen und tritt damit in die Fußstapfen der Stuttgarter Polizistin Nadine Berneis, die nun ihre Krone abgeben muss.
Mit ihren 35 Jahren ist von Hase mit Abstand die Älteste der teilnehmenden Frauen. Mit Sätzen wie "Ich würde gerne einmal die Schriftstellerin Elizabeth Gilbert treffen. Sie führt ein sehr unangepasstes Leben, das respektiere ich sehr", ist sie wohl besonders im Gedächtnis der Zuschauer und der Jury geblieben. Und sagt damit etwas, was gefühlt zum ersten Mal an diesem Abend zum neuen Motto der Wahl passt.
Sie wirkt dabei nicht aufgesetzt. Es ist ein kurzer Moment, der die Oberflächlichkeit der Show verschwinden lässt.
Stolz auf den Titel der Vize Miss Germany
Nach dem Ereignis trifft man auf eine gelassene Lara Rúnarrson. Es wirkt, als falle nun eine Menge Ballast von ihr ab. Die Unterfränkin ist zwar nur Vize-Miss-Germany geworden, gewinnt jedoch auch eine Menge Erfahrung und "eine tolle Zeit", erzählt sie alles andere als enttäuscht. "Ich bin stolz auf mich und freue mich jetzt sehr, mit meiner Familie zu feiern."
Mit diesen Worten zieht sie los Richtung Aftershow-Party. Zurück zu den Influencern, den vielen Kameras und den Smartphones. Zurück zu den letzten Stunden Oberflächlichkeit an diesem Abend.